Wocklum. Historischer Ferienworkshop in der Luisenhütte: Franzosen stehen 1794 vor Köln. Reliquien der Heiligen 3 Könige müssen gerettet werden. Aber wie?

Sind Zeitreisen möglich? Bernadette Lange bejaht die Frage unbedingt. Die Museumspädagogin des Märkischen Kreises kann auf Erfahrungen zurückgreifen. Seit Jahren schon beamt sie Kinder und Jugendliche im kreiseigenen Industriemuseum Luisenhütte in Wocklum stets in den Sommerferien zurück in vergangene Zeiten. Was „Dr. Who“ aus der gleichnamigen britischen Fernsehserie kann, können Bernadette Lange und ihr Team schon längst. Nach dem Wegfall der Corona-Regeln haben sie wieder ungeahnte Möglichkeiten. Diesmal beamen sie Mädchen und Jungen zwischen acht und 14 Jahren zurück ins 18. Jahrhundert.

Je nach Metallbearbeitung hat jede Platte ihren eigenen Klang: Museumspädagogin Bernadette Lange in der Luisenhütte: Der Ferienworkshop des Märkischen Kreises in der ehemaligen Stahlhütte hat Kult-Status.
Je nach Metallbearbeitung hat jede Platte ihren eigenen Klang: Museumspädagogin Bernadette Lange in der Luisenhütte: Der Ferienworkshop des Märkischen Kreises in der ehemaligen Stahlhütte hat Kult-Status. © WP | jürgen overkott

1794. Die französische Revolution hat vor fünf Jahren stattgefunden. Franzosen rücken nur wenig später ins Rheinland ein. Der Domschatz mit den Reliquien der Heiligen Drei Könige gilt als attraktive Beute. Kein Wunder, dass der Erzbischof und seine Mannen den Domschatz in Sicherheit bringen wollen. Aber wohin? Das kurkölnische Sauerland gilt als sicheres Hinterland. Das Ziel ist Arnsberg, Balve ist Etappe.

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Die Geschichte ist verbürgt, sie dient als Ausgangslage eines der historischen Spiele, die der Märkische Kreis seit Jahren erfolgreich auf dem Gelände von Deutschlands erster Stahlhütte in Szene setzt – stets in den Sommerferien. Das Geschichtsspektakel für Hand, Herz und Hirn findet in der letzten Woche der Ferien statt: vom 1. bis zum 4. August.

Heißes Eisen: Workshop
Heißes Eisen: Workshop "Altes Handwerk" in der Luisenhütte Wocklum © WP | jürgen overkott

„Das Faszinierende an dem historischen Spiel ist, dass es eine Geschichte drum gibt, damit die Kinder noch mehr in das jeweilige Zeitalter hereinkommen“, sagt Bernadette Lange, „damit kommen die Kinder noch besser in die Geschichte ‘rein.“

Der Workshop funktioniert auf zwei Ebenen: Mädchen und Jungen lernen alte Handwerkstechniken kennen, Metallguss, Schmieden, Malen im Auftrag der Kirche, Parfüm-Herstellung, Seifen-Produktion. Zugleich entwickeln sie ein Gefühl dafür, wie das Leben in der Vergangenheit ablief.

Vergangenheit bedeutet beim historischen Workshop des Märkischen Kreises Heimatgeschichte zum Anfassen. „Wenn man in Balve unterwegs ist“, sagt Bernadette Lange zum Hintergrund des kommenden Workshops, „fallen einem überall Spuren der Heiligen Drei Könige auf.“ Das war ein Anlass für die Museumspädagoge, aus dokumentierter Geschichte ein historisches Rollenspiel zu machen. Wie funktioniert das Rollenspiel?

Tross aus Köln hütet Geheimnis

„Wir haben angenommen, dass der Tross aus Köln in Wocklum Station gemacht hat“, erzählt Bernadette Lange. Die erzbischöfliche Truppe habe sich in Kölns westfälischem Hinterland sicher gefühlt. „Und da fängt unsere Geschichte an.“ Welche Rollen werden besetzt?

Der Beauftragte des Erzbischofs plus Begleitung spielt eine wichtige Rolle, Bewohner von Schloss Wocklum, auch eine Gruppe von Franzosen sind dabei, sie sind jedoch nicht als Soldaten unterwegs, vielmehr handeln sie mit wertvoller Ware mit Parfüm. Was das historische Rollenspiel spannend macht, ist ein Geheimnis: Beim Zwischenstopp im Sauerland soll nicht bekannt werden, was die kölsche Truppe dabei hat: „Sie muss auf den Schatz aufpassen“, verrät Bernadette Lange. Was sie die Lage rund um Wocklum nicht eben leichter macht: Einige Franzosen kommen nicht nur mit Rarem, sondern auch mit revolutionären Ideen.

Zinnguss: Workshop
Zinnguss: Workshop "Altes Handwerk" in der Luisenhütte Wocklum © WP | jürgen overkott

Weil es keine Corona-Beschränkungen mehr gibt, hat der Märkische Kreis die Zahl der Teilnehmerplätze auf 60 erhöht. Die Erfahrung lehrt, dass Eltern aus einem Umkreis von 20 Kilometern bereit sind, ihre Kinder zum Workshop nach Wocklum zu bringen. „Manchmal ist das so, dass Großeltern einen Besuch ihrer Kinder in Balve mit dem Workshop verbinden“, weiß Bernadette Lange. Viele Teilnehmende, großes Team?

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„Das Konzept habe ich mit Olaf Fabian Knöpges entwickelt“, entgegnet Bernadette Lange, „wir machen das schon seit Jahren – auch unsere Schmiede-Workshops.“! Olaf Fabian Knöpges ist freiberuflicher Museumspädagoge: „Mit ihm habe ich die Geschichte ausgesponnen.“ Wer setzt die Ideen um?

„Wir haben etliche Leute, die auf Burg Altena Führungen machen; auch sie sind schon seit etlichen Jahren dabei. Weitere Honorarkräfte kommen dazu“, berichtet Bernadette Lange. Unterm Strich besteht die Reiseleitung in die Vergangenheit aus zwölf Personen. Bernadette Lange empfiehlt Interessenten, die ganze Woche zu buchen. Ihre Empfehlung hat einen guten Grund: Das Beste kommt zum Schluss.