Balve. Fachhändler erklären, warum Autofahrer im Sauerland auf Nummer sicher gehen sollten - und was die Polizei sagt.
Der Wintereinbruch ist für viele Menschen im Balver Land ein schönes Ereignis. Zwar werden die Tage immer kürzer und die Temperaturen sinken kontinuierlich, dafür steigt die Chance auf Schnee und damit auf wunderschöne Landschafts- und Stadtbilder. Verkehrsteilnehmer sind darüber aber seltener wirklich erfreut, denn winterliche Verhältnisse können große Gefahren bergen – vor mit falscher Bereifung.
Um an der nächsten Steigung eben nicht an der Jahreshauptversammlung des Sommerreifenclubs teilnehmen zu müssen, sollte man/frau spätestens jetzt das Fahrzeug auf die richtige Bereifung umgestellt haben. Aber: Sind die Balver Bürgerinnen und Bürger auf diese Situation vorbereitet?
Die Westfalenpost fragte bei Händlern und Fachbetrieben im Stadtgebiet einmal nach. „Sauerland ist Winterreifenland“ erklärte Fachhändler Dirk Lückert. „Wir sind seit Oktober damit beschäftigt, an rund 1200 Fahrzeugen die Räder zu wechseln. Momentan ist halt Hochsaison bei uns, und wir arbeiten von früh bis spät, um unsere Kunden sicher auf die Straße zu bringen. Dieses Jahr haben viele Autofahrer aufgrund der noch schönen Tage im Oktober sich etwas später zu einem Wechsel entschlossen. Deswegen ziehen sich Termine etwas nach hinten, und unser Auftragsbuch ist noch mehr als gut gefüllt. “
Auf die Frage, ob sich Kunden aufgrund der recht milden Winter der letzten Jahre mehr für das Produkt Ganzjahresreifen beschränken, kann der Fachmann eine gute Antwort geben: „Der Winterreifen bleibt die Nummer eins bei unseren Kunden. Wir sind hier in einer Region, wo mit viel Schnee zu rechnen ist. Und unsere Kunden setzten auf die Vernunft und trauen auf die Winterspezialisten auf ihren Fahrzeugen. Wir helfen aber auch immer sehr gerne bei der Beratung. Viele Kunden fragen uns, ob sich ein Winterreifen überhaupt noch lohnt. Und da sind wir als Fachhändler gefragt, den Kunden gut zu beraten. Wir empfehlen hier bei uns, auf den richtigen Winterreifen zu setzten.“ Warum?
Dirk Lückert entgegnete: „Ganzjahresreifen sind immer so ein Zwiespalt. Er ist vielleicht etwas für Autofahrer, welche bei schlechtem Wetter nicht unbedingt fahren müssen und ihr Auto stehen lassen können. Aber für Menschen, welche jeden Tag fahren und zur Arbeit pendeln müssen, teils über starke Steigungen und Gefälle, den empfehlen wir einen Winterreifen.“
Allerdings gebe es einen Unterschied zwischen „preiswert“ und „billig“. „Wir raten von den billigen China-Importen ab und verkaufen hier nur Reifen, hinter denen wir stehen und die wir selbst fahren würden. Das muss nicht immer der Teuerste vom Markenhersteller sein. Viele Hersteller haben auch Zweitmarken, wo sie Reifen herstellen, welche dann unter einem anderen Namen verkauft werden. Das ist sehr oft ein sehr guter Kompromiss zwischen Qualität und Preis.“
Diese Ansichten wurden auch von den Reifenspezialisten von Reifen Lülsdorf in der Balver Helle geteilt. „Unsere Kunden sind sehr vernünftig und haben schon fast alle auf Winterreifen umgestellt. Wir denken, dass die nächsten Tage alle Kunden umgestellt sind. Viele von ihnen, gerade die älteren Autofahrer, haben bereits im Oktober ihre Reifen wechseln gelassen. Die gehen alle auf Nummer sicher und kennen die Wetterkapriolen im Sauerland. Dabei setzten auch unsere Kunden auf Reifen, die ein gutes Preis-Leistungsverhältnis haben. Es müssen nicht immer die teuren Marken sein. Viele setzten auf die Mittelklasse und fahren damit sehr gut. Wir hatten auch schon Kunden, welche mit Reifen im mittleren Preissegment bessere Erfahrungen machen als mit den teuren Markenherstellern.“
Auf Balves Straßen ging alles - nun ja - glatt. Feuerwehr-Chef Frank Busche bilanzierte am Dienstagmorgen: „Gestern am späten Abend musste einmal ein unter der Schneelast umgestürzter Baum auf der Mellener Straße kurz hinter dem Ortsausgang Balve beseitigt werden, gleiches dann auch noch zwischen Leveringhausen und der Ortsgrenze zu Hemer… Heute früh gegen 5 Uhr mussten dann noch ein paar kleinere umgestürzte Bäume im Diekental an der Ortsgrenze zu Neuenrade entfernt werden. Die Einsätze wurden von den Einheiten Balve, Garbeck und Langenholthausen schnell abgearbeitet.
Um halb acht heute morgen wurde dann noch mal die LG Balve zu einem vermeintlich umgestürzten Baum zur Mellener Straße alarmiert, hier konnte aber nichts festgestellt werden, so dass die Einsatzkräfte, ohne tätig zu werden, umgehend wieder einrücken konnten .“
Die Polizeipressestelle in Iserlohn meldete sich am Dienstagmorgen bei Instagram mit einem gewissen Sarkasmus zu Wort: „Man glaubt es kaum. All die Jahre ist plötzlich Winter im Sauerland. Und Überraschung: Die Straßen sind glatt!“ Die Polizei appellierte an Autofahrer, langsam zu fahren. Und: „Und wer jetzt noch mit Sommer-Reifen losfährt, dem ist echt nicht mehr zu helfen.“ Angepasste Ausrüstung schütze vor einem Parkplatz im Straßengraben.
Reifenwechsel
Eine generelle Winterreifenpflicht gibt es in Deutschland nicht, stattdessen eine situative (§ 2 (3a) StVO). Das heißt, dass man bei winterlichen Straßenverhältnissen nur mit Winterreifen fahren darf. Die Faustformel von Oktober bis Ostern (O bis O) ist ein grober Hinweis, hat rechtlich jedoch keine Bedeutung.
Die situative Winterreifenpflicht gilt dann als erfüllt, wenn auf vier Rädern Winterreifen montiert sind.
Aktuelle Winterreifen erkennt man am Alpin-Symbol: Bergpiktogramm mit Schneeflocke. Zusätzlich gelten bis zum 30. September 2024 Reifen mit M+S-Kennzeichnung als wintertauglich, wenn sie bis zum 31. Dezember 2017 hergestellt worden sind.
Bei Nichtbeachtung drohen Bußgelder. Der Verstoß wird für den Fahrer mit einem Bußgeld in Höhe von 60 Euro geahndet, werden andere behindert, kostet er 80 Euro. Außerdem gibt es einen Punkt in Flensburg. Dem Halter drohen 75 Euro und ebenfalls ein Punkt.