Schwelm. .
Wer vom Osterlamm spricht, denkt vor allem an süßes Gebäck für die österliche Kaffeetafel in Form eines Lamms. Dabei ist ursprünglich tatsächlich ein Tier aus Fleisch und Blut damit gemeint. Noch heute wird Lammfleisch zu Ostern häufiger gekauft als im Rest des Jahres. Das berichtet Metzgermeister Hans-Jörg Böttger vom Fleischereifachgeschäft an der Kölner Straße. Und er pflegt ein ganz besonderes Verhältnis dazu. Das Fleisch aus seiner Theke stammt aus der eigenen Schafszucht.
Zucht vom Vater übernommen
Seit 1979 betreibt Hans-Jörg Böttger die Schafszucht, die er – wie die Metzgerei – von seinem Vater Hans übernahm. Von morgens bis abends steht er im Betrieb; zwischendurch und danach geht’s noch auf die Weiden oder in den Stall. 3,5 Hektar Land hat er für seine Zucht angemietet. Seine Schafe – inzwischen 50 an der Zahl – weiden an der Beyenburger Straße, wo er 2004 auch einen Stall hingebaut hat, und an der Delle.
Füttern, scheren, misten, und alles noch nebenher: Warum tut sich ein gestandener Geschäftsmann sowas überhaupt an? „Ich weiß es auch nicht“, schießt es aus Hans-Jörg Böttger heraus. Es sei schon viel Arbeit. „Manchmal geht es mir auf den Keks.“ Vergangenes Weihnachten habe er nach dem Job im Laden („die Bestellungen für die nächsten Tage machen“) nachts noch zwischen den Schafen gestanden. Und diesen Karfreitag wird es wieder nichts mit einem freien Tag. Dann muss er zum Scheren in den Stall.
Das Geld ist es auch nicht. „Ich werde damit nicht reich“, sagt Böttger. Die Zucht koste nicht gerade wenig, und der Lammfleisch-Verkauf mache nur einen eher kleinen Teil seines Geschäfts aus. Aber: „Spaß macht es trotzdem. Und wenn ich’s nicht mehr hätte, würde mir was fehlen“.
Also alles nur eine Beschäftigung aus Leidenschaft? Eine Passion nach Feierabend? Auch nicht so ganz. Für Hans-Jörg Böttger kommt das Eine zum Anderen, und das Andere ist sein beruflicher Anspruch. Er verkaufe nur Fleisch, dessen Herkunft er auch kenne. Schwein und Rind stammten seit Jahren und Jahrzehnten immer von ein- und denselben Bauern, sein Wild bekomme er direkt vom befreundeten Jäger und das Lamm stamme halt aus der eigenen Zucht. „Bei mir gibt es nicht Lammfleisch aus Neuseeland oder Irland. Das stammt alles aus Schwelm.“ Für Böttger ist das mehr als ein Spruch, es ist sein Credo, sein Glaubensbekenntnis.
30 bis 35 Schlachtlämmer pro Jahr
30 bis 35 Lämmer schlachtet Böttger im Jahr. Beziehungsweise, er lässt schlachten. Am Schlachthof in Unna. Der Metzgermeister aus der Altstadt hat sich auf die Zucht der fleischigen Rassen Ile de France und Zwartbles spezialisiert. Sie zeichnen sich durch einen hohen Ertrag aus. „Das Fleisch ist trotzdem mager“, sagt Böttger. Das führe dazu, dass es weniger nach Schaf schmecke, was die meisten Kunden so auch wollten.
Und was hat das Lamm jetzt nochmal mit Ostern zu tun? Im jüdischen Glauben wurde ursprünglich zum Passahfest ein Lamm zum Gedenken an Gott geopfert. In der christlichen Kirche entstand daraus – und in Bezug zum Tod Jesu – das Lamm Gottes.
Dass die meisten Menschen beim Osterlamm inzwischen jedoch eher an Gebackenes denn an Gebratenes denken, ist wiederum eine ganz andere Geschichte.