Balve. Drei Politiker, ein Thema, viele Fragen. Beim Kolpingforum ging’s um die Zukunft der Innenstadt. Was am Ende offen blieb.
Lebhafte Diskussionen, vielfache Einigkeit, aber auch parteipolitische Spitzen: Das Kolpingforum debattierte über die Zukunft des Hauptschulgebäudes. Die letzten Schüler sind weg, aktuell leben ukrainische Flüchtlinge im Hauptschulgebäude. Aber was kommt danach? Kürzlich ist eine Bürgerbefragung der Stadt Balve zu Ende gegangen. Am Montagabend diskutierten beim Kolpingforum im Pfarrheim Lorenz Schnadt von der UWG, Cay Schmidt von der SPD und Matthias Streiter von der CDU, der kurzfristig den Fraktionsvorsitzenden Alexander Schulte vertrat mit Bürgern. Streiter ist Balves Ortsvorsteher und Bauausschuss-Vize.
Einigkeit herrschte darüber, die Neugestaltung des Geländes in ein Gesamtkonzept der Innenstadtentwicklung zu stellen. Weiter betonten die Vertreter auf dem Podium, dass die Stadt alleine so ein Großprojekt nicht stemmen könne und auf Fördermittel zurückgreifen müsse. Und schließlich, so hob etwa Lorenz Schnadt hervor, sei eine Entscheidung auch schon gefallen: „Der Kindergarten hier kommt definitiv.“ Ansonsten sei vieles offen.
Matthias Streiter sprach über das CDU-Vorgehen, die als erstes die Bürger zu einem Ideenwettbewerb aufgerufen hatten. Schließlich hatten mehrere Architekturbüros Vorschläge geliefert: Kindergartenneubau, Mensa für die Realschule und Mehrzweckraum oder Bürgerhaus.
Kritik und Konter
Lorenz Schnadt und Cay Schmidt beklagten den Alleingang der CDU. Unisono sagten beide, dass man zunächst eigentlich eine mündliche Vereinbarung getroffen habe, das Thema Hauptschulgelände aus dem letzten Kommunalwahlkampf herauszuhalten. Die Christdemokraten seien indes mit ihren Vorschlägen vorgeprescht. Die Bezirksregierung habe die Mehrheitsfraktion aber zurückgepfiffen und mehr Bürgerbeteiligung eingefordert. Das war mit der kürzlich zu Ende gegangenen Online-Befragung geschehen.
Nachfrage aus dem Publikum, wann sich die Bürgerschaft über die Ergebnisse informieren kann? Mutmaßlich im nächsten Bauausschuss am 7. März, hieß es.
Dass ein Interesse an dem Thema Hauptschulgelände da ist, beweist die außergewöhnliche gute Teilnehmerzahl mit gut 60 Zuhörern. So sollten sich die Bürger dann auch gerne im weiteren Prozess einbringen, appellierten die drei Politiker. Die Ausschuss- und Ratssitzungen sind schließlich öffentlich, Bürger haben ein Fragerecht.
Trotz der Kritik am Vorgehen der Union, so sahen Schnadt und Schmidt auch Gutes in den CDU-Vorschlägen. An diesem Abend selbst am konkretesten wurde Cay Schmidt. Er warb für die Idee eines großen Mehrzweckraumes, wie ihn auch die CDU vorschlägt: „So ein offenes Angebot gibt es sonst nicht in Balve.“ Alle anderen Räume im Ort seien entweder nicht groß genug oder anders eingeschränkt in der Nutzung.
Einig war man sich, dass die Realschulaula, bisher Provisorium für Großveranstaltungen, künftig wieder anders genutzt werden solle – nämlich durch die Schule. Schmidt wünscht sich die Errichtung eines überparteilichen Arbeitskreises.
Streiter blickte zurück, die CDU habe im Rahmen ihres Aufschlags auch schon viele Vereine angesprochen. Und überhaupt konterten Christdemokraten im Publikum die vorherigen UWG- und SPD-Kritik, irgendwer habe ja mit dem Projekt erstmal anfangen müssen. Auch sah Streiter wie Schmidt die Notwendigkeit eines großen Mehrzweckgebäudes, mit womöglich 300 oder 350 Plätzen. „Diese Größenordnung sollte ausreichend sein.“
Höhle mit Alleinstellungsmerkmal
Die Höhle besitze dennoch ein Alleinstellungsmerkmal; sie solle weiterhin regelmäßig für Events genutzt werden.
Allzu weit wollten sich alle Politiker nicht aus dem Fenster lehnen. Der Bürgerwillen sei maßgeblich. Der Prozess stehe ganz am Anfang.
Dann kam die Frage nach einem möglichen Zeitplan unter den Zuhörern auf. Lorenz Schnadt sprach Klartext, mit Blick darauf, dass aktuell das Hauptschulgebäude zur Unterkunft ukrainischer Flüchtlinge gebraucht werde und die Stadt auch sonst keine alternative Unterbringung zur Verfügung habe. „So lange Krieg ist in der Ukraine, passiert hier nichts. Das ist klar.“ Auch Matthias Streiter hatte vorher schon betont, man dürfe letztlich froh sein, dass alte Schulgebäude noch zur Verfügung zu haben für die Unterbringung. Nachdem Lorenz Schnadt betont hatte, einige Jahre werde man sich mit der Umgestaltung auch noch gedulden müssen, und zudem sei nicht klar wie eine öffentliche Förderung ausfalle, nahm das hörbar etwas die Luft aus der Diskussion im Pfarrheim.
Einzelhandel und Gastronomie
Bereits zuvor hatte es Stimmen gegeben, doch die ganze Innenstadtentwicklung in den Blick zu nehmen, auch den Einzelhandel. Zuhörer Matthias Camminady, Klimatechnik-Unternehmer, bezweifelte, dass das Hauptschulgelände noch der Balver Innenstadt zuzurechnen sei: „Um die eigentliche Innenstadt mache ich mir viel mehr Sorgen.“ Ein weiterer Besucher, Heinz Friedriszik, Gastronom, befürchtete, ein neues Bürgerhaus am Krumpaul könnte der Balver Gastronomie weh tun. Da sollte aber unbedingt vermieden werden, betonten die Kommunalpolitiker vorne auf dem Podium. Rüdiger Schwarz von der Dritte-Welt-Gruppe hatte zuvor angeregt, auf dem Schulgelände auch sozialen Wohnungsbau zu etablieren.
So öffnete sich der nächste Diskussionsstrang. Moderator Engelbert Falke und andere Diskussionsteilnehmer waren sich nach über eineinhalb Stunden lebhaften Austausches einig, das Thema der gesamten Innenstadtentwicklung könnte einen eigenen Abend füllen. Vielleicht wird man das zu gegebener Zeit auch noch anbieten.
Im März jedoch wird der thematische Bogen weiter gespannt. Am Montag, 6. März, 19.30 Uhr, referiert Dr. Michael Pfister von der Uni Münster im Balver Pfarrheim wird über das schwierige Verhältnis von Katholiken und Juden im 20. Jahrhundert.