Balve. Sie sind Jäger der verlorenen Archivschätze: Balves Familienforscher. Burkhard Wendel erzählt von Frust und Lust.
Sich auf die Suche nach Herkunft und Familiengeschichte zu machen, reizt immer mehr Menschen. Dass Familienforschung eine spannende Sache sein kann, geradezu Detektivarbeit, kann einer erzählen, der diese Leidenschaft seit fast 50 Jahren nachgeht. Der pensionierte Eisenbahner Burkhard Wendel betreibt dieses spannende Hobby, seit dem er im zarten Alter von 15 Jahren bei Gesprächen mit erwachsenen Familienmitgliedern auf den Geschmack gekommen ist.
Das sei viel Arbeit, die ihn schon manche Nacht gekostet habe, erklärt Wendel bei einem Besuch im heimischen Wohnzimmer. „Früher war das ja noch so, dass kaum einer einen Fernseher hatte. Da haben sich oft die älteren Familienmitglieder regelmäßig getroffen, und es wurde meist über alte Zeiten sich unterhalten“, erinnert sich der Garbecker. Bereits da merkte Wendel, dass ihn die Geschichten über die alte Zeit sehr neugierig machten. „Da hab ich dann immer sehr aufmerksam zugehört, weil mich diese ganzen Geschichten einfach sehr stark interessiert haben. Da kam auch schon der Gedanke auf, einmal zu forschen, woher ich genau abstamme. Was hatte ich für Vorfahren, wie haben diese gelebt, und was haben die so gemacht?“
Ältere Familienmitglieder sind „eine gute Informationsquelle, um an viele Informationen der Vergangenheit zu kommen“. Warum? „Hier können auch alte Familienfotos sehr hilfreich sein. Ich selber habe viele alte Bilder sortiert und mir alle Personen, den Ort, wo das Bild gemacht wurde, und den Anlass auf Karteikarten notiert und mir dadurch sehr viel wichtige Informationen gesichert. Das ist eine gute und sichere Basis, um mit den Nachforschungen zu starten.“
Loblieb aufs Internet
Wendel singt auch ein Loblied auf das Internet: Das Internet könne ein Fluch sein. Aber hier helfe es bei der Forschung bei den jeweiligen Seiten diverser Anbieter, die sich auf eine Erforschung seines Stammbaums spezialisiert haben. „Heutzutage ist die Familienforschung durch das Internet wesentlich erleichtert. Früher musste ich mir viele Informationen aus alten Kirchenbüchern mühsam zusammensuchen. Dafür bin ich öfters in das Kirchenbucharchiv der Katholischen Kirche nach Paderborn gefahren. Da werden die Bücher, auch aus Balve, zentral gesammelt und archivgerecht gelagert und heute auch digitalisiert.“ Leider seien viele dieser Bücher nicht mehr komplett, weil der Zahn der Zeit ihnen zugesetzt habe. Wendel weiter: „Manche Informationen wurden leider auch mutwillig oder durch Unwissenheit zerstört, sodass sich manchmal dort Lücken über eine ganze Generation aufmachen. Viele dieser Bücher wurde im Laufe der Jahre abfotografiert und werden jetzt nach und nach ins Internet gestellt.“
Eine große Hilfe sei zudem die Internetseite „Family Search“, welche von den Mormonen betrieben werde. Nach deren Lebensphilosophie haben die eigenen Vorfahren eine sehr große Bedeutung. Dort sei es obligatorisch, dass man Ahnenforschung betreibe. In ihrem Hauptsitz in Salt Lake City, US-Staat Utah, gibt es bei ihnen das wohl größte Archiv weltweit, wo auch die digitalen Bücher aus Deutschland vorhanden sind. Diese Bücher sind kostenfrei auf der Website einsehbar. In Deutschland besitzt diese Glaubensgemeinschaft auch ein paar Forschungsstationen. Eine davon ist in Dortmund. „Das Ganze wird dort ehrenamtlich betrieben und die Mitarbeiter sind immer sehr hilfsbereit“, weiß Wendel.
Aber auch die Website der Katholischen Kirche liefert für viele Informationen bei der Suche nach seinen Wurzeln. „Die Kirche bietet auch eine kostenlose Seite an, die mir schon viele wichtige Informationen gebracht hat.“
Neben Wendel zeigen immer mehr Menschen Interesse an der Ahnenforschung: „Das sind meistens Menschen ab Mitte 40, welche mehr über ihre Abstammung wissen möchten. Bei unseren Ahnenforschertreff sehe ich vermehrt einen Zulauf. Das freut mich natürlich sehr, dass dieses auf immer mehr Interesse stößt.“
Loblied auf Fotoabzüge
Ein großes Problem werde die nächste Generation von Forschern haben, wenn es um Fotos geht. „Früher wurden ja Bilder gemacht und entwickelt und meist in ein Album geklebt. Heutzutage machen die meisten ja nur noch digitale Bilder auf ihrem Smartphone. Kaum einer Druckt diese Bilder noch aus und sichert sie damit. Viele dieser Bilder auf dem Telefon sind irgendwann nicht mehr da und Geschichte. Zwar sind manche dieser Bilder im Internet irgendwo noch auffindbar, weil das Netz vergisst nichts, aber das analoge Bild fehlt. Ich selber habe hier zum Teil noch Bilder, die über 100 Jahre alt sind und sich in einem perfekten Zustand befinden. So ein Bild kann mehrere Generationen überleben, währenddessen Daten vielleicht verschwinden.“