Balve. Regierungspräsident Vogel findet Kultur wichtig – wie vom Festspielverein Balver Höhle. Zudem wirbt er für einen TV-Kommissar aus dem Sauerland.

Regierungspräsident Hans-Josef Vogel (65) gilt als Freund der Kultur. So ist er Schirmherr des Festspielvereins Balver Höhle. Doch gerade die Kultur hat unter den sozialen Nebenwirkungen der Corona-Pandemie so stark gelitten wie sonst nur wenige Bereiche.

Sie sind mit dem Auto von Arnsberg gekommen. Was haben Sie auf dem Weg nach Balve gemacht?

Hans-Josef Vogel Ich habe telefoniert. Es ging um Corona und Schulen. Erstaunlicherweise gab es keine Abbrüche. Die digitale Infrastruktur scheint hier zu stimmen.

Es dreht sich etwas zum Besseren.

Balve, Theaterstück
Balve, Theaterstück "Der dressierte Mann": Die Darsteller: v.l. Chris Perschke, Katharina Butterweck, Regisseurin Marie Neuhaus-Schwermann, Thomas Riedel und Michaela Butterweck © Peter Müller | Peter Müller

Es wird ja auch viel gemacht. Der Märkische Kreis hat viel investiert, auch der Hochsauerlandkreis. Wir haben in der Flächenregion aufgeholt im Vergleich zu den Ballungsgebieten.

Hören Sie bei Ihren Dienstfahrten auch mal gelegentlich etwas anderes als die Stimmen von Mitarbeitern oder anderer Anrufer?

Nur wenn ich in den Urlaub fahre. Dann werfe ich auch mal ein Hörbuch. Letztens habe ich die Biografie vom Profi-Fußballer Zlatan Ibrahimović gehört: super Biografie.

Das Auto ist ein rollendes Büro.

Krimiautorin Kathrin Heinrichs kommt aus Langenholthausen
Krimiautorin Kathrin Heinrichs kommt aus Langenholthausen © KATHRIN HEINRICHS

Durch das mobile Arbeiten ist das sogar noch verstärkt worden. Mit dem iPad kann man wunderbar mobil arbeiten. Früher war das anders. Wenn man auf einem Block geschrieben hatte und in eine Kurve kam, blieb am Ende nur noch Gekrakel.

Sie waren früher Verwaltungschef des MDR. Wenn ich Fernsehfilme gucke, sehe ich unheimlich oft Regionen wie die Eifel. Was mir fehlt, ist das Sauerland.

Positiv aufgefallen ist mir eine Talkshow, in der (Moderator Markus, Red.) Lanz eine elektronische Ladestation von Mennekes gezeigt hat. Sie war groß im Bild. Das war ein Bild des Sauerlandes, das war gute Werbung für die Region.

Stimmt für das Informationsfernsehen. Bei der Fiktion sieht es anders aus. Was kann man tun, um das Sauerland als TV-Schauplatz anzuschieben?

Mein Vorgänger Dr. Bollermann hat mal über Sauerland-Krimis nachgedacht. Da könnten wir mehr machen. Ein Sauerland-Kommissar wäre gar nicht so schlecht, als Alternative zu Münster und Dortmund.

Das Thema Sauerland-Krimi passt gut zu Balve. Mit Kathrin Heinrichs haben wir eine Autorin, die von ihren Krimis bisher weit mehr als 100.000 Exemplare verkauft hat.

Es gibt gute Krimis aus dem Sauerland: Das muss ich sagen. Das sollte mal aufgegriffen werden. Es wäre spannend, damit man die Region versteht.

Sie haben einen persönlichen Bezug zu Balve. Sie sind Schirmherr des Festspielvereins Balver Höhle, der dieses Jahr 100 wird. Wie ist der Kontakt entstanden?

Münster ist im Fernsehen sehr präsent: der Pathologe Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers,links) und Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) an ihrem Wirkungsort Münster. Regierungspräsident Hans-Josef Vogel wirbt für einen Sauerland-Kommissar.
Münster ist im Fernsehen sehr präsent: der Pathologe Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers,links) und Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) an ihrem Wirkungsort Münster. Regierungspräsident Hans-Josef Vogel wirbt für einen Sauerland-Kommissar. © WDR/Michael Böhme

Ich bin gefragt worden, ob ich die Schirmherrschaft übernehme, und ich war schon immer Anhänger der Freilichtbühnen. Eine Freilichtbühne so wie hier ist ein Geschenk für eine Stadt und für die ganze Region. Aus zwei Gründen: 1. Diese Bühnen machen Veranstaltungen. Der Festspielverein hat kürzlich den „Dressierten Mann“ gezeigt. 2. Diese Bühnen machen aber auch Kultur. Diejenigen, die spielen, müssen sich mit Literatur auseinander setzen. Junge Leute lernen in Rollen zu denken, üben sie, spielen sie. Dann ist es ein Zusammenspiel von Jung und Alt. Ein Theaterstück funktioniert nur, wenn man ein Team hat: Man lernt also Teamarbeit. Und: Man lernt etwas über Maske, Ausstattung, Licht. Und das wird ehrenamtlich organisiert. Das finde ich sensationell.

Welche Rolle spielen die übrigen Kulturvereine fürs Stadtleben?

Ich habe mir das auf der Fahrt nach Balve mal angeguckt. Wir haben hier 35 kulturtragende Vereine, dazu kommen Brauchtumsvereine wie die Schützenvereine. Und dann muss ich noch mal den Festspielverein erwähnen, der ja auch Fremdveranstaltungen reinholt.

Der Festspielverein übernimmt eine Aufgabe, die in anderen Städten vom Kulturamt gestemmt wird.

Kleine Städte können das oft nicht leisten. Wobei ich sagen: Kultur ist eine Pflichtaufgabe einer Kommune. Dann müsste sie grundsätzlich auch vernünftig finanziert werden. Ich habe das auch in meiner neuen Funktion beobachtet: Wenn gespart werden muss, wird oft an der Kultur gespart. Das ist schade. Denn Kultur ist ein Lebensmittel, prägt einen Ort, schafft Identitäten., bedeutet Lebendigkeit. Dann ist in einer Stadt was los.

Wirtschaftsexperten sagen inzwischen: Kultur ist ein weicher Standort-Faktor. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Wir unterschätzen das oft. Kultur ist in den ländlichen Regionen nicht nur wichtig für diejenigen, die sie machen. Für Familien ist Kultur auch wichtig. Wir müssen informelle Angebote für junge Leute anbieten. Da können wir alle noch mehr machen. Das Land hat ein Programm aufgelegt, das heißt „Dritte Orte“. Man konzentriert verschiedene Funktionen an einem Ort: Kultur, soziales Engagement, Vereine, Veranstaltungen. Kultur braucht Engagement, und Kultur braucht Räume.

Da denke ich an das Quartier an der Hönne. Beim Ehrenamt sehe ich eine schwierige Entwicklung: Es gibt immer Pendler, die abends zu schlapp fürs Ehrenamt sind. Was kann man da tun?

Ich finde, wir müssen da mehr auf die Jüngeren setzen, auch auf Schülerinnen und Schüler. Wir haben bei der Klimaschutzbewegung gesehen, wie toll sich Jüngere engagieren können.