Balve. Förster Richard Nikodem über den Baumbestand im Balver Wald. Der habe über die Jahre enorm gelitten. Nun gilt zu retten, was noch zu retten ist.

Endlich Nachtfrost: Die Vegetationsperiode ist zu Ende gegangen. Zeit, Bilanz zu ziehen. Wie hat sich der Balver Wald in diesem Jahr verändert? Fragen an Förster Richard Nikodem vom Landesbetrieb Wald und Holz.

Der Baumbestand des Balver Waldes hat in den vergangenen zwei Jahren stark gelitten. Borkenkäfer-Invasion und anhaltende Dürreperioden haben den Hölzern zugesetzt. Nikodem ist sich sicher, dass das die Forstwirtschaft in der Region stark verändern werde.

Die Bilanz ist erschreckend: „Die Schäden, die durch den Klimawandel und den Borkenkäfer entstanden sind, sorgen dafür, dass die Waldbesitzer derzeit über 95 Prozent ihres Kapitals verlieren“, sagt Revierförster Nikodem. Holz, das noch vor rund drei Jahren rund 100 Euro eingebracht hätte, werde aktuell für Preise zwischen 3 und 5 Euro gehandelt. „Man kann derzeit nur versuchen, zu retten, was noch zu retten ist. Die Waldbauern verdienen daran nichts mehr“.

Retten, das bedeutet im gegenwärtigen Fall, das Abräumen der recht großen Flächen, deren Baumbestand unter anhaltender Dürre und Käferbefall dezimiert wurde. Eineinhalb mal so viel Waldfläche, wie damalig nach Kyrill sei bis jetzt verloren worden, wie der Revierförster erklärt. Da die Holzwerke in der Region schon längere Zeit überlastet wären, exportiert man das qualitativ minderwertige Holz nach China. „Es handelt sich um die bis zu 15-fache Menge, die sonst für den Export zum Einsatz kommt – 6 Millionen Festmeter sind in diesem Jahr bereits nach China gegangen“, so Nikodem. Die Zeit eilt, denn laut Nikodem sei fraglich, ob sich in den nächsten Monaten überhaupt noch ein wenig Geld mit dem Holz machen lasse.

Während die Borkenkäfer-Invasion fortschreitend die Stämme der Nadelhölzer zersetzt, verzeichnet der Revierförster ebenso Ausfälle bei den Laubhölzern. Zwar habe es 2020 durchaus wieder mehr Niederschläge gegeben als noch im Vorjahr, doch die Feuchtigkeit sei nicht bis in die untersten Bodenschichten vorgedrungen, was dafür sorgte, dass der Wassertransport der Bäume teilweise gestört sei. Nikodems Fazit: „Was wir hier erleben, ist der Supergau im Wald!“

Fichte gilt als eindeutiger Verlierer

Unter den Nadelhölzern ist die Fichte der eindeutige Verlierer der Entwicklung. „Sie hat keine Zukunft mehr im Balver Wald“, sagt Nikodem. Eine Neubepflanzung der Flächen nach Schema F sei künftig für die Waldbauern nicht mehr möglich. Eine Aufforstung gelinge einzig, wenn die Bereitschaft da sei umzudenken. Konkret bedeute dies, dass eine Durchmischung mit neuen, bisher nicht heimischen Baumarten unumgänglich sei. „Die Aussaat von Atlas-Zeder, Esskastanie oder Roteiche wären Möglichkeiten, der Situation zu begegnen. Aber man muss schauen, was sonst noch geht, welche Baumarten für die Temperaturen und Niederschlagsmengen geeignet sein könnten“, sagt der Revierförster. Man müsse eine Art Bauchladen befüllen, drei oder vier neue Holzarten einbringen. Das Risiko sei nicht kalkulierbar, wenn man dauerhaft nur auf eine Art wie zu Beispiel die Douglasie setzen würde.

Einher mit dieser Entwicklung gehe laut Nikodem die ständige Fort- und Weiterbildung der betreuenden Revierförster in der Region. „Dass man als Förster so vieles ganz neu lernen muss, ist mir in den all den Jahren auch noch nicht so untergekommen“, erklärt Nikodem. In Anbetracht der gegenwärtigen Umstände könne man sich überdies glücklich schätzen, dass der Landesbetrieb Wald und Holz in die Forschung investiere, auf Testflächen für neue Arten setze.

Wie geht’s weiter im Wald? „Bis zum Frühjahr 2021 werden wir damit beschäftigt sein, Flächen abzuräumen. Folgend kann man darauf hoffen, dass die Politik Zuschüsse für die Instandsetzung der Waldwirtschaftswege vorsieht, denn gut 80 Kilometer Weg in Balve warten auf Erneuerung.“