Beckum. Kinder haben Wünsche. Mehr noch: Sie haben Rechte. Die Kita Beckum nicht das ernst. Wie geht das?
Kinder haben Rechte. Sie dürfen sich etwas wünschen oder sagen, wenn etwas nicht gefällt und unangenehm ist. Klingt banal, ist es aber nicht. Und so wird dieses wichtige Thema im Beckumer Kindergarten gelebt und vermittelt.
Morgens gibt es eine Kinderkonferenz. Jedenfalls im Beckumer Kindergarten St. Antonius. „Wir haben das immer schon in unseren Alltag integriert“, sagt die Leiterin Anja Kremer zum Thema Kinderrechte. Weil es dieses Jahr aber ganz besonders im Fokus steht, haben Anja Kremer und Erzieherin Denise Tigges der WP einen Einblick gegeben, wie man dieses wichtige Thema mit den kleinen Menschen behandelt, die noch nicht lesen und schreiben können. Das Zauberwort heißt Kinderkonferenz, täglich, nur in den Ferien nicht, am kommenden Montag, 18. Juli, geht’s wieder los.
Puppen gegen Trecker tauschen
Die Kinder-Konferenz ist zu einem festen, geschätzten Ritual geworden. „Wir Erzieher haben dabei nichts zu sagen“, sagt Denise Tigges. Augenzwinkernd durchaus, aber es ist ihnen allen ernst hier, den Kleinen Verantwortung zu geben. Deshalb wechselt auch immer die Rolle eines Sprechers, gewissermaßen des Vorsitzenden der Konferenz. Besprochen wird, was eben so anfällt im Kita-Alltag und was den Kindern gerade wichtig ist. Zum Beispiel könnten Stofftiere und Puppen in den Räumen mal wieder gegen Trecker und Eisenbahn hin- und hergetauscht werden. „Die Kinder sprechen es auch an, wenn sich jemand ungerecht behandelt gefühlt hat“, berichtet Denise Tigges weiter. Die Großen können den Kleineren auch helfen, vermitteln.
Zudem werden in diesem Rahmen Ideen geschmiedet: Anja Kremer und Denise Tigges holen ein großes Plakat hervor. Viele braune Striche sind darauf gemalt, was Erde darstellen soll, außerdem zwei Bagger und Wege. Den technischen Anforderungen einer Planskizze oder eines Bebauungsplanes vielleicht noch nicht in jedem Fall genügend, zeigt das Stück Papier aber doch eine klare Vorstellung der Beckumer Kindergartenkinder, was auf ihrem Außengelände passieren soll: eine Buddelecke in der Erde. „Als die Kinder das gemalt haben, bin ich dazugekommen und habe mir alles zeigen lassen. Sie sind total stolz, dass sie daran mitwirken können“, unterstreicht Anja Kremer.
Denn das Projekt soll auch umgesetzt werden. Dass man keine Luftschlösser bauen kann, werden die Mädchen und Jungen aber auch lernen. Und, dass im Kindergartenalltag wie in der Politik manches seine Zeit braucht. „Mit den Älteren können wir auch über Sicherheit sprechen, dass nichts Spitzes, Gefährliches dabei ist. Und die Großen wissen auch, dass die Ecke für alle, also auch die Kleinen zugänglich sein soll.“ Bis hin zu den U3-Kindern.
Selbstbestimmung zieht Grenzen
Und dann ist da noch das wichtige Recht, über den eigenen Körper bestimmen zu können. Die Bedeutung möchte wohl kaum jemand bestreiten, ebenso wenig aber auch, dass es manchmal im Alltag gerade bei Kindern einfach übergangen wird. Meist nicht böswillig, aber gedankenlos. Ein Beispiel nennen die Erzieherinnen: „Oh wie süß“, findet man dann ein Kind und drückt ihm einen dicken Schmatzer auf. Ob das Kind überhaupt einverstanden ist, sollte man aber auch beachten. Und selbst die, die noch nicht sprechen können, würden ihre Gefühlslage deutlich äußern, unterstreicht Kita-Leiterin Anja Kremer. So darf man sich in Beckum zum Beispiel aussuchen, von wem man gewickelt werden möchte. Oder seine Vertrauensperson selber bestimmen, Unterstützung suchen, egal ob bei den Kindern oder im Team. Anja Kremer: „Es gibt dann auch diese schönen Erfolgsmomente, wenn ein Kind das andere fragt, ob irgendetwas okay ist, und wir dann merken dass auch etwas hängen geblieben ist.“ Das alles erfordert viel Reflexion des eigenen Verhaltens, öfter aber auch Geduld. Wenn das Kind die Schuhe nun einfach alleine anziehen möchte. Dann also sollte man als Erwachsener nicht sagen: Komm her, geht schneller, wenn ich das eben mache.
Immer wieder kommen einige Grundsätze zum Tragen: Kompromisse finden, Kindern Dinge erklären, warum etwas auch mal nicht funktioniert. Klar ist, wie Anja Kremer unterstreicht: Kinder haben Rechte, aber sie haben auch Pflichten. Keine Lust auf aufräumen jetzt gerade? Okay, dann aber später. „Wichtig ist, das wir bei allem die Eltern mitnehmen.“ Denn die Kinder würden sehr genau aufpassen, was sie in der Antonius-Kita im Rahmen der verschiedenen Projekte und Themenschwerpunkte so alles lernen. Und das Zuhause auch gerne anwenden. Anja Kremer augenzwinkernd: „Bis dann manche Eltern zu uns kamen und fragten, ob sie denn auch noch Rechte hätten.“