Schwelm. . Der Ärger um die Müllabfuhr in der unteren Stichstraße an der Steinhauser Bergstraße reißt nicht ab.
Das Ordnungsamt der Stadt Schwelm hat den Antrag der Anwohner abgelehnt, die mit einem zeitlich begrenzten Halteverbot im Wendehammer die Zufahrt des großen Müllfahrzeugs bis vor ihre Grundstücke weiterhin ermöglichen wollten. Die Begründung der Behörde, warum das nicht möglich sein soll, ist für die Anwohner nicht nachvollziehbar.
Wendehammer frei halten
Mit dem zeitlich begrenzten Halteverbot wollten die Anwohner erreichen, dass das 12 Meter lange Müllfahrzeug der Technischen Betriebe in dem 15 Meter breiten Wendehammer vor ihrer Haustür ungehindert wenden kann. Das wäre Voraussetzung dafür gewesen, dass das TBS-Fahrzeug überhaupt noch in die Straße einfährt, denn ohne zu wenden muss der Koloss rückwärts aus der engen Stichstraße heraus manövriert werden – was seit Jahrzehnten zwar genauso praktiziert wird, nach Vorgaben der Unfallkasse NRW aber seit langer Zeit untersagt, sprich: nicht versichert ist.
Viele Jahre haben die Technischen Betriebe Schwelm die Vorgabe der Kasse nicht konsequent umgesetzt. Ein tödlicher Unfall in Wuppertal und der darauf folgende Urteilsspruch des Gerichtes, der den Fahrer in die Verantwortung nahm, ließen den Technischen Betrieben jedoch keine Wahl mehr, wie TBS-Vorstand Markus Flocke erklärte. Auch aus Verantwortung gegenüber den eigenen Mitarbeitern wird daher seit Juli 2015 in Schwelm das Rückwärtsfahrverbot für Müllfahrzeuge strikt umgesetzt. Im Zuge dieser Umsetzung entschieden die TBS schließlich auch, die beiden Stichstraßen an der Steinhauser Bergstraße ab 1. Januar 2016 nicht mehr zu befahren – die obere Stichstraße, weil dort der Wendehammer zu klein ist, und die untere Stichstraße, weil es dort immer wieder vorkam, so TBS-Vorstand Markus Flocke, dass Autos den ausreichend großen Wendehammer zuparkten. „Wir haben ja geguckt, ob es funktioniert. Aber die Erfahrung hatte gezeigt, dass es oft nicht funktionierte“, so Flocke. Mit einem Schreiben informierten die Technischen Betriebe die Anwohner über die Änderungen und darüber, dass die Tonnen in Zukunft an der Ecke in Nähe der Einmündung in die Stichstraße entleert würden. Soweit der Stand im November. Die Anwohner waren damit vor die Wahl gestellt, ihre Tonnen entweder bei Wind und Wetter bis zu 80 Meter weit zur Sammelstelle zu schleppen oder dies gegen Entgelt von den TBS-Mitarbeitern erledigen zu lassen. Der so genannte Vollservice kostet jährlich 2,50 Euro pro Meter je Tonne (Restabfall und Bio). Bei einer Tonne und 80 Metern Weg wären das 200 Euro im Jahr.
Begründung stößt sauer auf
Siegfried Wohlgemuth und andere Anwohner der unteren Stichstraße wollten sich damit nicht abfinden. Nicht allein des Geldes wegen. Sie steckten ihre Köpfe zusammen und hatten die Idee: Mit einem zeitlich begrenzten Halteverbot vor zwei der eigenen Grundstücke (Hausnummer 35 und 37) wäre das Problem aus dem Weg geschafft. Das Müllfahrzeug könnte dann ungehindert im Wendehammer drehen, und sie bräuchten die schweren Tonnen nicht immer runter bis zur Straßenecke schleppen. Also stellten die Anwohner ihren gemeinsamen Antrag bei der Stadt Schwelm (wir berichteten).
Der Bescheid dazu kam Anfang Dezember. Christian Rüth, Leiter der Ordnungsbehörde, teilte darin schriftlich mit, dass man nach eingehender Prüfung mehrerer Fachämter zu dem Ergebnis gekommen sei, „dass ich Ihrer Anregung leider nicht folgen kann“.
Es ist die Begründung, die folgt, die den Anwohnern nun so sauer aufstößt. In dem Schreiben heißt es: „Gemäß der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung darf ein Halteverbot nur eingerichtet werden, wenn die Verkehrssicherheit, die Flüssigkeit des Verkehrs oder der öffentliche Personennahverkehr es erfordern. Durch diese restriktive Handhabung soll der ohnehin knappe öffentliche Parkraum geschützt werden. Im vorliegenden Fall soll aber durch die Einrichtung eines Halteverbotes die Einfahrt der städtischen Abfallentsorgungsbetriebe in eine Privatstraße ermöglicht werden. Belange der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs oder des öffentlichen Personennahverkehrs werden nicht berührt. Die Einrichtung eines Halteverbotes ist daher nicht zulässig.“
Kamerateam filmt für ZDF-Beitrag
Siegfried Wohlgemuth kann darüber nur den Kopf schütteln. Überall im Stadtgebiet seien temporäre Halteverbote für Müllabfuhr oder Straßenreinigung ausgeschildert, und in der kleinen Stichstraße am Schwelmer Siedlungsrand, wo nur wenige Autos von Anwohnern oder deren Besucher einfahren, soll das zu einer Parkraumknappheit führen? Wohlgemuth stößt sich auch an dem Begriff „Privatstraße“. „Was soll das? Gehört die Stichstraße irgendeinem Investor?“ Eine schlüssige Antwort darauf habe er nicht bekommen, sagt er.
Beruhigen kann den verärgerten Anwohner auch ein zwischenzeitlich mit den TBS ausgehandelter Kompromiss nicht, wonach die Anwohner ihre Tonnen und Gelben Säcke nicht mehr über die nächste Straßenecke hinaus schleppen müssen, sondern am Stromverteilerkasten im Einmündungsbereich abstellen können. Rund 20 Meter Weg bleibt ihnen so erspart, was allerdings mehr Arbeit für die TBS-Mitarbeiter und ein längeres Halten des Müllfahrzeuges an der engen, abschüssigen Steinhauser Bergstraße bedeutet. Siegfried Wohlgemuth findet es merkwürdig, dass es dort offenbar kein Problem darstellt, wenn das große Müllfahrzeug den Verkehr blockiert, während Lösungsvorschläge für die wenig befahrene Stichstraße vom Tisch gefegt werden.
Eine Nachfrage bei der Stadt war für unsere Redaktion noch nicht möglich. Schwelms Verwaltung hat zwischen den Tagen geschlossen. Anwohner Siegfried Wohlgemuth will sich aber mit dem Bescheid nicht zufrieden geben. Er ist verärgert über die Begründung der Stadt Schwelm.
Unterdessen hat am Dienstag ein Kamerateam Aufnahmen von der Müllabfuhr in den beiden Stichstraßen gemacht. Geplant ist ein Beitrag in der ZDF-Sendung Terra X, der das Rückwärtsfahrverbot von Müllfahrzeugen thematisiert. Der Sendetermin steht noch nicht fest.