Balve. Die „Night Of Music“ ist zurück: und wie. Von diesen Abenden in der Balver Höhle wird das Publikum noch lange sprechen. Das sind die Gründe.

Cäcilia Siedhoffs Augen versprühen Begeisterung. „Es war so toll“, sagt die Zuhörerin, „vor allem die Botschaft am Schluss.“ Schluss eines denkwürdigen Wochenendes ist am Samstagabend um 23.35 Uhr. Es ist zu Ende gegangen mit Michael Jacksons Wunsch „Heal The World“, sein Wunsch, die Welt möge wieder heil werden, erreicht die Herzen der voll besetzen Balver Höhle. Dirigent Scott Lawton nimmt die Botschaft auf. Musik überwinde Grenzen, stifte Frieden. Damit entlässt er ein seeliges Publikum in die laue Sommernacht.

Alexander Schulte und Ingo Mettken blättern im „Junglebuch“, am Piano groovt Dirigent Scott Lawton. Holger Müller bedient die Drums.
Alexander Schulte und Ingo Mettken blättern im „Junglebuch“, am Piano groovt Dirigent Scott Lawton. Holger Müller bedient die Drums. © WP | jürgen overkott

Die „Night Of Music“ – endlich hat das Doppelpack vom Musikverein „Amicitia“ Garbeck und dem TuS Langenholthausen wieder stattfinden können. In zwei Jahren , verspricht Moderator und Sänger Ingo Mettken, gehe es weiter – vorausgesetzt, es komme nicht wieder eine Pandemie.

Events wieder dieser sind mit langem Vorlauf verbunden – von Proben bis zu Sponsorensuche. Unerwartete Pannen gehören dazu wie der Notenschlüssel zum Arrangement. Es kommt, wie es kommen muss. Ausgerechnet Amigo-Sänger Alexander Schulte liegt vorige Woche darnieder: Mandelentzündung. Noch bei der Premiere am Freitagabend fehlt er. Doch dann dreht sich alles zum Guten. Ingo Mettken kündigt seinen Sangeskollegen an, schweigen soll er, um seine Stimme zu schonen, doch um 20.55 Uhr ist es soweit. Alexander Schulte kommt, singt und siegt, besiegt seine Krankheit und singt sich die Seele aus dem Leib. Alle Anspannung fällt von den Musikern ab, auch von Ingo Mettken und Sängerin Ramona Pröpper, und sie liefern beseelte Versionen von Pop-Hits wie „Viva la vida“, „High On Emotion“ oder „I Would Do Anything For Love“ ab, deren Originalversionen, allesamt mit reichlich Digitaltechnik produziert, plötzlich seltsam seelenlos wirken. Das gilt auch für den fantastischen Gast-Chor Biggesang, der Freddy Mercurys eigentlich live unspielbare poppige Mini-Oper „Bohemian Rhapsody“ derart majestätisch singt, dass sich die Band Queen davor verneigen müsste.

Sänger Ingo Mettken, Ramona Pröpper, Alexander Schulte, Severine Joordens und Ben Heijnen (von links), an den Plastikfassdrums Carsten Schulte (links) und Markus Vielhaber
Sänger Ingo Mettken, Ramona Pröpper, Alexander Schulte, Severine Joordens und Ben Heijnen (von links), an den Plastikfassdrums Carsten Schulte (links) und Markus Vielhaber © WP | jürgen overkott

Das XXL-Event beginnt um 18 Uhr. Das Konzept folgt der britischen Konzertreihe „Night Of The Proms“, populäre Klassik trifft Pop-Klassiker, mit fettem Orchestersound verfließen die Grenzen. Bei der Balver „Night Of Music“ ist erlaubt, was gefällt. Stilistische Brüche und harte Stimmungswechsel werden in Kauf genommen. Das erhält die Spannung an dem mehrstündigen Musik-Marathon mit energiegeladenen Amateuren und Gastprofis in Bestform.

Sopranistin Severine Joordens und Tenor Ben Heijnen aus den Niederlanden singen mit Hingabe, Witz und Charme leichte Klassik und Gassenhauer von ehedem. Ben Heijnen bricht das Eis an dem Sommerabend mit der Puccini-Arie „Nessun dorma“. Das Publikum reißt es erstmals von den Sitzen; es wird an diesem Abend immer wieder stehend applaudieren. Die Menge applaudiert stehend, weil die Musikerschar es mehr als verdient hat, darunter Profis wie Flötist Gregor Büdenbender, Drummer Holger Müller, aber auch heimische Musiker wie Tenor-Tubaspieler Robin Schulte und nicht zuletzt die Perkussionisten Carsten Schulte und Markus Vielhaber.

Ohrenweide und Augenschmaus

Kenner wissen: Das Auge hört mit. Daher ist das Konzert auch eine Show, mal festlich, mal komödiantisch, mal sind ungewöhnliche Instrumente nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen, ein Nagelbrett gehört dazu – und Plastikfässer.

Dahinter steckt ein kluger Kopf. Dirigent Scott Lawton erweist sich für die „Amicitia“ als Sechser mit Zusatzzahl. Der US-Vollprofi arbeitet mit Geduld und Leidenschaft, er kitzelt das Beste aus allen Aktiven heraus. Scott Lawton liebt Musik, er lebt sie, mit vollem Körpereinsatz. Gleich zu Beginn setzt Scott Lawton ein Ausrufezeichen. Seine Version des Film-Soundtracks „Fluch der Karibik“ hat Druck und Drive, von seinen „Star Wars“-Motiven ganz zu schweigen. An diesem Wochenende ist die Macht mit ihm.