Dortmund. Die Ur-Ur-Enkel eines Dortmunder Brauereibesitzers führen die Tradition fort: Vor fünf Jahren gründeten sie die „Kaiser-Brauerei“ neu.

Eigentlich wollten Folker und Ingo Hertelt nur 200 Liter Bier zum Feiern brauen – aber daraus wurde eine GmbH: Die Brüder aus dem Dortmunder Süden ließen 2019 ihre Familientradition wieder aufleben und brachten das längst vergessene Kaiserbier zurück auf den Markt. Jetzt feiert die „neue alte“ Kaiser-Brauerei ihren 5. Geburtstag.

„Wir wollten Dortmunder Export zurück ins Gedächtnis bringen und die Familiengeschichte erhalten“, erklärt Ingo Hertelt. „Die Zeit passt gut, weil die Dortmunder Biertradition gerade wiederentdeckt wird.“ Dabei wussten der 54-Jährige und sein Bruder Folker (53) anfangs gar nicht, dass sie direkte Nachfahren von Brauerei-Besitzer Carl Thomas sind. „Im Wohnzimmer unserer Mutter standen zwar immer zwei Kaiserbier-Krüge“, erinnert sich Folker Hertelt. „Aber was es damit auf sich hatte wussten wir nicht – wir haben ja auch einen anderen Nachnamen.“

Wertvollster Dachboden-Fund: Originalrezept für „Kaiserbier Export“

Als die Brüder anfingen, das Elternhaus fürs Renovieren auszuräumen, tauchten immer mehr Erinnerungsstücke an die Glanzzeit der Brauerei auf – dutzende Fotos, Postkarten, Drucksachen, Devotionalien. „Und wir finden immer mehr“, sagt Folker Hertelt stolz. „Bis ich mit diesem Dachboden fertig bin, das dauert...“ Das sicher beste Fundstück: Auf dem Speicher tauchte sogar das Originalrezept für Kaisebier Export auf!

Alte Krüge, neue Flaschen:  „Im Wohnzimmer unserer Mutter standen immer zwei Kaiserbier-Krüge.“
Alte Krüge, neue Flaschen: „Im Wohnzimmer unserer Mutter standen immer zwei Kaiserbier-Krüge.“ © FUNKE Foto Services | Katrin Figge

Auf alten Bildern erkannten sie Verwandte, unter anderem ihre Mutter. Auch die Verbindung zu Brauerei-Chef Carl Thomas wurde immer klarer: Er war der Ur-Ur-Opa der Hertelt-Brüder und hatte die Kaiserbrauerei (gegründet 1843 von seinem Vater) in Renninghausen groß gemacht. Erst nach Übernahme durch Ritter wurde der Kaiserbrauerei-Komplex am Rombergpark (Ecke Ardeystraße/Stockumer Straße) 1932 abgerissen.

Die Marke wurde eingestellt – Kaiserbier geriet in Vergessenheit. Bis 2019 der Hombrucher Geschichtsverein das Projekt „Brauerei-Neugründung“ ins Rollen brachte: Der Verein wollte eine Erinnerungstafel am Grab von Brauerei-Besitzer Carl Thomas auf dem alten Bauernfriedhof in Renninghausen aufstellen. „Wir haben das mitbekommen und den Kontakt gesucht“, sagt Folker Hertelt und fügt lachend hinzu: „Dass wir die Ur-Ur-Enkel sind, hat man uns anfangs gar nicht geglaubt!“

Geburtsstunde der neuen Kaiser-Brauerei: Nur 200 Liter Feier-Bier?

Schnell kam den Brüdern eine fixe Idee: „Für die Einweihung der Erinnerungstafel wollten wir 200 Liter Kaiserbier brauen. Man braucht ja was zum Anstoßen“, erinnert sich Folker Hertelt. Aber 200 Liter Feierbier wären logistisch unmöglich gewesen. „Wir hätten mindestens 1500 Liter abnehmen müssen. Wer hätte das trinken sollen?“

Aber die Brüder bekamen ihre Kaiserbier-Idee nicht mehr aus dem Kopf. „Wir dachten uns: Wir könnten das in Erinnerung an die alte Brauerei auch viel größer machen!“, meint Folker Hertelt. Sie gründeten eine GmbH, ließen bei Potts in Oelde eine Charge Kaiserbier brauen und schenkten den Sud bei der Einweihung der Infotafel aus. „Das Bier kam total gut an. Das schmeckte einfach!“, schwärmt Ingo Hertelt. Auch der damalige Pächter des Haus Rodenberg war dabei. Er wollte Kaiserbier sofort auf die Karte nehmen.

Kaiserbier Export in Dortmunder Getränke- und Supermärkten

Auch Dortmunder Supermärkte und Getränkemärkte nahmen Kaiserbier ins Sortiment auf. „Und die fragten immer: Welche Sorten habt ihr noch?“, meint Folker Hertelt. Früher habe es fünf Kaiserbiere gegeben: Export, Bock, Pils, Süßbier und Malzbier. Jetzt sind es neben Export (natürlich nach Originalrezept) noch Leichtbier und Bock. „Und die kommen gut an.“

Kaiserbier gibt‘s im „Nansen“ am Stadthafen, aber auch in Dortmunder Supermärkten und Hofläden.
Kaiserbier gibt‘s im „Nansen“ am Stadthafen, aber auch in Dortmunder Supermärkten und Hofläden. © FUNKE Foto Services | Katrin Figge

Folker und Ingo Hertelt machen also weiter – trotz ihrer Vollzeitjobs als IT-Unternehmensberater und Betriebswirt. Sie organisieren die Logistik zwischen Potts und den Verkaufsstellen, fahren Onlinebestellungen innerhalb der Stadt aus und werben in der Gastronomie für ihre Biere. Auch beim Festival der Dortmunder Bierkultur (Friedensplatz/29. Mai bis 1. Juni 2024) sind die Brüder am Start – und sind natürlich Teil der Bier-Initiative Prost Dortmund.

„Unser Antrieb ist nicht nur unsere Familiengeschichte“, meint Folker Hertelt. „Wir finden auch das Unternehmerische spannend: Wir würden uns freuen, wenn ganz Dortmund unser Kaiserbier kennt!“