Balve. UWG-Ratsherr Heinrich Stüeken schlägt Edelkrebs-Alarm. Im Hönnetal ist die bedrohte Tierart entdeckt worden. Was wird aus dem Hochwasserschutz?

UWG-Ratsherr Heinrich Stüeken hat im Ratsausschuss USB für eine faustdicke Überraschung gesorgt. Nach seiner Ansicht müssten die Bauarbeiten zur Verbesserung des Hochwasserschutzes im Hönnebett eingestellt werden. Der ehrenamtliche Naturschutzbeauftragte der Stadt Balve nannte dafür auch einen Grund. Das Naturschutzzentrum Märkischer Kreis hat auf Exemplare des vom Aussterben bedrohten Edelkrebses im Flussbett hingewiesen. Stüeken sieht einen Konflikt zwischen Natur- und Hochwasserschutz.

UWG-Ratsfrau Susanne Schnadt und Fraktionskollege Heinrich Stüeken (Archiv)
UWG-Ratsfrau Susanne Schnadt und Fraktionskollege Heinrich Stüeken (Archiv) © WP | ürgen overkott

Der Reihe nach. „Die beiden heimischen Flusskrebsarten in Nordrhein-Westfalen, der Steinkrebs und der Edelkrebs, sind vom Aussterben bedroht. Vor allem die Verdrängung durch eingeschleppte Amerikanische Flusskrebse macht den streng geschützten heimischen Arten zu schaffen. Der Grund: Die Neuankömmlinge übertragen die Krebspest, eine für europäische Flusskrebse tödliche Pilzinfektion, gegen die die amerikanischen Arten weitgehend resistent sind“, heißt es beispielsweise auf der Homepage des Verbandes (ruhrverband.de).

Der Ruhrverband setzt sich seit Jahren schon für die Wiederansiedlung des Edelkrebses in heimischen Gewässern ein – etwa in der Verse- und in der Fürwiggetalsperre.

Die öffentlich-rechtliche Einrichtung ist damit nicht allein. Sie beteiligt sich – gemeinsam mit Kooperationspartnern – am Edelkrebs-Projekt in NRW. Mit dabei sind unter anderem der Verband Nabu und die Stadt Köln. Das Projekt wird vom Land NRW finanziert.

Auch wenn es inzwischen wieder Hoffnung für den Edelkrebs in heimischen Gewässern gibt – die Gefahr ist keineswegs gebannt.

Bauarbeiten „fragwürdig“

In diesem Zusammenhang übte Stüeken Selbstkritik. Bei den baulichen Maßnahmen für mehr Hochwasserschutz am Krumpaul sei auf eine Artenschutz-Prüfung im Flussbett der Hönne verzichtet worden – von Politik und Verwaltung. Beide Seiten hatten sich nach dem Jahrhundert-Hochwasser vom 14. Juli 2021 daran gemacht, Schadensbegrenzung zu betreiben. Bürgermeister Hubertus Mühling will ausdrücklich verhindern, dass im Stadtgebiet erneut „Hochwasser-Demenz“ auftritt. Das bauliche Ergebnis am Krumpaul sehe technisch betrachtet „sehr gut“ aus, befand Stüeken. „Aber aus Artenschutz-Gründen ist das bedenklich“, meinte er. „Man hat das Bett zugekippt: so weit, so schlecht.“

"Feuertaufe nicht bestanden": Die Bilder von Anliegerin Gundhild Busche zeigen, wie Garbeck nach einem Starkregen im Mai 2022 wieder unter Wasser stand.  © Busche

Der pensionierte Biologie-Lehrer weiter: „Zwischenzeitlich haben sich neue Erkenntnisse ergeben, die man nicht unberücksichtigt lassen kann.“ Demnach hat das Märkische Naturschutzzentrum auf Edelkrebs-Vorkommen unterhalt von Volkringhausen aufmerksam gemacht: „Der Edelkrebs hat den höchsten Schutz-Status, den es überhaupt gibt, Rote Liste 1, vom Aussterben bedroht. Absolut zu schützen.“ Stüeken brachte gar ein verstorbenes Exemplar mit in den Ausschuss. Die Fischereigenossenschaft hatte das Tier entdeckt. Es hatte den letzten Trockenfall der Hönne nicht überlebt. Zwei weitere Scheren-Tiere hätten gerettet werden können. Stüeken folgerte, dass das „ganze Einzugsgebiet der Hönne wahrscheinlich Verbreitungsgebiet“ sei.

Auf diesem Hintergrund sieht der UWG-Ratsherr bauliche Eingriffe ins Flussbett der Hönne „als sehr fragwürdig an, um es mal milde auszudrücken“. Um seiner Argumentation zusätzliches Gewicht zu verleihen, fügte Stüeken hinzu, er habe die Kleine Quellschnecke im Hönnetal entdeckt: „Sie steht auf der Roten Liste 2, stark gefährdet.“ Stüeken führte seine Entdeckung darauf zurück, dass die Hönne im Karstgebiet Binolen immer wieder trockenfalle. Der Fluss fließt in Zeiten geringer Niederschläge lediglich unterirdisch. Stüeken argumentierte anschließend politisch. Da wo die Kleine Quellschnecke entdeckt worden sei, sei „!sofort Biotop-Schutz erlassen worden“.

Bürgermeister reagiert prompt

Stüeken wollte die Bemühungen von Bürgermeister Hubertus Mühling nach mehr Hochwasserschutz erklärtermaßen nicht in Frage stellen. Zugleich aber forderte der UWG-Politiker, „jede Baggerschaufel aus den Bächen herauszuhalten“.

Balves Bürgermeister Hubertus Mühling
Balves Bürgermeister Hubertus Mühling © WP | Peter Müller

Verwaltungschef Mühling reagierte prompt: „Damit können wir den Hochwasserschutz beenden.“

Stüeken blieb bei seiner Haltung. Er riet dem „verehrten Bürgermeiste, sich erkundigen, wie wir da weiterkommen“. Es reiche nicht, den Kopf in den sprichwörtlichen Sand zu stecken: „Hier müssen wir mit der Gesetzeslage arbeiten – es geht nicht anders.“