Duisburg-Walsum. Duisburger klagen am Kometenplatz in Walsum über Drogendealer und Jugendbanden. Stadt und Polizei wollen dort nun mehrere Kameras aufstellen.
Die Situation auf und um den Kometenplatz in Walsum wird seit Jahren immer schlimmer. Schon lange klagen Hauseigentümer, Anwohner und Geschäftsleute über randalierende Kinder und aggressive Jugendliche, über Drogendeals, Vandalismus, Müll und Lärm. Ihre Erlebnisse haben am Mittwochabend bei einer Bürgerversammlung rund 130 Betroffene der Polizei Duisburg und dem Ordnungsamt geschildert.
In der teils hitzigen, emotionalen Diskussion mit dem Polizeipräsidenten Alexander Dierselhuis und dem Ordnungsdezernenten Michael Rüscher entlud sich lang aufgestauter Frust. Dabei waren die beiden Referenten mit einigen Lösungsvorschlägen ins Haus Garden gekommen, die sogar am Pollmannkreuz in Marxloh und nach der Schießerei am Hamborner Altmarkt geholfen haben.
Duisburg: Kinder und Jugendliche greifen Mitarbeiter des Ordnungsamts mit Steinen an
„Das subjektive Sicherheitsempfinden ist oft anders als das statistische“, schickt Michael Rüscher zwar vorweg. Doch Sondereinsätze und verstärkte Patrouillen des Ordnungsamts hätten „tatsächlich viele Verstöße“ ermittelt. Mitarbeiter des städtischen Außendienstes (SAD) seien sogar von Kindern und Jugendlichen mit Steinen angegriffen worden.
Dies deckt sich mit den Erfahrungen zahlreicher Anwohner, die sich in ihrer Nachbarschaft nicht mehr sicher fühlen, weil sich die Jugendlichen oft „regelrechte Steinschlachten“ auf dem Kometenplatz lieferten, Scheiben und Schaufenster einschmissen und auch Menschen auf Sitzbänken oder Balkonen ins Visier nehmen würden. Von Pöbeleien, nächtlichem Fußballspielen, Lärm, aber auch von Drogendeals, Gewalt und bewaffneten Überfällen berichten Walsumer. Verursacher hätten meist einen Migrationshintergrund und würden insbesondere Frauen nicht respektieren.
Anwohner verlassen ihre Häuser mit Pfefferspray und Schlagstock
„Die Leute haben nur noch Angst“, fasst Dirk Rosinski zusammen, der bei der Bürgerversammlung für etliche Hauseigentümer, aber auch für Marktbeschicker spricht. Gerade Frauen, so schildern es Betroffene, gehen „nicht mehr ohne Pfefferspray“ vor die Haustür, andere nehmen Schlagstöcke mit oder trauen sich abends nicht mehr nach draußen.
Videokameras am Pollmannkreuz- Was nutzen sie der Polizei?Mit ihren beiden Kindern geht auch Şehrinigar Atli, die am Kometenplatz wohnt, nicht mehr in der Nachbarschaft spazieren, sondern fährt mit ihnen zu friedlicheren Orten. Das ist sie leid. Sie möchte, dass Polizei oder Stadt endlich etwas tun, damit ihre Kinder nicht miterleben müssen, dass sich 20 bis 30 Jugendliche zu Banden zusammenrotten, „sich kloppen und mit Steinen beschmeißen“.
Die Situation am Kometenplatz und in der Umgebung in den Griff zu bekommen, das wollen auch Michael Rüscher und Alexander Dierselhuis. Dafür werden ihre beiden Behörden ab August wieder gemeinsam auf Streife gehen, wie es vor der Corona-Pandemie üblich war. Bis dahin werden die beiden Behörden weiter verstärkt am Kometenplatz patrouillieren.
Außerdem soll der städtische Außendienst aufgestockt und demnächst umstrukturiert werden. Nach dem Vorbild von Bezirkspolizisten soll auch das Ordnungsamt feste Ansprechpartner in Aldenrade und in anderen Stadtteilen bekommen.
Polizei Duisburg will mobile Kameras in Walsum einsetzen
Ein deutlich schärferes Schwert will dagegen der Polizeipräsident einsetzen: Polizeikameras. Die gesetzlichen Grundlagen sieht Dierselhuis erfüllt, um dort Videobeobachtung einzuführen. Eine permanente Anlage wie am Pollmannkreuz lehnt er allerdings ab, weil der Kometenplatz zwar „massiv überbelastet ist mit Straftaten“, aber nicht mit Marxloh zu vergleichen. Er möchte eine mobile Kamera, wie sie vergangenes Jahr nach der Massenschlägerei mit Schießerei am Altmarkt erfolgreich eingesetzt wurde.
Damals kam ein Prototyp aus Bonn in den Duisburger Norden. Für den Kometenplatz sei dies nicht möglich. Vielmehr soll eine der zehn vom Land NRW bestellten mobilen Kamera-Anlagen genutzt werden. Diese ist aber noch nicht geliefert und abgenommen.
Geschäftsleute und Hauseigentümer erwägen einen privaten Sicherheitsdienst
Auf unkonkrete Zukunftspläne möchte sich Immobilienbesitzer Daniel Kallipke-Kox nicht verlassen. Ihm gehört das Geschäftshaus, in dem sich auch der König-Pavillon befindet. Er befürchtet, dass sich die Lage in Aldenrade weiter verschlimmert. Um zu verhindern, dass der Kometenplatz „ein Riesenbrennpunkt“ wird, bringt er die Idee eines privaten Sicherheitsdienstes ins Spiel, finanziert von den örtlichen Kaufleuten und Hausbesitzern.
Zumal der Polizeipräsident offen über die Personalsituation der Polizei Duisburg spricht. Von den 1850 Polizistinnen und Polizisten gibt es demnach für den Streifendienst in den Stadtteilen nur rund 100 bis 150 Beamte pro Schicht in ganz Duisburg. Da sei es unrealistisch, auf Dauer überdurchschnittlich viele Polizeibeamte am Kometenplatz einzusetzen.
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Doch nicht alle Walsumer im Saal sehen in Polizei, Ordnungsamt und Justiz den richtigen Ansatz, um die Probleme zu lösen, insbesondere, wenn es um strafunmündige Kinder geht. So wird auch der Ruf nach Sozialarbeitern, Streetworkern und nach vernünftiger Integration laut. Denn Alexander Dierselhuis stellt klar: „Bei Kindern unter 14 Jahren hat die Polizei keinerlei Befugnisse.“ Sie spreche aber Platzverweise aus und informiere das Jugendamt.
„Ich will nicht die Welt retten. Ich will hier Ruhe“, fasst eine Teilnehmerin die Mehrheitsmeinung auf der Bürgerversammlung zusammen. Viele wollen jetzt Taten sehen statt Integrationsdebatten.
So ist dann auch das Fazit des Abends zwiegespalten. Dass Polizei und Stadt sich die Schilderungen der Betroffenen angehört haben, sie in wichtigen Punkten teilen und die Probleme angehen wollen, bewerten viele positiv. Nur fehlt ihnen die Zuversicht, dass sich die Probleme tatsächlich lösen lassen.
>> Schnellere Bestrafung und Prävention
● Nicht nur am Kometenplatz sind Kinder und Jugendliche auffällig. Deshalb planen Stadt und Polizei ein sogenanntes „Haus des Jugendrechts“, wo unter anderem Polizei, Jugendgerichtshilfe und Staatsanwaltschaft eng zusammenarbeiten. Dabei geht es um „kurze Wege, schnelle Bestrafung und um Prävention“. Derzeit fehlt noch eine geeignete Immobilie.
● Gastgeber der Bürgerversammlung waren die örtliche CDU und die Leistungsgemeinschaft Walsum, also die Kaufleute. Im Sommer 2024 ist ein weiteres Treffen geplant, bei dem der Erfolg geplanter Maßnahmen besprochen wird.