Gevelsberg. .

Unzähligen Menschen, darunter vielen Kindern, hat Helga Grams vor deren Tod die Hand gereicht, damit sie ihren letzten Gang nicht allein antreten mussten. Nun ist sie selbst von der Bühne des Lebens getreten, so wie sie ihr eigenes bestritten hat – aufrecht, lebensbejahend, humorvoll, dankbar für das, was sie auf Erden erleben durfte. Im Alter von 61 Jahren verlor Helga Grams am Donnerstag ihren langen Kampf gegen den Krebs. Die Gevelsberger trauern um eine ganz besondere Frau aus ihrer Mitte. Ihr Mitgefühl und tief empfundenes Beileid gelten der Familie – Ehemann Klaus, Sohn Alexander und Tochter Stefanie sowie deren Familien.

Andenken lebt in Gevelsberg weiter

Doch Helga Grams’ Wesen, ihre Seele – sie leben in Gevelsberg weiter. Ihrem Einsatz, ihrer Begeisterungsfähigkeit und am Ende auch ihrem Sturkopf ist es zu verdanken, dass das Hospiz Emmaus seit mehr als 21 Jahren Menschen beim Sterben begleitet, Angehörigen Kraft und Mut und seelische Unterstützung beim Trauern gibt.

Helga Grams war es, die im Jahr 1992 für Pastor Ulrich Bauers Idee, einen Hospizverein zu gründen, Feuer und Flamme war. Sie schrieb ein Konzept, besuchte Vorträge und andere Hospizvereine, um diese aus ihrer Sicht so wichtige Einrichtung auch in Gevelsberg zu installieren. Der Diözesan-Caritas-Verband, Altenheime, Pflegedienste und sogar die Mitglieder der eigenen katholischen Kirchengemeinde Liebfrauen rebellierten. „Die sollen sich lieber um die Lebenden als um die Toten kümmern“, war ein Satz, der Helga Grams im Gedächtnis geblieben ist. Widerstände und Menschen, die ihr Steine in den Weg legen wollten, stachelten sie jedoch immer nur noch mehr an. „Ich bin eine Kämpfernatur. Wenn ich an etwas glaube, ziehe ich das durch“, sagte sie über sich selbst.

So startete der Hospizverein am 2. November 1994 mit wenigen Ehrenamtlichen. Helga Grams bekam eine halbe ABM-Stelle. Der Tod anderer Menschen war von nun an ihr ständiger Begleiter durch ein Leben, das die gebürtige Kölnerin als Frohnatur immer bejahte, das sie liebte. Ein Kontrast, in den sie hin­einwuchs, der sie zu Beginn belastete. Gern erzählte sie von Max. Ein kleiner Junge mit Hirntumor, der Bilder vom Affenbrotbaum malte, die immer heller wurden, je näher er seinem eigenen Tode kam.

Das war der Impuls, der sie selbst zur Malerei brachte. Von da an hat Helga Grams zu jeder Begleitung zwei Bilder gemalt – eines währenddessen, eines zum Ende. Viele davon zieren die Wände des Ökumenischen Hospizes an der Hagener Straße 339. Ein Bau, der ihrem Engagement ebenso zu verdanken ist. Ein Bau, in dem sie sehr gern noch länger anderen Menschen geholfen hätte, dem Tod ins Auge zu blicken.

Zeit wurde das wichtigste Gut

Doch dies ließ ihr eigener Gesundheitszustand nicht mehr zu. Im vergangenen September verabschiedete sich die Hospiz-Leiterin mit einer bewegenden und trotzdem fröhlich-humorvollen Veranstaltung von ihren langjährigen Weggefährten. Sie wechselte die Seiten und wurde bald selbst von ihren ehemaligen Kolleginnen auf ihrem letzten Weg begleitet. „Vieles kann ich erst jetzt richtig verstehen“, sagte sie, wenn sie über ihre eigene Tod bringende Krankheit sprach, mit der sie sehr offen umging.

So lange es ihr möglich war, kostete sie das Leben, deren Ende sie deutlicher vor Augen hatte als Menschen ohne eine solche Diagnose, noch einmal aus. „Zeit ist mein wichtigstes Gut“, sagte sie während ihres Abschieds. Zeit, die sie intensiv nutzte – vor allem mit ihrer Familie. „Sie war mir stets die größte Stütze. Was mein Mann alles mitgemacht hat, dafür hat er einen Orden verdient.“ Rom, Leipzig – sie erfüllte sich lang gehegte Wünsche. Und: Sie wollte unbedingt noch den Geburtstag ihre Enkels miterleben. Das hat sie geschafft. Helga Grams war mit sich im Reinen. „Ich habe ganz bestimmt nicht alle Entscheidungen richtig getroffen, aber stets von Herzen“, sagte sie.

Ein ganz feiner Humor

Und ihr Herz für ihre Mitmenschen war groß; auch wenn sie sich genauso gern gestritten hat, wie sie aus vollem Leibe lachte. Wer sie sah, dem fiel zuerst ihr verschmitztes Lächeln auf, der schelmische Gesichtsausdruck. Helga Grams hatte einen feinen Humor, wusste Ironie bestens einzusetzen, die Menschen um sie herum mit ihrer Begeisterungsfähigkeit mitzureißen, und bei allem Spaß stets ihr Ziel fest im Auge zu behalten.

Ihre letzten Tage verbrachte sie im Lukas-Hospiz in Herne. „Seit Ostersamstag haben sich die Mitarbeiter dort sehr liebevoll um sie gekümmert. Ihr ging es dort den Umständen entsprechend gut. Dafür möchte ich mich auch im Namen der Familie bedanken“, sagt Pastor Ulrich Bauer, einer ihrer langjährigsten Weggefährten.

In ihrer Lukaskirche, Hagener Straße 137, wird am Freitag, 15. April, ab 11 Uhr der öffentliche Trauergottesdienst für Helga Grams stattfinden. Die Gevelsberger werden das Andenken an diese besondere Frau aus ihrer Mitte wahren. Sie hat Spuren hinterlassen.