Balve. Die Alte Gerichtsstraße in Balve soll fahrradfreundlicher werden - zu Lasten eines Parkplatzes. Steckt dahinter ein Grundsatz-Problem?

Es ist vorbei, und es hat ein schönes Ergebnis gebracht: das „Stadtradeln“ in Balve. Pfingstsonntag ging die dritte lokale Ausgabe des bundesweiten Umweltwettbewerbs in Balve zu Ende. Fast 99.000 Kilometer haben 366 Aktive heruntergekurbelt. Epizentrum des „Stadtradelns“ war das städtische Innenstadtbüro an der Alten Gerichtsstraße in Balve. Das „Stadtradeln“ will eine politische Botschaft aussenden: weniger Autoverkehr, mehr Bike-Kilometer. Genau dieses Ziel verfolgt auch die Planung für die Neugestaltung der Alten Gerichtsstraße. Doch im Ratsausschuss USB tat sich unerwartet ein Zielkonflikt auf. Vordergründig ging es nur um den Wegfall eines einzigen Parkplatzes. Dennoch steht dahinter ein Grundsatzproblem. Welchen Lösungsweg gibt es?

Sperrung der Alten Gerichtsstraße: Neugestaltung im Jahr 2015
Sperrung der Alten Gerichtsstraße: Neugestaltung im Jahr 2015 © WP

Die Neugestaltung der Alten Gerichtsstraße ist Bestandteil des Integrierten Handlungskonzepts (IHK), wie Hartmut Scharf vom städtischen Bauamt im Ausschuss in Erinnerung rief. Vorgesehen ist, die Fahrbahn-Gestaltung optisch zu vereinheitlichen. Für die Umsetzung des Maßnahmen-Pakets sollen Fördermittel fließen.

Achse Volksbank-Rathaus

Die Alte Gerichtsstraße – das sei Zugezogenen gesagt – verläuft der Volksbank an der Hauptstraße und dem Lohgerberhaus an der Einmündung zur Hoffmeisterstraße. Die Verbindung wird von Verkehrsteilnehmern vor allem genutzt, um zum Rathaus am Widukindplatz zu kommen. Die bisherige Verbundsteinpflasterung in Rot, Hellgrau und Anthrazit ist erst im Jahr 2015 verlegt worden. Die Straße ist als verkehrsberuhigter Bereich ausgeschildert: „Und das bleibt auch so“, wie Hartmut Scharf hinzufügte.

Der Verkehrsweg soll für Autos verengt werden – durch mehr Platz für Stadtbegrünung. Damit soll die Sicherheit von Fußgängern und Fahrradfahrern erhöht werden. Hartmut Scharf versprach, das neue Pflaster werde so verlegt, dass Fahrzeugnutzung selbst auf Dauer kaum Fahrspuren hinterlasse.

Von insgesamt acht Stellplätzen soll einer wegfallen. Die Stadtverwaltung beabsichtig, die Fläche künftig als Stellplatz für Fahrräder zu nutzen, drei Bügel in Mammut-Design. „Wir wollen den Fahrrad-Verkehr fördern“, sagte Hartmut Scharf. Das entspricht dem Grundgedanken des „Stadtradelns“. „Das sollte akzeptabel sein“, meinte er. Damit war die Diskussion jedoch keineswegs zu Ende. Im Gegenteil.

SPD-Fraktionschef Cay Schmidt merkte an, die Parkplatz-Breite von zwei Metern entspreche inzwischen nicht mehr den verbreiteten Fahrzeugmaßen: „Die Autos sind breiter geworden.“ Hartmut Scharf berief sich auf unveränderte Bauvorschriften. Zugleich meinte er, das Ordnungsamt könne kulant vorgehen.

Ausschuss-Vorsitzender Lorenz Schnadt sah den Wegfall des Parkraums im Zusammenhang mit anderen geplanten Baumaßnahmen. So wolle die Stadt bei der Neugestaltung der Garbecker Straßen ebenfalls Stellfläche für Fahrzeuge streichen. Fünf Parkplätze sollen wegfallen.

Lorenz Schnadt stellte zudem einen Zusammenhang mit der Untersuchung der Parkraum-Situation in Balve durch das Planungsbüro GeKomm her. Gekomm-Chef Eugen Bitjukov hatte dem USB in diesem März seine Methodik vorgestellt. Inzwischen hat er Anlieger, Gewerbetreibende und Einzelhandelskunden in der Innenstadt nach ihrer Sicht auf die Park-Situation befragt. Ergebnisse sind bisher aber noch nicht öffentlich gemacht worden. Lorenz Schnadt wunderte sich über das Verfahren, die Umgestaltung der Alten Gerichtsstraße noch vor Vorstellung der Parkplatz-Studie zu diskutieren.

Parkplätze vor der Innenstadt

Bürgermeister Hubertus Mühling entgegnete: „Wir wollen erst mal einen Beschluss haben, damit wir weiterplanen können. Das wird im nächsten Jahr umgesetzt.“ Zugleich sagte er, die Stadtverwaltung arbeite an einem Verkehrskonzept. Das Ziel sei, Parkplätze außerhalb der Innenstadt zur Verfügung zu stellen. Nebenher deutete er Gesprächsbereitschaft an: „Die Planung ist nicht in Stein gemeißelt.“

Laut Pendler-Atlas gab es 2020 täglich rund 1500 Einpendler nach Balve sowie fast 1400 Binnenpendler. Das Auto dürfte vorerst Verkehrsmittel Nr. 1 im Hönnetal bleiben. Vertreter des für Balve zuständigen Kreisjugendamtes berichteten dem Ratsausschuss ESDS, dass Jugendliche aus dem Stadtgebiet in einer Befragung nach wie vor den Nahverkehr als schlecht bewerten.

Der Ausschuss USB stimmte der Verwaltungsvorlage schließlich bei einer Enthaltung zu.

GRUNDSÄTZLICHE KRITIK

UWG-Ratsherr Heinrich Stüeken hat im Ausschuss USB die Neugestaltung der Alten Gerichtsstraße in Balve grundsätzlich in Frage gestellt. Er sagte, die Verkehrsverbindung sei erst im Jahre 2015 neugestaltet worden. Er sah die Pläne als Geldverschwendung an. „In der Hoffmeisterstraße waren wir in einer ganz anderen Situation“, sagte Stüeken. Die Straße habe saniert werden müssen. „Da haben wir gleich ‘was Neues gemacht.“ Er sei nicht gegen die Aufstellung von Fahrrädern und breiteren Grünbereichen, wohl aber gegen neues Pflaster.