Menden/Balve. . Die Handlungen an diesem Abend kann man nur mit dem Schock erklären. Wie sonst ist es möglich, dass eine Autfahrerin es schafft, nach einem Unfall ihr Auto mit Zweigen zu verdecken, aber nicht daran denkt, die Polizei zu benachrichtigen? Vor dem Amtsgericht Menden wurde dieser kuriose Fall nun verhandelt.

Die 22-jährige Fahrerin war am 25. August 2011 mit ihrem Auto von Balve aus auf den Leveringhauser Weg gefahren. „Es war abends gegen 11.30 Uhr. Es hat in Strömen geregnet und ich bin mit circa 50 km/h den Berg runter gefahren“, berichtete die Angeklagte vor Gericht. Als sie versuchte zu bremsen, haben die Reifen blockiert und sie war in einer Rechtskurve von der Fahrbahn abgekommen. Das Auto wurde über die Leitplanke geschleudert, überschlug sich und kam 10 Meter hinter der Leitplanke - durch einen Baum gestoppt - zum Stehen.

„Es war stockdunkel. Ich habe mich aus dem Auto befreit und bin vom Graben aus auf die Straße geklettert“, berichtete die Angeklagte weiter. Dort wartete sie eine halbe Stunde, bis ein Auto vorbei kam. Der Fahrer hatte sofort angehalten und mit ihr das Auto aufgerichtet. „Damit kein Benzin auslief“, so die 22-Jährige. Leider hatte auch der Fahrer, wie die Angeklagte selbst, kein Handy dabei.

„Er fuhr leider auch in die falsche Richtung. Deshalb bin ich nach Hause gelaufen“, erzählte die Angeklagte, die damals noch in Hemer wohnte. An einer Tankstelle nutzte sie die Gelegenheit, sich ein Taxi zu rufen.

Nach der Unfallbeschreibung stellte Richter Festersen die entscheidende Frage: „Warum haben Sie nicht die Polizei gerufen?“ „Ich war total durch den Wind“, versuchte die Angeklagte die Situation von damals zu erklären, „es war mein erster Unfall und ich wollte nur noch nach Hause.“ Kurios war nur, dass sie, bevor sie nach Hause lief, das Auto noch mit Zweigen bedeckte, so dass es von der Straße aus nicht mehr zu sehen war.

„Wozu dieses Versteckspiel?“ wollte der Richter wissen. Die Aussage der 22-Jährigen: „Ich wollte nicht, dass andere Autofahrer es sehen, sich wundern und noch ein Unfall passiert.“ Erst am Tag darauf wurde das Fahrzeug entdeckt und der Schaden am Unfallort festgestellt. Gegen die Fahrerin wurde daraufhin ein Strafbefehl erlassen: 600 Euro Strafe und ein einmonatiges Fahrverbot. Dagegen hatte die 22-Jährige Einspruch eingelegt.

Richter Festersen schenkte ihrer Aussage vor Gericht Glauben und stellte fest: „Es handelt sich hierbei bestimmt nicht um einen gewöhnlichen Fall von Unfallflucht.“ Deshalb und weil die Angeklagte sich bisher noch nicht strafbar gemacht hatte, wurde die Anklage fallen gelassen. Unter der Bedingung, dass die 22-Jährige ein Bußgeld von 120 Euro in vier Raten von jeweils 30 Euro an das Kinderhospiz in Olpe zahlt. Wegen der sehr knappen Mittel der Angeklagten - sie bekommt als Auszubildende nur knapp 530 Euro aus BAföG und Kindergeld - verhängte das Amtsgericht keine höhere Geldbuße.

Eine Lehre hat die 22-Jährige aus diesem Unfall auf jeden Fall gezogen. „Ich bin seitdem noch nicht wieder Auto gefahren.“