Balve. Das Wegekonzept steht. Ergebnis: 60 Kilometer sind entbehrlich. Was passiert damit? Mehrere Stimmen fordern mehr Umwelt-Aspekte.
Das ländliche Wegenetzkonzept für Balves Stadtgebiet ist fertig. Fast 60 Kilometer Feld- und Wirtschaftswege werden nicht mehr gebraucht. Was passiert mit ihnen?
Das ganze Netz der ländliche Wege, die der Stadt Balve gehören, umfasst 250 Kilometer. Hinzukommen noch einmal fast genauso viele Kilometer an privaten Wirtschaftswegen vorwiegend im Wald. Sie waren kein Bestandteil der Betrachtung.
Das städtische Netz wurde vom Planungsbüro Ge-Komm (Gesellschaft für Kommunale Infrastruktur, Melle) fotografiert und kartografiert. Beteiligt war auch ein Arbeitskreis mit Vertretern von Politik, Besitzern der Felder, Nutzern oder den Wanderfreunden des SGV.
Bei der Beurteilung ging es etwa um die Breite des Weges, seine Beschaffenheit (Asphalt, wassergebundene Decke oder eher ein Trampelpfad im Gras), den Zustand, Schäden und vor allem seine Bedeutung: Nutzen viele Landwirte oder auch Fußgänger den Weg? Oder ist er lediglich zur Erschließung eines einzelnen Hofes oder Flurstückes wichtig? Jeder Weg wurde einer Kategorie zugeordnet.
Ergebnis des Wegekonzeptes, das am Dienstagabend im Balver Ratssaal vor gut 40 interessierten Bürgern vorgestellt wurde: Von den 250 Kilometern Feld- und Wirtschaftswegen in städtischer Hand sollten gut 170 Kilometer so erhalten werden, wie sie sind. Ein deutlich kleinerer Teile müsste aufgrund seines Zustandes und seiner Bedeutung ausgebaut werden. Fast 60 Kilometer aber sind entbehrlich – etwa weil sie parallel zu anderen Wegen führen oder weil sie Flurstücke und Felder eines einzelnen Besitzers teilen. Manche im Kataster eingetragenen Wege waren vor Ort gar nicht mehr zu finden.
Keine Deals im Hinterzimmer
Was aber passiert mit den Wegen, die das Urteil entbehrlich bekommen haben? Diese Frage stieß bei der Versammlung am Dienstagabend auf großes Interesse. Jedenfalls werden sie nicht von heute auf morgen aufgegeben. Das stellten sowohl Bürgermeister Hubertus Mühling als auch Hartmut Scharf vom städtischen Bauamt klar. „Es wird für jeden dieser Wege eine Einzelfallentscheidung geben“, erklärte Scharf. Auch in Abstimmung mit Anliegern. Mühling ergänzte: Wenn ein Weg mittelfristig verkauft werden sollte, dann öffentlich durch Ratsbeschluss und nicht im als Deal im Hinterzimmer.
Spannend könnte die Frage, wem ein Weg gehört, in Eisborn im Zusammenhang mit der geplanten Steinbrucherweiterung werden, meinte ein Zuhörer. Mehrfach angesprochen wurde das ökologische Potenzial aufgegebener Wege. Ob Sabine Biehs-Romann von Hönnetal im Wandel, Adalbert Allhoff-Cramer vom Naturhistorischen Verein oder Heinrich Stüeken, sie alle forderten, diesen Aspekt intensiver bei allen Überlegungen einzubeziehen. Stüeken, Landschaftswächter und UWG-Ratsherr, hatte das bereits früher kritisiert. Am Dienstag sagte er: „Bei dem Wegekonzept ist nur der Bewuchs an den Rändern bewertet worden. Aber die Fauna wurde nicht erfasst. Was ist zum Beispiel mit Wildbienen? Wir brauchen auch ein ökologisches Wegekonzept, müssen etwas für Insekten und Kleintiere tun. Wir brauchen mehr freie Natur in der Landschaft.“
Scharf erklärte, die Aufstellung des Wegekonzeptes, die zu erheblichen Teilen gefördert wurde, habe das gar nicht vorgesehen. Andreas Peter von der Bezirksregierung in Arnsberg: „Solch eine ökologische Untersuchung hätte die Stadt selber bezahlen müssen. Aber mit dem Konzept haben Sie doch jetzt eine super Datengrundlage, um in diese Richtung weiter zu arbeiten.“ So könne aus einem aufgegebenen Weg beispielsweise eine wilde Hecke werden.