Dortmund. Noch einmal geöffnet – und für immer versiegelt: Archäologen der Stadt Dortmund haben einen vergessenen Tiefbunker erkundet, der mal Kneipe war.

Gerüchte um eine Kneipe in einem ehemaligen Bunker im Kreuzviertel habe es viele gegeben, meint die Stadt Dortmund. Von der "Grotte" hätten viele Zeitzeuginnen erzählt. Jetzt ist ein Team der Stadt zum ersten Mal nach unten gestiegen – inklusive Videokamera.

Bunker in Dortmund – Ältere Texte aus unserem Archiv:

Die ersten, die den Lost Place unter Dortmund besucht haben, ist das Stadt-Team allerdings nicht: Radio 91.2 berichtete schon im Januar über einen jungen Mann, der sich in Dortmunds Bunker-System bestens auskennt. Höchstens 25 Menschen wüssten überhaupt noch, dass der Kneipenbunker existiere, meint er im Interview. Er war auch in der Grotte, klar. Legal? Nein. Und andere vor ihm waren auch schon dort.

Lost Place im Kreuzviertel: Video aus dem Bunker

Aber wie sieht die alte Unter-Tage-Gaststätte heute aus, die von 1948 bis 1971 dort betrieben wurde? Was ist davon noch erhalten? Stadtarchäologe Ingmar Luther ist mit seinem Team abgetaucht und hat einen einmaligen Einblick in die Vergangenheit des Bauwerks erhalten, erklärt die Stadt. Zwei Tage lang sei alles gesichtet, kartiert und archiviert worden. Dabei entstand auch dieses Video:

"Wer mit aufmerksamem Blick durch die Stadt geht, der sieht sie noch: Die Hinweise auf unterirdische Schutzräume aus dem Zweiten Weltkrieg", so Luther. Aber wo genau der Eingang zu diesem einen Bunker ist verrät er nicht. Es würde auch nichts bringen: Der Zugang wurde jetzt mit tonnenschwerem Beton verfüllt.

Früher führten Treppen in den Kneipenbunker hinab – Das Team der Dortmunder Denkmalbehörde mussten eine massive Betonplatte mitten im Gras eines Vorgartens zur Seite hieven, um nach unten zu kommen.

Fundstücke aus dem Gastro-Bunker im Dortmunder Kreuzviertel
Fundstücke aus dem Gastro-Bunker im Dortmunder Kreuzviertel © Stadt Dortmund

Eisdiele und Bar bis 1971 – Sogar der Ofen steht noch

Den verwinkelten Räumen ist deutlich anzusehen, dass hier schon lange niemand mehr gegessen hat. Es ist feucht, die Möbel sind rostig und morsch, Wurzeln hängen von der Decke. Aus den Bunkerräumen für insgesamt 390 Menschen wurden nach dem Krieg Speiseraum und Küche plus kleine Nebenräume. 1971 war dann Schluss mit der "Grotte".

Im Video sieht man deutlich: Viele Menschen sind hier in den letzten Jahren nicht gewesen. Von "modernem Vandalismus" keine Spur. Sollten hier tatsächlich schon Lost-Place-Fans gewesen sein, dann gingen sie respektvoll mit dem historischen Ort um. Stadtarchäologe Luther findet überall Zeugnisse der alten Nutzung: Flaschen von selbstgebranntem Rum, Ritter First und Hohes C. Eine alte Coca-Cola-Speisekarte mit Eisbechern und Kaffee-Angebot. Gasherd, Theke, Eismaschine.

Stadtarchäologe Ingmar Luther steigt in den Kneipenbunker im Dortmunder Kreuzviertel. Früher gab es hier zwei Treppen.
Stadtarchäologe Ingmar Luther steigt in den Kneipenbunker im Dortmunder Kreuzviertel. Früher gab es hier zwei Treppen. © Screenshot/Stadt Dortmund

Kneipe in Dortmunder Bunker: Fake-Fenster bringen Gemütlichkeit

Es gibt sogar Fenster – allerdings nur fake. "Das schafft eine richtig heimelige Atmosphäre. Ich finde das grandios. Mir fehlen gerade die Worte..." Historiker Luther ist begeistert. Er hat alles fotografiert, gelistet, gesammelt und gesichtet, was die Räume hergaben. Denn es gibt auch für ihn kein Zurück: Sind die beiden Zugangsschächte einmal verfüllt, kommt auch er nicht mehr rein.

Dortmunder Bunker-Kneipe: Oben war kein Ladenlokal frei

Wie es überhaupt zur Untertage-Gastronomie kam? Die Stadt erklärt: 1948 kam mit der Währungsreform eine massive Wiederbelebung der Wirtschaft. Viele Läden, Restaurants und Betriebe entstanden zu dieser Zeit neu oder wurden wiedereröffnet. Aber wohin mit einer Eisdiele, wenn jeder verbliebene Quadratmeter als Wohnraum gebraucht wurde? Ein normales Ladenlokal schien es dafür im Kreuzviertel nicht gegeben zu haben. So sei wohl die Idee entstanden, Eis, Kaffee und Bier unter der Erde zu verkaufen.

In einem zweiten Teil des Tiefbunkers war laut den Unterlagen der Stadt übrigens ein ganz anderer Betrieb untergebracht: Hier sei ein kleines Warenlager mit Verkaufsraum für Kurzwaren gewesen, heißt es. Hiervon gibt's allerdings keine Spuren mehr.

Fenster im Bunker? Die sind nur Deko – um es weniger bedrückend zu gestalten.
Fenster im Bunker? Die sind nur Deko – um es weniger bedrückend zu gestalten. © Stadt Dortmund/Roland Gorecki
Ofen, Spüle, Eismaschine – das alles ist im alten Dortmunder Bunker noch zu sehen. Jetzt ist der Zugang allerdings verfüllt.
Ofen, Spüle, Eismaschine – das alles ist im alten Dortmunder Bunker noch zu sehen. Jetzt ist der Zugang allerdings verfüllt. © Stadt Dortmund/Roland Gorecki