Balve. Balves Realschulaula war proppenvoll. Kein Wunder, mit Pfarrerin Antje Kastens geht ein besonderer Mensch. So lief der Gottesdienst.
Ein Tag des tränenreichen Abschieds und des vertrauensvollen Blicks nach vorne: Die Verabschiedung der evangelischen Pfarrerin Antje Kastens hielt am Sonntagvormittag viele emotionale Momente bereit.
Es ist ja immer noch Deutschland hier, und da darf die Bürokratie nicht fehlen: Die offizielle Entpflichtung vom Dienst als Pfarrerin in Balve ist ein Teil des Abschiedsgottesdienstes am Sonntagvormittag. Ein Akt, den die Superintendentin Martina Espelöer vornimmt. Aber so herzlich und voller Emotionen, dass sich manche Gäste immer wieder mal eine Träne aus den Augen wischen, könnte Bürokratie ja vielleicht mal öfter sein und schließlich steht bei diesem Akt dann vor allem ein großer Segenswunsch für die Zukunft im Blickpunkt.
Antje Kastens tritt einen neuen Lebensabschnitt an, den Ruhestand, und verlässt damit die Evangelische Gemeinde Balve. Gute fünf Jahre war die Seelsorgerin hier, im Vergleich zur Amtszeit anderer Pfarrerinnen und Pfarrer oder anderer Dienstträger in öffentlichen Ämtern keine wahnsinnig lange Zeit.
Aber die Resonanz beim Abschiedsgottesdienst spricht Bände und dafür, dass die Seelsorgerin Spuren hinterlassen und die Menschen beeindruckt hat. Über 300 Gäste bevölkerten die Realschulaula, und das an einem Wochenende mit etlichen Parallel-Veranstaltungen. Viele wollen „Auf Wiedersehen“ sagen: Politik und Verwaltung waren zahlreich vertreten, Feuerwehr, Vereine, der Balver Männerchor mit seinen Liedern auf der Bühne sowie als Zeichen der gelebten Ökumene viele Vertreter des Katholischen Pastoralverbundes – und neben Kastens’ Familie aber vor allem natürlich die Gemeinde von jung bis junggeblieben.
Im Vorfeld konnten Dankesworte und Abschiedsgrüße eingereicht werden, die zusammengefasst wurden. Presbyterin Silke Hoppe übergab diese Werk an Kastens und lachte: „Das Buch hat gar nicht gereicht. Wir mussten noch einen Einleger machen.“ Die Würdigung von Antje Kastens’ Arbeit in Balve hatte zuvor im Detail Superintendentin Martina Espelöer übernommen. Kastens habe viel Aufbauarbeit in der Gemeinde geleistet, so Espelöer, und auch äußere Krisen gemeistert: Kleine Andachten an der Haustür in Pandemiezeiten, schnelle, tatkräftige Hilfe nach der Flut im Sommer 2021, ohne nach Religion oder anderer Herkunft zu fragen.
Und schließlich, das wurde mehrfach betont, hatte Antje Kastens die Gemeinde für die Zukunft aufgestellt und die Nachfolge in die Wege geleitet mit Gemeindepädagoge Sven Körber und dem in Deilinghofen ansässigen Pfarrer Thomas Ehlert. Beide hörten vorn aufmerksam zu, Jugendreferentin Doreen Wahl wirkte derweil bei der musikalischen Gestaltung mit. „Kirche braucht Ideen, Mut und ein großes Herz“, fasste Martina Espelöer zusammen.
Viele Taschentücher
Antje Kastens selber quittierte das alles mit ihrem herzlichen Lachen. Sie wollte nicht bestreiten, dass der Abschied auch weh tut: „So viele Taschentücher kann ich gar nicht haben, wie ich heute bräuchte.“ Vor allem aber ihre Predigt, in die sie immer ein persönliches Glaubenszeugnis einbaute, berichtete von großem Gottvertrauen, das sie auf dem neuen Lebensabschnitt weitertragen werde – wie schon zuvor. Laut in den Raum stellte sie die Frage, ob sie für so etwas wie Ruhestand überhaupt gemacht sei – und ermutigte vor allem Balves Gläubige, nach vorne zu schauen, angelehnt an die biblischen Texte dieses Sonntags: „Bleibt nicht mutlos hocken. Macht euch auf den Weg.“
Auch Superintendentin Martina Espelöer appellierte für die Zeit, nachdem Tränen getrocknet und der Abschied verarbeitet ist, auch mit Blick auf die neue Konstellation in der Gemeinde: „Das ist nun der Weg. Gehen Sie ihn mutig und aufrecht und mit dem Blick füreinander.“ Ganz pragmatisch mit Blick auf notwendige Arbeiten am neuen Zuhause in der neuen niedersächsischen Heimat hatte sich Antje Kastens schlicht einen Baumarktgutschein gewünscht.
Beim anschließenden Empfang im Foyer der Realschule wollte der Reigen an persönlichen Abschieds- und Dankesworten und guten Wünschen für Antje Kastens kaum enden. Was auch da weiter nachklang war ein Satz aus ihrer Predigt: „Wir Christen sehen wir uns nie das letzte Mal.“