Balve/Menden.

Ziemlich viel Stress hatte ein Balver zuletzt mit seinen Nachbarn, spricht gar von einem „Terrorhaus“. Er soll dann schließlich im Mai letzten Jahres ausgerastet sein, weshalb er sich nun vor dem Amtsgericht Menden verantworten musste. Zu einem Urteil kam es aber noch nicht. Dafür gab es gute Gründe.

+++ ZEUGIN SORGT FÜR VERWIRRUNG VOR AMTSGERICHT MENDEN +++

Der heute 53-jährige Angeklagte, aktuell arbeitslos, lebte zuletzt in einem Mehrfamilienhaus in Balve – offenbar alles andere als konfliktfrei mit den anderen Bewohnern. Im Mai des vergangenen Jahres soll die Situation gleich mehrfach eskaliert sein. Das jedenfalls wirft die Staatsanwaltschaft dem Mann vor.

Zunächst soll er im Flur des Hauses seinen Nachbarn bedroht haben. Er werde ihn abstechen und auch seine Tochter fertigmachen, hieß es in der Anklageschrift.

Schaden im vierstelligen Bereich

Später am selben Tag soll der Angeklagte dann gegen mehrere Türen im Haus getreten und die Klingelleiste des Mehrfamilienhauses abgerissen haben. Schaden: etwa 1100 Euro. Noch teurer war dann eine weitere Tat, mit etwa 2000 Euro Schaden, als er ein Auto vor dem Haus zerkratzte.

Den zweiten Vorwurf gestand der Balver nun in der Verhandlung vor dem Mendener Amtsgericht, welches für Straftaten in Balve zuständig ist, auch ein.

Aber zu der Bedrohung berichtete er: „Das habe ich wirklich nicht gesagt. Auch wenn ich an dem Tag sehr wütend war. Ich versuche immer, ruhig zu bleiben.“

Der Streit, so der Angeklagte, gehe eindeutig von seinen Nachbarn aus, die ihn piesacken würden, wo es nur gehe. Von einem „Terrorhaus“ sprach er deshalb gar in der Beweisaufnahme. Nicht nur bekomme er wegen der Hellhörigkeit der Wände alles mit, wenn die Nachbarn etwa bewusst besonders laut seien. Auch seien sie schon in seinen Keller eingebrochen, hätten Kisten geklaut. „Und sie haben mein Handy geknackt und blockiert. Es wurde immer schlimmer.“

Deshalb sei es dann auch im Mai letzten Jahres zu diesem Wutausbruch gekommen, bei dem er das Auto eines Nachbarn zerkratzt habe, sagte der Angeklagte. Die Drohungen mit körperlicher Gewalt habe er nie ausgesprochen, unterstrich der Angeklagte noch einmal.

+++ SEXUELLE NÖTIGUNG: AMTSGERICHT MENDEN SPRICHT ANGEKLAGTEN FREI +++

Deshalb hatte er gegen einen Strafbefehl wegen dieser Taten, den er über 120 Tagessätze zu je 15 Euro bekommen hatte, auch fristgerecht Einspruch eingelegt.

Aber entsprechen seine Behauptungen über die Belästigungen im Mehrfamilienhaus auch den Tatsachen?

Der 53-Jährige gestand vor Gericht selber ein, dass er psychische Probleme habe, deshalb auch schon in Behandlung gewesen sei. Andere würden behaupten, er höre Stimmen. Ob das tatsächlich so sei, dazu gab der Balver in der Verhandlung keine klare Antwort.

+++ CORONA-PANDEMIE BEEINFLUSST AMTSGERICHT MENDEN +++

Das Gericht aber und auch sein Verteidiger sowie der Staatsanwalt wollten das Verfahren nicht einfach weiterlaufen lassen, ohne den Mann zuvor auf seinen psychischen Zustand zu überprüfen. Die Frage stellt sich allen, ob er überhaupt verhandlungsfähig ist. Denn seine Aussagen waren nicht immer für die Beteiligten nachvollziehbar.

Zeugen nicht eingeladen

Und ohne Zeugen, die mutmaßlichen Opfer etwa, die aber zum Termin alle nicht geladen waren, komme man sowieso nicht weiter, erklärte die Vorsitzende Richterin. Und eine Einstellung des Verfahrens, etwa gegen eine Geldauflage, komme für sie auch nicht in Frage weil der Angeklagte bereits dreimal vorbestraft ist. So kommt nun erstmal ein Gutachter zum Zug, wird sich mit dem 53-Jährigen beschäftigen.

Aus dem Haus in Balve, so erklärte der Mann abschließend noch, sei er mittlerweile ausgezogen; er wohne in einer anderen Stadt.

INFO

Psychologische Gutachten dokumentieren nach Angaben der Fern-Universität Hagen Diagnose und Weg hin zu einer Beurteilung. Sie dienen der Beantwortung einer konkreten Fragestellung, für die psychologisches Fachwissen erforderlich ist. Dabei werden wissenschaftlich anerkannte Methoden und Theorien nach feststehenden Regeln der Gewinnung und Interpretation von Daten angewendet.

Die Empfehlungen von psychologischen Sachverständigen unterstützen Entscheidungsfindung auftraggebender Instanzen wie Gerichte, Behörden oder Versicherungen.