Balve. Der Corona-Lockdown und die Folgen machen dem Einzelhandel in Balve schwer zu schaffen, sagt Fachhandels-Vorsitzender Daniel Pütz.
Verunsicherung, Ärger und Enttäuschung prägen aktuell die Stimmung unter Balver Einzelhändlern. Das ist der Eindruck von Daniel Pütz, dem Vorsitzenden des Balver Fachhandels. Die Unsicherheit betreffe die weiterhin offene Dauer des Lockdowns, der heimische Händler zu Schließung und Untätigkeit zwingt. Verärgert seien viele in der Frage der Entschädigungen durch Land und Bund, die nicht reibungslos verlaufe. Für Enttäuschung sorgten die vielfach wenig erfolgreichen Versuche, lokale Online-Portale zu etablieren.
Pütz wagt zum Lockdown keine Prognose
Beschlossen ist es bisher zwar noch nichts, aber die Möglichkeit besteht, dass aufgrund der weiterhin hohen Covid-19-Infektionszahlen der bestehende Lockdown über den 31. Januar hinaus verlängert werden könnte. Welche Folgen dies auf lange Sicht für Handel und Gewerbe in Balves Zentrum haben wird, ist laut Daniel Pütz derzeit noch nicht absehbar. „Man könnte jetzt sicherlich den Teufel an die Wand malen, aber Prognosen irgendeiner Art abzugeben, macht wenig Sinn. Viel mehr kann man zurückschauen, auf das was funktioniert hat und was nicht seit Corona kam."
Seit fast einem Jahr fehlt der Austausch
Was die jüngsten Aktivitäten des Werbevereins Balver Fachhandel angehe, so sei das Angebot, den Balve Gutschein zu Weihnachten auch online anzubieten, angenommen worden. Weiterhin sei man mit der „Adventsmeile“, der abgespeckten Variante des Weihnachtsmarktes, gut gefahren. „Die 'Geben-und-Nehmen'-Hütte' des Angebots soll auch weiter stehen bleiben - bis Karneval“, sagt Daniel Pütz. Weitere gemeinsame Angebote der Werbegemeinschaft seien zurzeit nicht in Planung. Das liege natürlich auch daran, dass der gegenseitige Austausch unter Corona gelitten habe: „Die regelmäßigen Stammtischtreffen des Balver Fachhandels finden quasi seit Februar 2020 nicht mehr statt."
Schuhhaus Schneider war letzter großer "Kistenschieber"
Doch nicht nur der Lockdown an sich bereite den Balver Händlern Probleme. Der Online-Handel und Amazon seien weiterhin die größte Konkurrenz der stationären Geschäfte in der Stadt. Und das, obwohl es in Balve keine sogenannten „Kistenschieber“ mehr gebe – also klassische Betriebe, die durch Ein- und Verkauf von Waren und Beratung vor Ort ihre Existenz sichern. Jüngst habe Balve mit der Schließung des Schuhhauses Schneider an der Hauptstraße den letzten großen Vertreter aus diesem Handelssegment verloren.
Online-Lieferdienst "zu kompliziert und aufwändig"
Auch sei die Idee, den stationären Fachhandel mit seinen Waren und Dienstleistungen verstärkt ins Internet zu bringen, wie es durch die Kooperation mit dem Arnsberger Online-Lieferdienst Flobee angedacht gewesen war, laut Pütz bisher nicht so aufgegangen, wie man anfangs erhofft habe. Zwar sei grundsätzlich die Bereitschaft der Händler vorhanden gewesen, die Plattform der Fremdfirma als lokalen Marktplatz zu nutzen und deren Lieferservice in Anspruch zu nehmen, aber die Händler hätten sich beim Einpflegen der Angebote schwergetan. „Das System hatte sich als kompliziert und zeitaufwändig entpuppt, sodass die meisten es schnell wieder fallengelassen haben. Die haben eh anderes im Moment um die Ohren", sagt Daniel Pütz.
Lieferketten können unverhofft reißen
So wachse zunehmend der Unmut bei den Gewerbetreibenden. Sollten sich Befürchtungen bewahrheiten, dass der Lockdown bis Ostern verlängert wird, wäre das laut Pütz fatal. „Keiner weiß derzeit mehr, was nun Phase ist. Man kann nicht absehen, ob sich auf lange Sicht der unternehmerische Erfolg wieder einstellt. Da wird Unsicherheit geschürt“, erklärt Pütz. Selbst wenn man als Gewerbetreibender bisher halbwegs gut durch die Krise gekommen sei, so könnte man nicht davon ausgehen, dass es Geschäftspartnern genau so ginge. Unverhofft könnten durch die Corona-Krise schließlich Lieferketten zusammenbrechen.
Hin und Her sorgt für Frustration
Der Frust der Selbständigen wachse überdies durch "Schnellschüsse" der Bundes- und Landespolitik zusehends: „Gastronomie wie auch Handel hatten im Sommer in Hygiene- und Abstandskonzepte kostenintensiv investiert, um die Betriebe wieder ans Laufen zu bekommen. Im Winter hieß es dann wieder, dass das dann nicht mehr reiche und man wieder dicht machen müsse. Das frustriert“, so Pütz.
November-Hilfen bisher kaum geflossen
Vielen gehe es so, auch mit Blick auf die Corona-Hilfsprogramme für die Wirtschaft durch Bund und Land: „Im Nachhinein werden die Voraussetzungen und die angedachte Verwendung der Mittel fortlaufend verändert. Vor nachträglichen Ärger sind nur die geschützt, die das Geld beantragt hatten und seither zur Seite gelegt haben, um es irgendwann zurückzuerstatten“, erklärt Pütz. Die November-Hilfen seien so gut wie gar nicht bis jetzt geflossen – und dass ein weiteres Hilfsprogramm nun den Namen „Neustarthilfe für Selbstständige“ trage, wertet Daniel Pütz als „mehr als zynisch“.
Die Gesamtsituation sei "mehr als besorgniserregend".