Balve. Monster-Tief „Bernd“ richtete vor einem Jahr Millionenschäden im Balver Wald an. Wer bezahlt die Instandsetzung kaputter Wirtschaftswege?

Am Tag danach richteten sich alle Augen nach unten ins Tal. Monster-Tief „Bernd“ hatte am 14. Juli 2021 gewütet. Das Unwetter hatte sich langsam gesteigert von morgendlich sanftem Landregen zu einem Wolkenbruch, der mittags binnen einer Stunde 19,8 Liter Niederschlag pro Quadratmeter auf den Kohlberg herniederstürzen ließ – Rekord. Die Schäden in den Tallagen von Langenholthausen bis Garbeck, von Balve bis Volkringhausen waren unübersehbar. Doch eines wurde beinahe übersehen.

+++ SO WILL FÖRSTER RICHARD NIKODEM DEM KLIMAWANDEL TROTZEN +++

Die Wassermassen hatten im Stadtgebiet auch auf Waldwirtschaftswegen verheerende Schäden angerichtet. Während in den Tälern nichts mehr an das Jahrhunderthochwasser erinnert, sind die tiefen Rinnen in den Wirtschaftswegen nach wie vor sicht- und spürbar.

Per Pick-Up vor Ort

Förster Richard Nikodem vom Landesbetrieb Wald und Holz wollte es genau wissen. Mit seinem Pick-Up hat er im Bereich der Forstbetriebsgemeinschaft Balve Kilometer um Kilometer zwischen Binolen und Garbeck abgefahren – ganz gleich ob auf privatem oder öffentlichem Grund. „Die Erfassung für Balve ist abgeschlossen. Wir haben da eine knappe Million Schaden“, bilanziert der Forst-Fachmann.

+++ DARUM WILL FBG MELLEN-LANGENHOLTHAUSEN KEINEN FÖRSTER +++

Anschließend war er in Beckum, Mellen und Langenholthausen unterwegs, um Wegeschäden zu erfassen. Moment mal, das ist doch gar sein Gebiet, oder? Richard Nikodem beantwortete diese Frage, bevor sie gestellt wurde: „Das war das Gebiet von Ronja Martens. Aber sie ist ja jetzt weg.“ So übernahm Richard Nikodem die Aufgabe seiner ausgeschiedenen Kollegin kurzerhand selbst, unterstützt vom Geschäftsführer der Forstbetriebsgemeinschaft Mellen-Langenholthausen, Heinrich Drees. Zur Rede stehen Schäden in Höhe von 200.000 Euro.

"Bernd" zerstört Wirtschaftswege im Balver Wald durch tiefe Fahrrinnen. © Wald + Holz | Richard Nikodem

Die Daten gab Richard Nikodem an die Stadt Balve weiter. Die Stadtverwaltung steht in Kontakt mit der Bezirksregierung Arnsberg, „um das Okay zu holen für eine Ausschreibung.“ Das dauert. Der Wald-Experte erwartet, dass die Baumaßnahmen im Herbst starten. Bürgermeister Hubertus Mühling: „Jedes Verfahren ist kompliziert. Das ist dem Umstand geschuldet, dass man Betrug und Missbrauch ausschließen will.“ Finanziert werden die Arbeiten aus dem Wiederaufbaufonds des Landes Nordrhein-Westfalen. „Das ist der gleiche Topf, aus dem auch das Ahrtal bedient wird“, erläuterte Richard Nikodem.

„Eine Maßnahme ist jedoch davon ausgenommen. Das ist die Glashütte in Volkringhausen. Da gibt einen ganz kaputten Weg. Die Piste ist, im Gegensatz zu den übrigen beschädigten Wegen, nicht mehr befahrbar. Den Weg werden wir relativ zügig in Angriff nehmen. Diese Maßnahme befindet sich gerade in einer Ausschreibung“, erläuterte Richard Nikodem. Wodurch erklärt sich das höhere Tempo der Wege-Sanierung in Volkringhausen?

Nicht allein durch den schlimmen Zustand der Piste: Die Erneuerung des Weges an der Glashütte wird aus einem sogenannten Ad-Hoc-Fördertopf finanziert. Der Topf wird vom NRW-Innenministerium gefüllt. Die Fördergelder dienen der Instandsetzung von Waldbrand- und Rettungswegen. „In sechs Wochen spätestens werden wir an der Glashütte ans Bauen kommen“, erwartet Richard Nikodem. Wie läuft das Verfahren ab?

„Die Stadt muss die Arbeiten an verschiedene Unternehmer ausschreiben. Aber dann bin ich wieder im Spiel. Ich bereite die ganzen Ausschreibungsunterlagen, und ich muss die Bauleitung machen und auch die Bauabnahme“, erläutert der Fachmann vom Landesbetrieb Wald und Holz, „dann muss die Stadt die ganzen Rechnungen bezahlen beziehungsweise abrechnen mit der Bezirksregierung.“

Land zahlt alles

Sitzung des Balver Rates mit Bürgermeister Hubertus Mühling (Archiv): Er reicht die Anträge auf Zuschüsse für die Instandsetzung der Waldwirtschaftswege weiter an die Bezirksregierung.
Sitzung des Balver Rates mit Bürgermeister Hubertus Mühling (Archiv): Er reicht die Anträge auf Zuschüsse für die Instandsetzung der Waldwirtschaftswege weiter an die Bezirksregierung. © WP | jürgen overkott

Diese Form der Zusammenarbeit zwischen Kommune und Forstamt ist keineswegs ein lokaler Einzelfall; sie ist Standard in NRW. Was müssen Waldbesitzer machen?

+++ RONJA MARTENS - ERSTE FÖRSTERIN IM MK +++

„Gar nichts“, erwiderte Richard Nikodem knapp. Allerdings können sich Waldbesitzer aus Beckum, Mellen und Langenholthausen mit ihm in Verbindung setzen, um bisher nicht bekannte Schäden an Wegen zu melden. Angst vor einer Kostenbeteiligung müssen Forst-Eigentümer nicht haben. „Die Waldbesitzer kosten die Arbeiten nix; sie werden vom Land zu 100 Prozent bezahlt“, betont Richard Nikodem, „aber weil er Eigentümer ist, muss er auf jeden Fall seine Zustimmung geben, dass wir bauen dürfen.“