Balve/Essen. Der Abwasserdeal zwischen Ruhrverband Essen und Stadt Balve hat sich für beide gelohnt. Jetzt kam ein Deckel drauf: ein goldener.
Eitel Sonnenschein überm Balver Rathaus. So war blau wie am Montagnachmittag hat sich der Himmel in den vergangenen Wochen selten gezeigt. Das Frühlingswetter passt perfekt zur Inszenierung. Der Ruhrverband Essen zeigt sich bei der Stadt Balve erkenntlich für einen für beide Seiten erfolgreichen Deal. Der kommunale Zweckverband spart Kosten durch zunehmende Zentralisierung von Kanalnetzen und Verwaltung. Die Übertragung des Balver Abwasserleitungsnetzes an den Ruhrverband spült umgekehrt rund 23 Millionen Euro in die Stadt-Kasse. So herrscht auch beim symbolischen Pressegespräch bei den Spitzen von Ruhrverband und Service-Tochter RWG, Stadtverwaltung und Ratsfraktionen eitel Sonnenschein.
Rückblende. Juni 2021. Das Stadtparlament tagt in Volkringhausens Schützenhalle. Damals herrschen noch Corona-Beschränkungen. Verbandschef Norbert Jardin erläutert den geplanten Deal. Der Ruhrverband kümmert sich ohnehin schon ums Balves Abwasser. Zwei Kläranlagen betrieb er. In Wocklum steht eine, die andere in Binolen. Der Ruhrverband will das städtische Kanalnetz übernehmen. Insgesamt 93 Kilometer Abwasserrohre sind im Stadtgebiet verbuddelt. Jardin skizziert ein Geschäft, das nur Gewinner kennt. Botschaft: Das Kanalnetz bleibt öffentlich. Der Ruhrverband ist kein gewinnorientiertes Unternehmen; er betreibt öffentliche Daseinsvorsorge.
November 2022. Die Aussicht auf Millionen für Netzübertragung und weiterer Gebührenhoheit zieht bei Politik und Verwaltung. Das Ratsvotum ist einstimmig.
Dezember 2022. Die Essener machen den Handel offiziell: „Die Stadt Balve hat ihre Abwasserbeseitigungspflicht gemäß § 52, Abs. 2 Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen auf den Ruhrverband übertragen. Nachdem auch die wasserwirtschaftliche Prüfung durch die Bezirksregierung vollzogen ist und die verbandsrechtliche Genehmigung durch das NRW-Umweltministerium vorliegt, tritt die Übertragung zum 1. Januar 2023 in Kraft.“
22. März 2023. Kämmerer Hans-Jürgen Karthaus gibt dem Rat den obligatorischen Quartalsbericht zur Lage des städtischen Haushaltes. Beiläufig erwähnt er, der Ruhrverband habe inzwischen einen Teilbetrag fürs Kanalnetz überwiesen: 10,3 Millionen Euro. Der Betrag sei als „Festgeld“ angelegt.
Fünfeinhalb Kilo Messing
Apropos legen. Timo Kölling vom Ruhrverband hat am Montag einen schweren Job. Er karrt den goldenen Deckel aus einem Dienstbulli zum Brunnen vorm Rathaus. Bürgermeister Hubertus Mühling legt auch Hand an. „Fünfeinhalb Kilo Messing“, sagt er über die Deko der Schachtabdeckung, ansonsten Gusseisen nach DIN EN 1090. Erstaunlicherweise ist neben dem Namen der Stadt Balve nicht als eigentliche, sondern das heimliche Wappen eingraviert: der Mammut. Der Ruhrverband hat zudem sein Motto verewigt: „Wissen. Werte. Wasser“.
Der Wert des Kanalnetzes ist beziffert. Es sei, wie Mühling betont, sein Geld wert. Dem Ruhrverband spendiert zur Feier des Tages ein gemeinsames Abendessen– in Eisborns Antoniushütte.
Ach ja, der Deckel. Nach dem Pressegespräch kommt das Erinnerungsstück im Rathaus in sichere Verwahrung. Kämmerer Karthaus: „Sonst haben wir morgen zwei.“
ABWASSERSYSTEM IN BALVE
Balves Kanalnetz umfasst 93 Kilometer. Abgeleitet werden Regen- und Schmutzwasser. Geklärt wird es in Anlagen in Wocklum und Binolen. Das Kanalnetz der Stadt gliedert sich in drei verschiedene Entwässerungsverfahren. Im Mischwassersystem werden 72 Prozent des Netzes betrieben. Jeweils 14 Prozent werden für regen- oder aber Schmutzwasser genutzt. Ferner gibt es zwei Tropfkörperanlagen, die Schmutzwässer der Ortsteile Leveringhausen und Horst reinigen. Zudem sind sechs Abwasserpumpwerken mit 2,1 Kilometer langen Druckleitungsnetz in Betrieb. Dazu kommen fünf Regenüberlaufbauwerke, ein Regenrückhaltebecken und ein Regenklärbecken. Der Betrieb läuft automatisiert. Bei Störungen wird die Leitwarte per 24-Stunden-Rufbereitschaft aktiv.