Garbeck. Fachkräftemangel? Welcher Fachkräftemangel? Die Garbecker Firma Rickmeier kennt ihn nicht. Dahinter steckt ein cleveres Konzept.
Michael Volmer, Leiter der gewerblichen Ausbildung bei Garbecks Pumpenhersteller Rickmeier, kennt eine Erfolgsformel. Sie lautet: „Das Praktikum ist das Erfolgsmodell“. Mit Blick auf Nachwuchsgewinnung im Unternehmen kann Volmer seine Behauptung belegen. Zahlen sprechen Bände.
Mehr Bewerbungen als Plätze
In diesem Jahr werden fünf Auszubildende als Zerspannungsmechaniker beginnen, alle davon haben zuvor ein Praktikum und/oder Ferienarbeit in dem Betrieb gemacht. Möglich war es in diesem Jahr, all diese Plätze zu besetzen, berichtet Geschäftsführerin Christiane Schulz, zehn Bewerbungen habe es auf die fünf Plätze gegeben. In früheren Jahren aber habe es 20 oder 30 Interessenten gegeben pro Jahr. „Und es wird noch schwieriger werden in den nächsten Jahren“, glaubt Schulz. Warum?
Ausbildung im eigenen Unternehmen ist Trumpf
Personal- und Fachkräftemangel stelle die Unternehmen vor Herausforderungen. Weil der Arbeitsmarkt quasi leergefegt sei, ist es die beste Möglichkeit, die Mitarbeiter selber auszubilden, betonte die Rickmeier-Chefin weiter. Automatisierung und Digitalisierung werde vielleicht manches auffangen könne, aber bestimmt keine bestehenden Arbeitsplätze gefährden, ist sie überzeugt.
Ein erster Eindruck ins Unternehmen gelingt oft über ein Praktikum. Und deshalb nahm auch die „Woche der Ausbildung“ von der Arbeitsagentur Iserlohn genau diese Form in den Blick, als sich Vertreter der Agentur, des Unternehmens und der Balver Realschule zum Austausch bei Rickmeier trafen.
Dirtbiker wird Zerspanungsmechaniker
Mit dabei, weil er auch exemplarisch genau diesen Weg gegangen ist: Lukas Schmoll aus Garbeck. Der 16-Jährige, der in seiner Freizeit vor allem den Bikeparcours Dirtpark ausbaut und nutzt, startete voriges Jahr seine Ausbildung als Zerspannungsmechaniker.
Zuvor hatte er sich während seiner Bildungslaufbahn an der Balver Realschule am Infobus über das Unternehmen kundig gemacht und beim Praktikum dann näher kennengelernt. „Das war ein super Einblick für mich“, betont Schmoll. „Auch in die körperliche Belastung des Berufs, dass man sich an das lange Stehen gewöhnt.“ Denn natürlich bringt so ein handwerklicher Beruf auch Anstrengungen mit sich.
Das betont auch Rickmeier-Chefin Christiane Schulz. Sie erzählt, wie sich die Jugendlichen beim Praktikum Einblicke in die Arbeitswelt verschaffen können: der Alltag im Betrieb, das frühe Aufstehen, einen Arbeitstag durchhalten.
Leon Severin startet durch
Leon Severin ist auch erst 21 Jahre alt, machte ebenfalls seine Lehre bei Rickmeier, ist nun Ausbilder. Er hatte bei einem Ein-Tages-Praktikum den ersten Kontakt. Heute berichtet er, wie er den Einblick für neue Praktikanten wirklichkeitsnah, aber auch mit Erfolgserlebnissen gestalten möchte. Wo immer möglich, soll der Nachwuchs selber aktiv werden „Wir wollen das Praktikum angenehm gestalten, mit Spaß, indem wir zusammen zum Beispiel ein ,Mensch-ärgere-dich-nicht‘ bauen.“
Mitmachen statt Mitlaufen
Nur Mitlaufen und Zuschauen sei für beide Seiten weniger erfolgversprechend, da sind sich alle Beteiligten einig. Diesen personalintensiven Einsatz für den Nachwuchs könnten sich aber auch oft nur große Betrieben erlauben, unterstreicht Christiane Schulz. Und wenn so ein Praktikum schließlich dazu führe, einen möglichen Wunschberuf von der Liste zu streichen, dann sei das immerhin auch noch ein Schritt nach vorne. Leon Severin erzählt dann noch, dass er sich besonders über Bewerbungen von Praktikantinnen gefreut habe und auch bei ihnen das Interesse steige.
Lehrer Olaf Weber ist an der Balver Realschule für die Berufsorientierung zuständig. Für Rickmeier hat er viele lobende Worte: „Das Unternehmen hat sich einen exzellenten Ruf bei den Schülerinnen und Schülern erarbeitet. Das wird bei Mundpropaganda weitergegeben, und das Praktikum ist ein wesentliches Element.“
In den Tagen vor den Osterferien lief sowohl die Berufsfeldorientierung im acht Jahrgang als auch das dreiwöchige Praktikum im neunten. Sandra Friedrich als Berufsberaterin der Arbeitsagentur ist regelmäßig an der Schule. Und auch Arbeitsagentur-Chefin Sandra Pawlas betont den Wert einer Ausbildung, gerade in einer Zeit wo es für junge Leute zunehmen unübersichtlicher werde, immer neue Studiengänge angeboten würden. „Die Ausbildung ist ein Riesenpfund, egal was danach kommt. Es ist eine gute Basis, auch um danach weiterzumachen, das System ist aktuell sehr flexibel. Wir reden nicht gegen das Studium, zeigen aber Möglichkeiten auf.“
Balver Grundschule lernt Betrieb kennen
Während die Arbeitsagentur früher händeringend Ausbildungsplätze für Jugendliche gesucht habe, habe sich der Markt nun eben um 180 Grad gedreht. Dabei könne man gar nicht früh genug anfangen, sich zu präsentieren. Michael Volmer erzählt vom Besuch der Balver Grundschule im Rahmen der Projekttage. Einen Betrieb schon mal von innen gesehen zu haben, von dort vielleicht etwas Selbstgebasteltes mit nach Hause genommen zu haben, das können auch einige Jahre später bei der Berufswahl noch die entscheidende Erinnerung sein.