Balve. Immer wieder treten Bäche und Flüsse über die Ufer und verursachen große Schäden. Die Stadt Balve arbeitet an einem neuen Konzept.

Idyllisch und unscheinbar. Doch bei Starkregen nicht ungefährlich: Kleine Bäche, Zuläufe zur Hönne, die sich am 14. Juli 2021 in reißende Ströme verwandelten. Pläne für Hochwasserschutz gibt es nicht erst seit gestern. Flussnebenläufe wurden jedoch bislang kaum in Betracht gezogen. Das soll sich ändern. Jetzt sollen hier sogenannte Retentionsflächen entstehen um Wasser aufzuhalten.

Neues Konzept entwickeln, um Menschen zu schützen

Für den Garbach in Garbeck, die Wellingse und die Orle in Langholthausen werde aktuell ein Gewässerentwicklungskonzept erarbeitet, teilt Hubertus Mühling mit, der vor seinem Amt als Balves Bürgermeister Wasserbauingenieur war. Am Ende des Tages sei die Stadt aber auch auf die Kooperation privater Grundstückeigentümer angewiesen, denn ein Großteil der Wiesen gehöre ihnen.

„Der Mensch ist leider so veranlagt, dass er solche Katastrophen zu schnell wieder vergisst“, sagt Mühling mit Blick auf die Jahrhundertflut im vergangenen Sommer, die auch Balve schwer getroffen hatte. Um dem zu begegnen sei es ihm ein Anliegen gewesen, „das Thema schnell zu besetzen und in Planung zu gehen“. Ein solches Extremwetterereignis komme in Zeiten des Klimawandels schneller wieder, als gedacht.

Nach Flut: Pläne verschärft – Gewässern mehr Raum geben

Auch für Flüsse kleinerer Größenordnung wie die Hönne, als Zufluss zur Ruhr, gibt es in Nordrhein-Westfalen ein Flussgebiets-Management – ursprünglich aus der ökologischen Intention heraus, die Gewässer wieder naturnah zurück zu bauen. „Schon seit längerem gibt es Überlegungen der Landesregierung zusammen mit der Bezirksregierung zu der Frage, wie man diesen Gewässern wieder mehr Raum geben kann“, so Mühling.

Im vergangenen Jahr, nach der Flutkatastrophe hätten sich Pläne verschärft, bei denen es darum ging, die Hönne in Abschnitten umzubauen, um dem Gewässer seinen natürlichen Lauf zu geben. „Was bei diesen ganzen Überlegungen aber nie in Betracht gezogen worden ist, ist die Schaffung von Retentionsflächen an den Zuläufen zur Hönne – weder aus ökologischer Sicht, noch vor dem Hintergrund des Hochwasserschutzes“, sagt Mühling. „Dabei sind es oft die kleinen Nebenläufe, die bei punktuellen Starkregenereignissen riesen Probleme verursachen.“ Man stelle sich nur einen Heuballen vor, der sich bei einer solchen Wetterlage vor einem Durchlassrohr in einem solch schmalen Gewässer festsetze: „Und schon haben Sie einen Propfen, der eine totale Wirkung entfaltet.“

Abhilfe schaffen soll Retentionsraum: Wiesen links und rechts des Flusses, in die Umflutgräben, Seitengräben und Flutmulden gebaggert werden. Gleich zwei Aufgaben erfülle das: „Die Fließgeschwindigkeit des Gewässers zu reduzieren, und Stauvolumen zu schaffen, um das Wasser im Hochwasserfall auffangen zu können, bevor es ins Dorf eintritt“, sagt der Bürgermeister.

Altes Schwemmland nutzen – Kooperieren mit Privatleuten

Die Wiesen um die es geht, seien altes Schwemmland eines Baches, der über die Jahrhunderte immer wieder seine Richtung wechselte – S-förmig „mäandrierte“, so Mühling. „Und der Mensch greift ein, kanalisiert ihn und macht ihn gerade. Ein Kernfehler, weil man damit die Fließgeschwindigkeit erhöht.“

Das Gewässerentwicklungskonzept für die Garbach in Garbeck, der Wellingse und der Orle in Langenholthausen, das die Schaffung solcher Retentionsflächen vorsieht, müsse noch mit den Aufsichtsbehörden abgestimmt werden. „Mit diesem konkreten und genehmigten Plan werden wir dann auch auf private Grundstückeigentümer zugehen“, erläutert Mühling das Vorgehen. Denn die Wiesen, um die es gehe, lägen in der Regel in Privateigentum. Zum Teil könnten sie noch weiter bewirtschaftet werden – auch wenn es dann Mulden und Senkungen gebe, die das an manchen Stellen ausschlössen. Für die Stadt bestehe die Möglichkeit ein Kauf- oder aber ein Pachtangebot zu machen, bei dem der Eigentümer nach wie vor über seinen Grund und Boden verfügen kann.

„Das ist etwas, das mich umtreibt“, bemerkt Mühling. Man können viel planen aber am Ende komme es auf die einzelnen Eigentümer an: „Darauf, dass die, zum Wohle der Allgemeinheit ihre Wiesen zur Verfügung stellen. Ihnen muss klar sein: So schütze ich das ganze Dorf vor einer nächsten Hochwasserwelle.“