Balve/Eslohe. Heimische Landwirte sind verärgert über - wie sie meinen - zu harte Umwelt-Vorgaben aus Berlin. Alexander Linsmann und Kollegen fuhren zur Demo.
Der Bauer ist sauer: Auf diese Formel lässt sich der Unmut heimischer Landwirte gegen die als existenzbedrohend empfundene Politik von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) bringen. Allerorten fanden dieser Tage Traktor-Demos statt. Dazu zählte eine Mahnwache im Esloher Ortsteil Bremke. Einer der Teilnehmer war Junglandwirt Alexander Linsmann (20) aus Garbeck.
„Aus unserer Gegend waren zehn Traktoren unterwegs“, erzählt er der WESTFALENPOST im Rückblick. „Wir sind gemeinsam im Konvoi nach Eslohe gefahren.“ Kälte auf dem Weg dorthin fürchtete er nicht. Auf Ackerschleppern gibt es längst Heizungen.
Morgens um vier klingelte der Wecker bei Alexander Linsmann. Um 6.30 Uhr saß er auf dem Bock. Eine später trafen sich die heimischen Kollegen in Amecke. Dann ging’s weiter in Hochsauerland.
Wie reagierten die Menschen auf der Straße?„Wir haben zu 95 Prozent positive Rückmeldungen erhalten“, sagt der angehende Agrar-Betriebswirt, „entweder haben die Leute von uns kleine Videos gemacht, oder sie haben kurz die Warnblickleuchten angemacht, und dann gab es auch Autofahrer, die die Seitenscheibe herunterließen, um uns erhobene Daumen zu zeigen.“ Alexander Linsmann fügt nach einer kleinen Pause hinzu: „Eine Mutter war mit ihrem Kind unterwegs. Es hielt ein Schild hoch mit der Aufschrift ,Danke’.“
Die Mecker-Quote schätzt Alexander Linsmann auf lediglich fünf Prozent ein. Es gebe eben immer ein paar Zeitgenossen, die kein Verständnis für einen Protest-Zug haben und nur ihren persönlichen Zeitverlust sehen.
Was ärgert die Landwirte aus der Region? Die Große Koalition, schimpft der Sprecher der Junglandwirte im Märkischen Kreis, habe Gesetzesänderungen haben über den Kopf der Betroffenen hinweg beschlossen. „Dabei“, beteuert Alexander Linsmann, „wollen wir das Mögliche möglich machen.“ Die Landwirtschaft im Sauerland arbeite mit der Natur und für die Natur. „Wenn wir gegen die Natur arbeiten würde“, argumentiert Alexander Linsmann, „würde die Redensart ,Reiche Väter, arme Söhne’ wahr.“
Er geht ins Detail. Moderne Bauern setzen Insektenschutzmittel demnach maßvoll ein. „Wir gehen gezielt gegen Schädlinge vor“, sagt Alexander Linsmann, „wenn, beispielsweise, der Kartoffelkäfer nicht da ist, wird auch nicht gespritzt.“ Immerhin koste Acker-Chemie viel Geld. Dazu komme der zeitliche Aufwand pro Überfahrt. Was überflüssig sei, werde gestrichen.
Das gelte übrigens auch für Düngung. „Alles, was zu viel ist, geht ins Grundwasser – und geht ins Geld.“
Andererseits hält Alexander Linsmann den Einsatz von Agrar-Chemikalien für unumgänglich: „Wir hätten sonst große Ertragseinbußen.“
Die heimischen Landwirte verfolgen laut Linsmann eine Doppelstrategie. Einerseits wollen sie das Höfe-Sterben bremsen, andererseits die Qualität landwirtschaftlicher Produkte vor Ort sichern: „Sonst ist unserer Lebensmittel-Versorgung bald komplett von Importen abhängig.“
Reden hilft
Zugleich bereitet Alexander Linsmann Verbraucher darauf vor, dass mehr Umweltschutz in der Landwirtschaft höhere Lebensmittelpreise bedeute. Er weiß, dass die Botschaft schwer zu vermittelt ist. Und er nennt auch einen Grund dafür: „Gerade die Stadtbevölkerung hat sich zu weit von der Landwirtschaft entfernt. Manche Leute glauben doch, dass Kühe lila sind – wie auf der Schokoladen-Verpackung.“
Alexander Linsmann und seine Kollegen zogen darauf den Schluss: Kommt die Bevölkerung nicht zu uns, kommen wir zu ihr. Die Reaktionen auf die Demo in Eslohe seien positiv gewesen: „Es hat viele Gespräche gegeben.“ Reden hilft. Alexander Linsmann glaubt fest daran.