Balve. Teledoktor bittet zur Videosprechstunde. Ist das eine Chance fürs Land? Medizinstudent Timon Streiter und Campus-Manager Ingo Jakschies sagen Ja.

Die medizinische Versorgung wird zunehmend digitalisiert. Welche Chancen bieten sich Patienten im ländlichen Raum?

Die medizinische Seite

Gespräch MdL Marco Voge mit jungen Leuten aus der Gesundheitsbranche über Gesundheitsversorgung auf dem LandIm Haus Padberg Balve, von oben im Uhrzeigersinn: Dr. Paul Stüeken jun., Timon Streiter, Johanna Michel, Stefano Petry, Mike Stern, Robin Vorsmann (Mitarbeiter von Marco Voge), Marco Voge (MdL, mit dem Rücken zugewandt)
Gespräch MdL Marco Voge mit jungen Leuten aus der Gesundheitsbranche über Gesundheitsversorgung auf dem LandIm Haus Padberg Balve, von oben im Uhrzeigersinn: Dr. Paul Stüeken jun., Timon Streiter, Johanna Michel, Stefano Petry, Mike Stern, Robin Vorsmann (Mitarbeiter von Marco Voge), Marco Voge (MdL, mit dem Rücken zugewandt) © WP | Alexander Lück

Timon Streiter ist 21. Bereits beim Auftakt des Bürgerforums „WP vor Ort“ hatte der junge Balver für Telemedizin geworben, um die medizinische Versorgung im oberen Hönnetal zu verbessern. Inzwischen studiert Timon Streiter im fünften Semester Medizin in Heidelberg. Seine Begeisterung für Telemedizin hat weiter zugenommen. Der angehende Doktor verspricht sich davon eine schnellere und zugleich effektivere Behandlung kranker Menschen. So beruft er sich auf eine aktuelle Studie der Berliner Charité, bei der Herzpatienten im Mittelpunkt standen. Demnach sank die Zahl der Todesfälle um drei Prozent. Deutlich sank die Zahl der Herzkranken, die im Krankenhaus behandelt werden mussten. Es waren 30 Prozent weniger. Timon Streiter: „Ich gehe davon aus, dass diese Ergebnisse auf andere Krankheitsbilder übertragbar sind.“ Er hofft: „Telemedizin kann helfen, das Leben vieler Leute zu verlängern.“ Auch mehr Lebensqualität von Kranken verspricht sich der angehende Mediziner.

Konkret denkt er an eine standortnahe Versorgung von Schlaganfall-Patienten. Landärzte und kleine Krankenhäuser, so hofft Timon Streiter, könnten schneller und effektiver mit Spezialisten von Uni-Kliniken zusammenarbeiten. Telemedizin könnte auch Arbeit von Notärzten erleichtern: „Aachener haben damit gute Erfahrungen gemacht.“

Der Gesundheitsmanager

Ingo Jakschies ist Manager im Gesundheitsbereich. In Balve hat er den Campus aufgebaut. Jakschies ist Geschäftsführer der Einrichtung. Was erwartet er vom Digitalisierungsschub der Medizin? „Ich habe sehr, sehr gute Erfahrung damit gemacht“, berichtet er, „gerade die Vernetzung ländlicher Bereich und spezielle Ärzte ist eine tolle Sache.“ Für Patienten sieht Jakschies Chancen in Video-Sprechstunde und Ärzte-Chat: „Sie können sich schnell eine zweite Meinung holen.“ Außerdem könne per Telemedizin ein schnellerer Kontakt zu Fachärzten hergestellt werden – etwa bei Diabetes. Jakschies sieht überdies einen dritten Vorteil: Per Datenautobahn können Untersuchungsergebnisse und medizinisch bedeutsame Informationen blitzschnell ausgetauscht werden. So könnten beispielsweise Laborwerte online abgerufen werden.

Gesundheitscampus Sauerland
Gesundheitscampus Sauerland © www.blossey.eu | Hans Blossey

Jakschies denkt Gesundheit umfassend. „Ich würde das Angebot aber nicht nur auf Ärzte begrenzen, sondern ich würde auch Therapeuten einbeziehen. Ich will versuchen, Anwendungsambulanzen zu uns nach Balve zu ziehen.“ Er hat bereits eine Idee, wo er ansetzen kann. Eine Online-Schwindelambulanz könnte Patienten helfen. „Der Ärzte könnte die Ursache klären. Ist zu hoher Blutdruck Ursache des Schwindels – oder ist es ein Problem im Ohr? Die Schwindelambulanz könnte einerseits Medikamente bereitstellen – aber auch eine spezielle Form von Gymnastik.“

Jakschies hat obendrein weitere Zielgruppen im Blick. Telemedizin könne bei ausländischen Bürgern mit bescheidenden Deutsch-Kenntnissen helfen – etwa bei schwangeren Türkinnen. „Wir haben hier keine Hebamme, die Türkisch spricht“, weiß Jakschies. „Eine Videosprechstunde kann das Problem lösen. Dann würde eine türkisch sprechende Hebamme zugeschaltet, und die werdenden Mütter könnten Fragen stellen.“ Jakschies macht klar, dass er keineswegs eine vage Idee präsentiert: „Einen Raum würde ich im Campus zur Verfügung stellen.“