Balve. Festspielverein und Stadt Balve testeten ein neues Format. Gäste war geflasht. Darum wurde Freddy Mercury bei „Bohemian Rhapsody“ nicht vermisst.
Ein neues Format an einem neuen Ort, Kammermusik in der Kammer. Künstlerisch ging die Rechnung auf. Standing Ovations waren die Belohnung für das Quarteto Neux, dem Streichquartett der Philharmonie Südwestfalen. Das Konzert war Genuss und Sinnlichkeit pur. Die Gransauer Mühle wirkte wie ein magischer Ort, der das Publikum schnell in seinen Bann zog und bis zum Ende nicht mehr los ließ.
Tango der Klassik
Hier sollte Klassik von Astor Piazzolla und Claude Debussy im Laufe des Abends auf Titel der Rock- und Pop-Titanen treffen. Den Auftakt des Konzertes bildete Piazzollas (1921-1992) „Four for Tango“. Die Komposition des Königs des Tangos wurde wahrhaft königlich präsentiert. Charmant wurde der klassische Teil des Konzertes von Ignacio Rodriguez Martinez de Aguirre moderiert. „Dieser Tango ist nicht tanzbar“, erfuhr das Publikum. Neben den Meilensteinen aus dem Leben Piazzollas erfuhr man auch Interessantes über seinen Weg hin zum klassischen Tango. „Dies ist ein Tango der Klassik“, betonte Rodriguez.
Von Debussy zu den Rolling Stones
Es folgte das Streichquartett in G-Moll von Claude Debussy (1862-1918). „Die Inspirationen zu dieser Komposition hat Debussy von der Weltausstellung 1889 in Paris mitgebracht“, erläuterte Rodriguez den Hintergrund des Werkes. Dort habe ihn das Klangbild eines javanischen Gamelan-Ensembles fasziniert. Auch arabische Klänge hätten Eingang in die Komposition gefunden. Fast wie in der Weltmusik. Es entfaltet sich schnell ein großes Spektrum von Klangfarben. Debussy wird als Impressionist eingeordnet. Selbst hat er sich so nie verstanden.
Der zweite Teil des Konzertes zeigte sich unkonventionell. Titel von Rock- und Pop-Giganten wie Queen, Pink Floyd, Led Zeppelin, Nirvana, den Rolling Stones, Frank Zappa, Bon Jovi und anderen wurden in der klassischen Besetzung eines Streicherquartetts gespielt.
Pink Floyd unplugged
In diesem Teil moderierte Werner Stephan, wobei er auf seine eigenen Erfahrungen mit dieser Musik in seinen Jugendjahren zurückgriff. „Wir sind keine Band. Wir haben keine Singstimme und keine Verstärkung“, erklärte er. Was dann unplugged hingezaubert wurde, war beeindruckend und faszinierend zugleich. Eine neue Perspektive auf die Klassiker der Rock- und Pop- Geschichte eröffnete sich. Manchmal ging ein begeistertes Raunen durch das Publikum. Besonders zog die „Bohemian Rhapsody“ von Queen das Publikum in den Bann. „Das ist wie eine kleine Oper“, bemerkte Werner Stephan in seiner Moderation. Wenn die Geige die Singstimme von Freddy Mercury aufnahm, spürte man die Ergriffenheit im Raum. Von Geigen begleitet steigt er auf in den Olymp der unsterblichen Klassiker.
Auch bei „Wish You Were Here“ von Pink Floyd summte die eine oder der andere im Publikum mit. Diese musikalischen Highlights werden nicht vergessen. Auch wenn die Fans von damals heute schon etwas in die Jahre gekommen sind - die klassischen Hits sind jung geblieben.
Geige ersetzt Freddy Mercury
Diese Titel nun einmal in einer klassischen Instrumentierung zu hören, war ein ganz besonderes Erlebnis. Genau wie in den 70er Jahren die holländische Band Ekseption, eine Synphonic-Rock-Formation aus den Niederlanden, die den umgekehrten Weg ging, zu erleben. Die Band spielte hauptsächlich Neuinterpretationen klassischer Werke. Beethovens 5. Symphonie machte sie berühmt. Jacques Loussier ging mit „Play Bach“ in den 60ern einen ähnlichen Weg. Stellt sich bei den musikalischen Zeitreisen die Frage: Wie würde Mozart heute seine Werke instrumentieren?
Die Gransauer Mühle bot einen fantastischen Rahmen. In der magischen Atmosphäre des alten Gemäuers, verstärkt durch Nebel und die von Lukas Koch gekonnt inszenierte Beleuchtung.
Auf Wunsch des Publikums gab es die Bohemian Rhapsody von Queen zum zweiten Mal als Zugabe. Der Beifall bewies: Der Abend war gelungen. Das Konzert war Balsam für die Seele in aufgeregten und aufregenden Zeiten. Es war ergreifend und anrührend. Die Unvergänglichkeit der gespielten Werke wirkte beruhigend. Zehn Plätze waren frei geblieben. Bürgermeister Hubertus Mühling, mit Ehefrau Claudia im Publikum, meinte dazu: „Schade für all die, die nicht hier waren, es war absolut toll!“