Düsseldorf. Nahost-Konflikt, Ukraine-Krieg – Weshalb Düsseldorf Karnevalisten trotzdem ab dem 11. November feiern wollen
Nahost-Konflikt, Ukraine-Krieg, Menschen, die auf den Straßen Hassparolen verbreiten – Im Minutentakt transportieren die Medien Wut, Zerstörung und Leid aus den Krisengebieten dieser Welt. Da ist es schwierig, einigermaßen bei Laune zu bleiben. Andere sagen, gerade jetzt sollte man umso mehr Freude und Optimismus an den Tag legen. Am 11. November beginnt mit dem Hoppeditz-Erwachen am Rathaus die Karnevalssaison in Düsseldorf, dann werden auf den Straßen und in den Veranstaltungssälen dieser Stadt die Närrinnen und Narren unterwegs sein. Können sie das vor dem Hintergrund der aktuellen Lage mit gutem Gewissen tun?
Der Karneval mache immer nur ein Angebot
„Jeder muss wissen, wie er mit Dingen umgeht, die er ohnehin nicht beeinflussen kann“, sagt Hans-Peter Suchand, Sprecher des Comitee Düsseldorfer Carneval (CC). Er persönlich findet, „dass man keine Solidarität zeigt, in dem man nicht feiert“. Das Feiern sei aber immer eine persönliche Entscheidung. Der Karneval, so Suchand, könne da immer nur ein Angebot machen. „Humor lenkt ab, kann für ein paar Stunden Frohsinn verbreiten.“ Man könne zum lauten Partykarneval an Rosenmontag gehen, man könne aber auch an der etwas bodenständigeren Flüstersitzung beim Allgemeinen Verein der Karnevalsfreunde teilnehmen. „Wir hoffen eben, dass die Menschen unsere Angebote annehmen.“
Auch Norman Sandrock stellt die Bedeutung des Karnevals heraus: „Er steht für die Vielfalt, dafür, dass Menschen aller Ethnien und aus allen Gesellschaftsschichten zusammen feiern und glücklich sind“, sagt der Vorsitzende der KG Regenbogen, die dieses Jahr das ultrabunte Sessionsmotto „Bollywood made in Düsseldorf“ ausgegeben hat. „Es wäre das falsche Zeichen, wenn wir Veranstaltungen absagen würden, die für Lebensfreude stehen. Dann hätten uns die Despoten dieser Welt ja in der Hand“, so Sandrock. „Ja, es ist bedrückend, was gerade in der Welt passiert. Man hat den Eindruck, alles steht Kopf. Aber wem würde es helfen, wenn wir jetzt den Kopf einziehen würden?“
Tilly: „Karneval ist keine Schönwetterveranstaltung“
Burkard Brings, Präsident der Weissfräcke, hat das Thema sogar in seinem Grußwort für das Sessionsheftaufgegriffen: „Nach wie vor tobt der Krieg in der Ukraine, und die Geschehnisse im Nahen Osten lassen uns nicht unbeschwert an die vor uns liegende Session denken“, heißt es einleitend im Programmheft der Karnevalsgesellschaft, die mit ihren Schiffstouren auf dem Rhein am 13. und 14. Januar und der großen Prunksitzung am 20. Januar in den Rheinterrassen ihre jecken Höhepunkte vor sich haben. „Dennoch“, so Brings zur NRZ, „wollen wir uns den Terroristen und den Despoten nicht beugen und unser Brauchtum feiern“.
Jacques Tilly baut seit 40 Jahren Wagen für den Düsseldorfer Karneval. Seine bissige Satire ist geachtet wie gefürchtet. „Seit ich Wagen baue, kracht es und pufft es immer in irgendeiner Ecke dieser Welt“, sagt der Künstler. „Wenn es nach spaßfernen Moralaposteln ginge, hätte wir in den letzten Jahrzehnten daher nicht ein einziges Mal gefeiert.“ Karneval sei eben keine Schönwetterveranstaltung, betont Tilly. „Gerade in schweren Zeiten ist politische Satire bitter nötig.“
Irgendwann die Frage nach der Öffentlichkeit stellen
Lothar Hörning sieht das nicht anders. „Man hat das alles natürlich im Hinterkopf“, sagt der Präsident der Prinzengarde Blau-Weiss. „Aber es geht nicht immer nur um Krieg, es sind ja auch die Probleme im privaten Bereich, die Menschen belasten. In all diesen Fälle bieten wir ein paar Stunden Abwechslung an, mehr nicht, denn die Probleme sind ja immer noch da, wenn die Veranstaltungen vorüber sind.“ Hörning findet, den Karneval sollte man in dieser Form beibehalten. „Aber natürlich kommen die Krisen auch näher an uns heran, sei es der Ukraine-Krieg auf europäischem Boden oder der Nahost-Konflikt, der uns ja in der Verbundenheit mit Israel ebenso tangiert.“ Sein Resümee: „Je kritischer es wird, desto mehr sollte man die Frage der Öffentlichkeit von Veranstaltungen stellen.