Volkringhausen. Das Interesse an Hochwasserschutz ist in Volkringhausen noch größer als in Langenholthausen. Was geplant, was erforderlich ist.
Wie kann Volkringhausen künftig besser vor Hochwasser geschützt werden? Wie zu Beginn der Woche in Langenholthausen hatte die Stadt auch hier zu einer Bürgerversammlung eingeladen. Thema waren konkrete Maßnahmen und ein möglicher Baubeginn schon im nächsten Jahr. Dabei lautete die Botschaft: Es kommt auf die Mitwirkung der Bürger an.
Bedrückte Stille herrschte in der Schützenhalle am Mittwochabend, als die Bilder und Videos, zusammengestellt von Jochen Smeets, aus dem Juli 2021 auf die Leinwand geworfen wurden. Erinnerungen an das verheerende Hochwasser, welches in Balve glücklicherweise im Gegensatz zur Flut im Lennetal oder an der Ahr keine Schäden an Leib und Leben verursacht, aber dennoch tiefe Spuren hinterlassen hat. „So ein 100-jähriges Hochwasser werden wir auch in Zukunft nicht verhindern können“, betonte Bürgermeister Hubertus Mühling gleich zu Beginn der Versammlung. Aber er stellte Maßnahmen vor, welche das Planungsbüro Wagu aus Kassel für die Stadt erarbeitet hat.
Zum selben Thema hatte es am Montag eine Zusammenkunft in Langenholthausen gegeben, wo das Interesse der Bürger riesig war mit 60 Gästen. In Volkringhausen mit deutlich weniger Einwohnern waren es nun fast 70, so dass man gleich aus der kleinen in die großen Schützenhalle umzog.
Fläche, Fläche, Fläche
Wasserwirtschaftsexperte Axel Sobirey erklärte, was seiner Einschätzung und Berechnung nach sinnvolle Maßnahmen von Sanssouci bis Volkringhausen wären. Denn alle Beteiligten, neben Sobirey und Mühling auch Hartmut Scharf vom städtischen Bauamt, betonten immer wieder den Gesamtzusammenhang, die komplette Betrachtung des Flusses. Alles, was oben am Fluss getan werde, lasse schließlich die Anwohner unterhalb profitieren, natürlich auch bis Menden. Konkret geht es darum, der Hönne mehr Platz zu geben. Axel Sobirey erläuterte, dass das flussabwärts von Sanssouci aus zunächst aus noch vor Ortsbeginn Volkringhausen flussseitig links geschehen soll. Rechts ist man durch die Bundesstraße begrenzt, gegenüber aber möchte man Retentionsflächen, also Überschwemmungsgebiet schaffen. Der Fluss soll wieder mehr mäandern dürfen, denn nicht nur die Wassertiefe muss im Katastrophenfall verringert, auch die Fließgeschwindigkeit verlangsamt werden.
Der Blick des Planungsbüros geht auch auf Engpässe, die den Fluss stauen können. Deshalb soll die kleine Stahlbetonbrücke unterhalb der Straße Zum Wieloh, nur für Fußgänger und Radler zugelassen, nach der Idee des Planungsbüros entfernt werden, erläuterte Axel Sobirey. Die endgültige Entscheidung darüber treffen natürlich Stadt und Politik. Sobirey erklärte, ein kleiner Umweg sei vertretbar im Allgemeininteresse. Weiter könnten Versorgungsleitungen an der Hönne höher gelegt werden, auch Fußwege.
Die Schaffung zusätzlicher Retentionsfläche zieht sich durch das Dorf, wo es immer um eine Aufweitung des Flussbettes, nicht aber um eine Vertiefung geht. Viele Flächen sollten dann erst ab einem bestimmten Pegelstand überspült werden.
Verbesserung deutlich spürbar
Dafür brauchen die Verantwortlichen die Mitwirkung der Bürger, konkreter der Grundstückseigentümer, unterstrich Stadtoberhaupt Mühling. „Wenn ich eine Fläche zur Verfügung stelle, helfe ich dem ganzen Dorf.“ Die Städte könne das notwendige Land kaufen oder pachten. „Erste gute Gespräche hat es zuletzt schon gegeben“, so Mühling weiter. Und es sollen einige noch folgen. Hartmut Scharf formulierte es für den Extremfall: „Wenn wir keine Flächen bekommen, passiert gar nichts. Das muss man so drastisch sagen.“ Noch mal Hubertus Mühling: „Wir brauchen Volumen, Volumen, Volumen.“ Genauso wurde auch darauf hingewiesen, dass jetzt schon Grundstückseigentümer in der Verantwortung stehen: Material im Garten wie zu nah am Fluss gelagertes Kaminholz, Gerätschaften bis zu ganzen Gartenhütten könnten bei einer Flut schnell zu Treibgut werden und Engpässe etwa an Brücken verstopfen.
Mühling berichtete von der 80-Prozent-Förderquote für Baumaßnahmen. Darauf sei die Stadt angewiesen, zudem stehe die Umgestaltung immer unter der Prämisse „naturnah“. Es müsse sehr viel Erde bewegt werden für den Hochwasserschutz, erklärte Mühling. Zum Zeitpunkt teilte er auf Nachfrage mit, dass die Stadt noch dieses Jahr die Förderanträge stellen möchte. Eine positive Rückmeldung sei sehr wahrscheinlich. „Das Geld ist auch da.“ Im besten Fall könnte ab Spätsommer/Herbst 2024 gebaut werden. Wie viel Verbesserung im Hochwasserfall, also um einen wie viel Zentimeter niedrigeren Pegel all die Maßnahmen bringen, wollte ein Zuhörer wissen. Das sei im Moment noch unmöglich zu beantworten, sagten die Beteiligten. Schaffe man sehr viel Überflutungsfläche, sei das Ergebnis aber spürbar.
MASSNAHMEN-PAKET
Hartmut Scharf vom städtischen Bauamt berichtete von weiteren Maßnahmen zum Schutz vor Hochwasser an der Hönne im Balver Stadtgebiet. Eine soll schon nach den Osterferien starten: im Abschnitt von Garbeck bis zum Schulzentrum startet also in Kürze die Renaturierung. Weitere Maßnahmen sind im Bereich Helle/Höhle geplant, wo der Fluss ebenfalls mehr Platz bekommen soll.
Das Jahrhundert-Hochwasser am 14. Juli 2021 hat im Balver Stadtgebiet Millionenschäden an privatem Eigentum und öffentlicher Infrastruktur angerichtet. Überraschend traten auch kleine Hönne-Zuflüsse wie Borke und Wellingse über die Ufer. Die Unwetterzelle lag damals an der Grenze zwischen Balve und Neuenrade. Deshalb ist sind Retentionsflächen auch in Langenholthausen vorgesehen.