Düsseldorf. Düsseldorfs Ordnungsdezernentin ist seit August im Amt. Im Interview spricht sie über Sicherheit, übers Gendern und sogar Schalke 04 – mit Video.
Britta Zur hat ein feines Näschen – Als wir am Burgplatz ein Foto vor ihrem Dezernat machen wollen, hält sie kurz inne, streckt den Kopf nach oben und sagt: „Hier hat jemand gekifft!“ Es ist 13 Uhr am Freitagnachmittag, da macht wohl jemand vorzeitig Wochenende. Passiert in der Altstadt häufiger. Die Partymeile der Landeshauptstadt ist, wenn man so will, derjenige Bereich, bei dem die 43-Jährige am meisten im Fokus steht. Seit dem 1. August dieses Jahres ist Zur Ordnungsdezernentin in Düsseldorf.
Frau Zur, die Themen Recht und Ordnung ziehen sich durch ihr bisheriges Leben. Sind Sie als Düsseldorfer Ordnungsdezernentin inzwischen angekommen? Oder wollen Sie doch noch Polizeipräsidentin in Düsseldorf werden?
Es hat sicherlich seine Zeit gedauert, aber mittlerweile bin ich angekommen, ja. Und die Frage mit der Polizeipräsidentin stellt sich mir gar nicht, stand aus unterschiedlichen Gründen auch nie zur Debatte. Aber ich freue mich, dass jetzt aus dem Innenministerium weißer Rauch aufgestiegen ist und wir in Düsseldorf bald eine neue Polizeipräsidentin haben.
Ja, Miriam Brauns aus Köln soll neue PP werden und damit eine lange Zeit ohne Führung in Düsseldorf beenden. Fast ein Jahr ist unsere Stadt nun ohne Polizeipräsidenten. Eigentlich ein untragbarer Zustand, oder?
Ich war selbst Polizeipräsidentin. Daher weiß ich, wie wichtig diese Personalie für eine Behörde, aber auch für eine gesamte Stadtgesellschaft ist. Unsere stellvertretende Polizeipräsidentin, Silke Wehmhörner, die die Behörde zuletzt kommissarisch leitete, hat einen hervorragenden Job gemacht – keine Frage. Aber trotzdem fehlte dem Präsidium der Kopf, das Herz. Eine Polizeipräsidentin oder ein Polizeipräsident muss die Richtung vorgeben, nach innen und nach außen, das konnte sie als Vertretung auf Zeit gar nicht leisten.
Sie sind seit August Ordnungsdezernentin. Wo bestand für Sie zu Beginn Ihrer Tätigkeit der meiste Handlungsbedarf?
So habe ich gar nicht angesetzt. Ich wollte mir erst einmal einen Überblick verschaffen und vor allem erst einmal alle Leute im Ordnungsamt kennen lernen. Ich muss mir ja erst ein Bild davon machen, wen und was ich führe. Jeder nimmt das Ordnungsamt einzig als die uniformierten Kräfte wahr, die teilweise mit der Polizei, teilweise alleine auf Streife sind oder Verkehrsüberwachungen durchführen. Aber das Ordnungsamt ist natürlich viel mehr. Wir reden über zahlreiche andere Bereiche – vom Bestattungswesen über Genehmigungen für Hundehalter, über sämtliche Sondernutzungen in der Gastronomie. Es ist ein vielfältiges Aufgabengebiet. Ich habe die restlichen Monate des Jahres 2023 genutzt, um Dinge zu ordnen, zu priorisieren. Spätestens ab 2024 will ich dann meine eigenen Akzente setzen.
Stichwort SIDI. Das Sicherheitskonzept für die Altstadt soll bereits erste Erfolge verzeichnen. Andererseits hat – laut einer Studie des Bundeskriminalamtes -- die Hälfte der Bevölkerung ein subjektives Angstgefühl im öffentlichen Raum. Das ist doch unerträglich, finden Sie nicht auch?
Man darf das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger auf keinen Fall unterschätzen. Wir können mit so viel Zahlenwerk und Statistiken ankommen, wie wir wollen – wenn die Leute sagen, sie fühlen sich unwohl, dann ändern wir das erst einmal nicht mit einer guten Entwicklung der Kriminalitätszahlen. Deswegen brauchen wir viele Mitspieler, die daran arbeiten, dass sich die Leute sicherer fühlen. Polizei, Ordnungsamt, aber auch Streetwork – und die Awista. Es fängt ja an mit der Sauberkeit in der Stadt. Das ist die Vorstufe. Wenn die Straßen gefühlt schmutzig sind, fühlt man sich sofort unwohl.
Wie sieht es denn in Düsseldorf Ihrer Meinung nach mit der Sauberkeit aus?
Im Vergleich ist Düsseldorf sicherlich sehr sauber, aber auch hier gibt’s – wie in Sachen Sicherheit – Luft nach oben. Aber es ist halt auch nur ein Beispiel, es gibt ja viele Komponenten. Gerade mit dem Projekt SIDI haben wir in Sachen Sicherheitsgefühl schon viel bewirkt, um die Innenstadt angstfreier zu gestalten. Ein besonders wichtiger Punkt ist die Beleuchtung. Wir sind jetzt in der Lage, gemeinsam mit der Polizei, das Licht in ganz vielen Bereichen der Innenstadt zu steuern. Wir können Orte heller machen. Dazu haben wir nahezu flächendeckend Videoüberwachung und nirgendwo sonst verfügen wir über so viele uniformierte Kräfte als in der Altstadt. Das sind alles Dinge, die nach und nach dazu führen werden, dass sich die Menschen wieder sicherer fühlen.
Aber nur OSD und nur Überwachung ist des Guten zu viel, oder?
Ja, es gibt Leute, die sich aus irgendwelchen Gründen von zu viel Polizei bedroht fühlen, wobei ich das persönlich, wahrscheinlich auch aufgrund meiner beruflichen Erfahrungen, nicht nachvollziehen kann. Aber ich sagte ja, es gibt viele Komponenten. Sicher entscheidend ist die Beleuchtung. Licht sorgt für ein sicheres Gefühl.
Hier geht es zum Video:
Wie ist das mit Ihrem persönlichen Sicherheitsgefühl? Haben Sie Waffen zuhause?
(lacht) Nein.
Sie sind ja offenbar gut in Selbstverteidigung. In Ihrer Zeit in Gelsenkirchen haben Sie sich neben einem Boxsack fotografieren lassen.
Ja, ich habe früher geboxt, ziemlich regelmäßig bei der Polizei oder im Fitnessstudio, und der Boxsack hing in meinem Büro in Gelsenkirchen.
Weg von der Ordnungspolitik, hinein in die Gesellschaft. Was halten Sie eigentlich vom Gendern?
Ich versuche auch zu gendern, manchmal vergesse ich es auch schlichtweg. Ich finde aber, dass alles seine Grenzen hat. Ich habe Jura studiert und bin eine große Freundin der deutschen Sprache, daher habe ich mit manchen Wortschöpfungen so meine Probleme. Ich war vergangenes Jahr auf einer Veranstaltungen, die wurde eingeleitet mit „Liebe Menschinnen und Menschen“. Da habe ich mich dann vom Kopf her verabschiedet. Gendern kann im täglichen Wortgebrauch anstrengend sein. Aber wenn die Verhältnismäßigkeit stimmt, werden wir uns alle dran gewöhnen.
Wenn Sie Präsidentin eines Fußballclubs sein dürften, welchen Verein würden Sie wählen?
Gemeine Frage. Geht auch eine Doppel- oder Dreifachpräsidentschaft?
Joah.
Okay, wirklich schwer zu beantworten. Denn die meisten, die mich schon lange kennen, die wissen, dass ich über viele Jahre hinweg beim 1. FC Köln war. Ich bin in Köln geboren, mein Vater ist Kölner, mit ihm ging ich fast zu jedem Heimspiel. Ich muss aber auch sagen, dass ich seit meiner Zeit als Polizeipräsidentin in Gelsenkirchen dem FC Schalke 04 einen besonderen Platz in meinen Herzen eingeräumt habe. Und das liegt an der ganz besonderen Bindung, die der Club zur Stadt und zum gesamten Ruhrgebiet hat. Ich habe noch nie erlebt, dass eine Stadt nur dann wirklich atmet, wenn der Verein spielt und gewinnt. In meiner Behörde war montags die Stimmung komplett im Eimer, wenn Schalke am Wochenende verloren hatte.
Kriegen wir jetzt noch die Kurve zur Fortuna?
Ich gehe chronologisch vor. Also: Düsseldorf ist seit vielen Jahren meine Heimat. Ich war immer gerne bei der Fortuna, meine Kinder waren hier auch schon Einlaufkinder. Auch diesen Club habe ich längst in mein Herz geschlossen.
Sie sind ein Kind der 80er Jahre. Mögen Sie eigentlich Ihren Vornamen, Britta?
Schöne Frage: Ich habe mich mit ihm abgefunden, weil auch nicht viele Menschen so heißen. Aber mein Name und ich haben eine lange Leidensgeschichte. Ich habe in der Schule häufig Liebesbriefe bekommen, die an „Bretter“ adressiert waren. Da habe ich zu meiner Mutter gesagt: Mama, ich will nicht mehr Britta heißen.
Am Ende Lust auf ein Entweder-Oder-Fragespielchen?
Gerne.
Wohnen in der Stadt oder auf dem Land?
Stadt.
Polizeiauto oder Lastenrad?
(lacht) Was ist das denn für eine fiese rhetorische Frage. Na ja, natürlich Polizeiauto.
Ketchup oder Mayo?
Ketchup.
Opernhaus oder Freie Szene?
Sowohl als auch.
OSD oder OMD (Band aus den 80ern, die Red.)?
(lacht jetzt laut) OSD natürlich.
Geld oder Liebe?
Liebe.
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