Bochum. Unzählige Studierende sind an der Ruhr-Uni Bochum über wackeligen Waschbeton gegangen. Jetzt macht eine Platte Landesgeschichte. So kam’s dazu.
Jeder dritte, vierte Schritt ein dumpfes „Ba-Dong“: Wer schon mal an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) war, der dürfte Bekanntschaft gemacht haben mit den charakteristischen Waschbetonplatten, die den Campus pflastern. „Wackelplatten“ werden sie gemeinhin genannt, der Grund ist offensichtlich: Viele der Platten liegen nicht ganz fest an ihrem Platz, geben unter den Schritten der Vorbeilaufenden nach und klappern.
Jetzt schreibt eine von ihnen Landesgeschichte und ist reif fürs Museum, genauer gesagt: fürs Haus der Geschichte (HDG) NRW in Düsseldorf. Vor einigen Tagen verkündete das Uniarchiv der RUB die Übergabe auf seinem Instagram-Kanal und berichtete, dass die Originalplatte, die zuvor jahrelang vor der Unibibliothek lag, im Zuge der dezentralen Ausstellung „Museum-Mobil“ ans HDG NRW überreicht worden sei.
Wer die Wackelplatte sieht, weiß, dass es um die RUB geht
Mit dem „Museum-Mobil“ ist das Haus der Geschichte seit Oktober 2022 in ganz NRW auf der Suche nach „der Geschichte unseres Landes“. Nach und nach macht die Wanderausstellung für jeweils zehn bis zwölf Tage in allen 53 Kreisen und kreisfreien Städten NRWs Station, Ende Oktober dieses Jahres war Bochum dran.
Bereits im Vorfeld des Besuchs habe man „gezielt Personen und Institutionen“ angesprochen, „die spannende Objekte für wichtige Themen haben könnten“, erklärt Ulrich Sturm, Sprecher des HDG NRW. „Die RUB als erste Nachkriegsuniversitätsgründung stand bei uns für unseren Besuch in Bochum ganz oben auf der Liste“ – die Kuratoren hätten gezielt nach einer solchen Platte gefragt.
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Mag es auch nicht „schön“ sein – selbsterklärend ist das Waschbetonquadrat allemal. „Jeder, der an der RUB studiert oder gelehrt hat, weiß beim Anblick der Wackelplatte sofort, dass es um die RUB geht“, sagt Museumssprecher Sturm. „Über das Objekt sind wir insofern schnell in der Lebenswelt und der Erinnerung sehr vieler Menschen.
Das Haus der Geschichte NRW sei ein zeithistorisches Museum, erklärt Sturm, deshalb seien unterschiedlichste Objekte „die Assoziationen und Emotionen bei den Besucherinnen und Besuchern wecken oder aber Fragen zu persönlichen Erlebnissen oder historischen Zusammenhängen aufwerfen, grundsätzlich ideal“.
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Haus der Geschichte NRW: Wackelplatte illustriert auch „größeren historischen Kontext“
Da ist aber auch noch eine weitere Ebene: Die Wackelplatte illustriere auch „den größeren historischen Kontext, hier die Bildungsoffensive der 1960er, deren Teil die Gründung der RUB war“, erklärt Sturm. Auch der Strukturwandel spiele eine Rolle. „Die Problematik der Wackelplatten steht aber für die fehleranfällige Planungseuphorie dieser Zeit und die besondere Architektur der RUB“, so der Museumssprecher.
Das Team des Uniarchivs zeigt sich stolz auf den Beitrag der Ruhr-Uni zur NRW-Sammlung. „Es war uns eine Freude und wir sind schon ganz gespannt, der Wackelplatte in den nächsten Jahren in Düsseldorf wiederzubegegnen“, heißt es im Instagram-Posting.
Wann und wo genau die Wackelplatte zu sehen sein wird, ist aktuell noch offen, erklärt HDG-Sprecher Sturm. „Die Dauerausstellung eröffnet erst gegen Ende des Jahrzehnts nach der Ertüchtigung des Behrensbaus, des zukünftigen Sitzes des Hauses der Geschichte NRW in Düsseldorf.“ Und fürs „Museum-Mobil“, das durch NRW tourt, sei sie „leider zu schwer und zu groß“. Aber als Objekt der Sammlung könne sie für weitere Wechselausstellungen verwendet werden oder von anderen Museen als Leihgabe angefragt werden. Darauf ein Ba-Dong!
Das ist das Haus der Geschichte NRW
Das Haus der Geschichte NRW ist nicht zu verwechseln mit dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland mit Sitz in Bonn. Die dahinterstehende Stiftung ist noch recht jung – gegründet per Gesetzesbeschluss des Landtags vom Dezember 2019. Ihr Auftrag ist es, „die Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen, seine Entstehung und Entwicklung darzustellen und anschaulich werden zu lassen“.An historischem Ort in Düsseldorf soll ein modernes, zeitgeschichtliches Museum entstehen: im „Behrensbau“, dem von Peter Behrens 1910 geplanten ehemaligen Verwaltungsgebäude der Mannesmannröhren-Werke AG und ersten Dienstsitz der NRW-Ministerpräsidenten bis 1953. Bis zur Eröffnung der Dauerausstellung in Düsseldorf sind noch weitere Ausstellungsformate geplant; unter anderem ist das „Museum Mobil“ ab März 2024 weiter auf Tour durch NRW.