Balve. Schockdiagnose. Schwarzer Hautkrebs. Christine Stuhldreier-Hochstein leidet, kämpft. Inzwischen plant sie eine Selbsthilfegruppe für Balve.
Das Schicksal miteinander teilen, sich gegenseitig helfen. Die Balverin Christine Stuhldreier-Hochstein hat Hautkrebs und engagiert sich schon länger in der Selbsthilfe. Nun möchte sie auch eine Gruppe für Balve und Umgebung gründen.
Morgens halb zehn in Balve, nicht nur Mischlingsrüde Socke freut sich auf seine Gassirunde durch den Wald über den Schieberg. Christine Stuhldreier-Hochstein hat die Westfalenpost eingeladen, mitzukommen. Sie möchte von ihrem Schicksal berichten und davon, welche Folgen das für den Alltag hat. Nicht nur auf die Hunderunde. Denn die falle eben unterschiedlich groß aus, je nachdem wie es ihr gerade geht, berichtet die die Balverin. Heute ist es ein guter Tag, und am Ende wird man etwas über eine Stunde unterwegs sein, Hund und Frauchen. Nur an einer Steigung muss Stuhldreier-Hochstein verschnaufen, nach Luft schnappen.
Morgens schlapp, abends früh müde
„Ich fühle mich wie um 20 Jahre gealtert“, beschreibt sie ihre allgemeine Verfassung. Morgens beim Aufwachen oder spätestens beim Aufstehen könne sie erahnen, wie der Tag werde. Die 52-Jährige fühlt sich oft schlapp, kommt dann schlecht aus dem Bett oder verkriecht sich abends schon früh wieder hinein.
Auch depressive Phasen gebe es. Wobei es dann auch Ansporn ist, wenn der Hund seine Aufmerksamkeit und den Gassigang einfordert. Dazu kommen regelmäßig Übelkeit, Probleme mit dem Darm, auch das Kurzzeitgedächtnis hat etwas gelitten. Über den Arm trägt sie Stützstrümpfe, nach kurzer Zeit wird jede Tätigkeit schwer, bei der man den Arm beugen muss.
Christine Stuhldreier-Hochstein hat Hautkrebs. Die vielleicht gravierendste Folge all der beschriebenen Probleme: Die Balverin ist nicht mehr erwerbsfähig, kann also weder ihren erlernten Beruf als Medizinische Fachangestellte noch irgendeine andere Beschäftigung ausüben.
2019 bekam sie die Diagnose: schwarzer Hautkrebs, die schwerere der beiden Formen neben dem weißen. Dabei hatten der Balverin zuvor mehrere Hautärzte gesagt, das Hautanhängsel an ihrem Bauch sei nicht besorgniserregend.
Wichtig zu wissen ist Stuhldreier-Hochsteins Vorgeschichte, denn wenige Jahre vorher war bei ihr Brustkrebs, glücklicherweise in einem frühen Stadium, erkannt und mit OP und Bestrahlung behandelt worden.
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Danach bildete sich ein Hautanhängsel aus einem vorhanden Muttermal, welches ihr keine Ruhe mehr ließ und sich schließlich als malignes Melanom, Schwarzer Hautkrebs, herausstellte. Mittlerweile hat der Krebs gestreut, weil eine genauere Untersuchung zunächst nicht vorgenommen, als überflüssig abgetan wurde. Bei einer früheren Untersuchung und Behandlung wäre die Sache womöglich besser ausgegangen. „Und das Entfernen des Tumors dauert nur zehn Minuten.“
Neue Immuntherapie
Nun muss die 52-Jährige mit den Folgen, wie etwa der Erwerbsunfähigkeit, leben. Dabei hatte sie noch Glück: „Wäre der Hautkrebs ein paar Jahre früher aufgetreten, wäre ich heute vielleicht schon tot.“ So konnte sie nämlich an der Uniklinik Münster die noch sehr neue Immuntherapie machen.
as sich vielleicht sehr entspannt anhört, sind Infusionen mit schweren Medikamenten, die man alle drei Wochen bekommt und wonach man immer noch ein paar Tage komplett platt ist. Mit der Krankenkasse habe sie um diese Möglichkeit zunächst sehr hart ringen müssen. „Aber seit zwei Monaten bin ich therapiefrei“, freut sich Christine Stuhldreier-Hochstein.
Erstmalig wieder längerfristige Pläne
Und zum ersten Mal nach langer Zeit traut sie sich wieder, längerfristige Pläne zu machen. Für den Sommerurlaub etwa.
Ansonsten steckt sie Energie in die Selbsthilfegruppe, die sie nach Diagnose und Behandlung aufgefangen und die ihr viel Hilfe vermittelt hat: die Melanom Info Deutschland e.V.
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Mittlerweile ist Christine Stuhldreier-Hochstein Vorstandsmitglied, nimmt wie kürzlich wieder an Podiumsdiskussionen teil, knüpft Kontakte, organisiert, so weit möglich in Coronazeiten, Treffen. Durch ihren erlernten Beruf als Medizinische Fachangestellte kann sie viel Fachwissen mitbringen, weiß um rechtliche Fragen.
Gerade hier erhielten die Betroffenen wenig Verständnis und Hilfe, während das nahe Umfeld doch bei aller Zuneigung viele Folgen der Hautkrebserkrankung selber eben nicht komplett nachfühlen könne.
Deutschlandweit vertreten
Diese Selbsthilfeorganisation ist im Prinzip in ganz Deutschland aktiv, eine Gruppe hier vor Ort fehlt aber noch. Und deswegen möchte Christine Stuhldreier-Hochstein eine solche gründen. Zunächst will man sich am 23. Februar virtuell vor dem Computer treffen, aus bekannten Gründen. Demnächst aber sollen die monatlichen Treffen in einem Raum des Balver Gesundheitscampus stattfinden.
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Bedarf sieht die Initiatorin auf jeden Fall. „Ich habe auch Rückmeldungen und Anmeldungen aus dem Hochsauerland.“ Und sie appelliert an alle Menschen, das Thema Hautkrebs ernst zu nehmen, Vorsorge zu betreiben. Eine Untersuchung zur Früherkennung bezahlt die Krankenkasse regelmäßig bei allen Menschen ab 35 Jahren. Viel der Sonne ausgesetzt zu sein, kann ein Grund sein für die Erkrankung, aber nicht der einzig mögliche. „Es gibt viele falsche Vorstellungen über die Krankheit. Wir brauchen aber in der Gesellschaft mehr Bewusstsein für dieses Thema.“
Die Gründungsversammlung der Selbsthilfegruppe Yoko Sauerland (Yoko ist japanisch und bedeutet Sonnenkind, so nennen sich viele Selbsthilfegruppen, die aus der Online Selbsthilfegruppe „Diagnose Hautkrebs- wir lassen Dich nicht allein entstanden“ sind) soll am Mittwoch 23. Februar, von 18 bis 20 Uhr stattfinden. Bei Anmeldung über die Mail yoko.sauerland@freenet.de bekommt man den Link zur Videokonferenz zugeschickt. Die Treffen sollen dann immer am letzten Mittwoch im Monat stattfinden.