Balve. Sie kamen, um den Agatha-Bildstock vor St. Blasius zu restaurieren. Doch unvermutet geriet ihre Arbeit zur Schatzsuche.
Er war schief, windschief. Wind und Wetter nagten erfolgreich am Kalk des Agatha-Bildstocks vor der St.-Blasius-Kirche. „Er drohte umzukippen“, stellt Matthias Rüenauver fest. Der Restaurator aus Paderborn weiß, wovon er spricht. Kein Wunder, dass der Kirchenvorstand dringenden Handlungsbedarf gesehen hat. Am Mittwochmorgen rückt der Geschäftsführer der Fachfirma Ars Colendi mit einem Mitarbeiter an. Beide wissen: Der Job treibt den Schweiß.
Der 54-jährige Restaurator und sein Mitarbeiter Michael Diwo, Steinmetz-Meister und Bildhauer, verbinden Kunst und Handwerk. Bevor Kunstwerke wieder glänzen können, steht buchstäblich Drecksarbeit an. Die beiden Fachleute zerlegen den Bildstock in zwei Teile und hieven ihn im Wesentlichen mit Muskelkraft auf einen Anhänger.
Zuvor haben sie eine überraschende Entdeckung gemacht, und sie wirkt wie eine Szene aus einem Abenteuer-Film. Matthias Rüenauver: „Als wir das Mittelteil abgenommen haben, haben wir unten an einer Stelle komprimiert verschiedene Münzen gefunden, unterschiedlicher Provenienz, aus unterschiedlichen Zeitaltern.“ Der Experte sagt das mit aller Vorsicht; spekulieren will er nicht. Eine genauere Untersuchung des Fundes, so hofft er, könne Aufschluss über den Hintergrund des unerwarteten Fundes geben. Im Scherz wähnt sich Rüenauver schon in der Karibik.
Die Gegenwart indes erlaubt einen Blick auf westfälische Kunstgeschichte. Der Agatha-Bildstock zwischen Sebastiansklause der Balver Schützen, Kirchturm und Pfarrhaus ist unübersehbar. Errichtet wurde er 1698 im barocken Stil. „Der heiligen Agatha, der starken Jungfrau und glorreichen Märtyrin, errichteten in frommer Gesinnung Ludwig Kramer, Bürgermeister in Balve und Cornelia Zersen, Eheleute diesen Bildstock“: So lautet die fromme lateinische Inschrift in deutscher Übersetzung. Die Heilige Agatha genoss um 1700 im Sauerland besondere Verehrung. „Ihre besondere Bedeutung erhält sie auch heute noch als Schutzpatronin gegen Feuersbrunst“, heißt es auf der Internetseite des Pastoralverbundes Balve-Hönnetal.
Während St. Blasius aus solider heimischer Grauwacke besteht, ließ Bürgermeister Kramer für den Bildstock Knollenkalk verwenden – „vermutlich hier aus der Gegend, vielleicht aus Mellen“, wie Restaurator Rüenauver vermutet.
Das Monument der Volksfrömmigkeit ist im Lauf der Jahrhunderte zumindest einmal verändert worden. Noch einmal Matthias Rüenauver: „Wir haben gerade durch Messen festgestellt, dass dieser Stein früher um 90 Grad gedreht hier gestanden hat.“
Betonfundament für sicheren Stand
In den kommenden Monaten wird das Kunstwerk erneut verändert. Heimische Handwerker sorgen für ein Betonfundament, das für Standsicherheit des Bildstocks sorgen soll. Unterdessen bringt Ars Colendi das historische Stück wieder in Form. Nach dem Winter soll es so schön sein wie nie zuvor.