Balve. Sie lieben ihre Freiheit. Wohnmobilisten sind die neuen Trend-Reisenden. Balve hat die Zeichen der Zeit erkannt. Aber es geht noch mehr.
Der Reisemobil-Boom hat auch Balve erfasst. Wohnmobilisten finden Platz und Erholung in Balve. Die WP war auf Spurensuche.
Gabriele und Dieter Schmidt sitzen auf Klappstühlen vor ihrem Wohnmobil. Sie genießen die Ruhe des Stellplatzes vor dem Hallenbad. Es gibt eine Entsorgung, Frischwasser und Strom für je einen Euro. Das Parken ist kostenlos. „Es ist doch herrlich“, sagt Dieter Schmidt, „absolute Stille – und alles da, was wir brauchen.“
Das Ehepaar aus Winterlingen in Baden-Württemberg ist seit zweieinhalb Monaten auf Achse. „Polen, Litauen, Estland, Lettland, Finnland und vom Nordkap jetzt hierher“, zählt Dieter Schmidt auf.
Die Schmidts haben eine Bekannte in Balve besucht. Am nächsten Tag geht es weiter: in die Bretagne, den Schwarzwald und wieder zurück nach Hause. 13.000 Kilometer sind bis jetzt schon auf dieser Tour zusammengekommen. „Als Rentner hat man halt viel Zeit zum Reisen“, meint Dieter Schmidt.
Den Stellplatz in der Murmke hat seine Frau über eine der vielen Apps auf ihrem Handy gefunden. Dieter ist eher der Navi-Typ – auf den Geräten werden heute auch schon die begehrten Wohnmobilstellplätze angezeigt.
Gebühr wird mit Essen verrechnet
Eine Alternative wäre für das Ehepaar auch Haus Recke gewesen. Der Gasthof bietet Platz für drei Wohnmobile. „Wir gehen auf Reisen gern essen – heute wollen wir allerdings nicht“, sagt der Rentner. Die Schmidts waren lediglich tanken und haben sich beim Metzger und beim Bäcker eingedeckt.
Bei einem Abendessen auswärts hätte sich das Parken bei Haus Recke gelohnt. Denn die Gebühr für ein „Womo“ von zehn Euro pro Übernachtung wird mit dem Restaurantbesuch verrechnet.
„Der Wohnmobilstellplatz ist ein Zusatzangebot“, erklärt Annette Vanselow, die mit ihrem Mann Ulrich den Landgasthof betreibt. „Der Bikertreff bringt auch manchen Wohnmobilisten mit, der hier übernachtet. Dazu kommen Touristen, die die Sauerland-Waldroute von hier erwandern.“ Der Premiumwanderweg befindet sich direkt hinter Haus Recke.
Inzwischen bietet Familie Vanselow auch eine Ladestation für E-Bikes. Viele Wohnmobilisten haben auch schon diese Räder im Gepäck.
Der Markt boomt
Wohnmobilreisen sind zu einem echten Renner geworden, mit zweistelligen Zuwachsraten. Urlauber mit Reisemobil, Caravan und Zelt bescheren der deutschen Wirtschaft 14 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr. Allein auf Wohnmobilstellplätzen gab es im vergangenen Jahr 15,5 Millionen Übernachtungen. Beeindruckende Zahlen!
Wohnmobilfahrer zählen häufig zu den „Silver Surfern“, der Generation 50 plus. Viele verfügen über das entsprechende Kleingeld für lange Reisen und sind über das ganze Jahr in rollenden Ferienhäusern auf der Straße zuhause.
Die modernen Vagabunden lieben ihre Freiheit, bleiben im Schnitt nur wenige Tage an einem Ort und geben dort – so neueste Untersuchungen – pro Übernachtung 50 Euro aus.
Und die Camper werden immer mehr! Viele Städte haben den Wohnmobiltourismus als Wirtschaftsfaktor erkannt – und schaffen mehr und besser ausgestattete Plätze.
Stadt hat Ausbau-Pläne
Fachbereichsleiter Michael Bathe von der Stadtverwaltung weiß: „Den Standort am Hallenbad gibt es schon über zehn Jahre; nun sehen wir an den Wochenenden oft schon vier oder fünf Wohnmobile.“
Im Rahmen der Tourismusförderung hat sich Balve eine Aufwertung und Erweiterung des Platzes auf die Agenda gesetzt - und große Pläne! „Wir wollen das Angebot verbessern und haben die Wiese vor dem Altenpflegeheim ins Auge gefasst“, sagt der Allgemeine Vertreter des Bürgermeisters. Geplant sind Grasparzellen, eingefasst von Hainbuchenhecken und eine Gemeinschaftsbank.
Noch ist die Stadt Balve mit dem Eigentümer des Areals im Gespräch. „Es gibt mit der Balver Höhle, der Luisenhütte und dem Museum für Frühgeschichte ein großartiges touristisches Angebot“, meint Michael Bathe.
Er ist sich sicher: Ist der Wohnmobilstellplatz höherwertig gestaltet, machen auch mehr Reisende Halt in Balve, und bleiben länger. Sollte der Platz so aufgehübscht werden, werden sicher auch die Schmidts aus Winterlingen wiederkommen. Gabi und Dieter Schmidt sagen: „Wir sind zwar bescheiden, aber ein etwas schöneres Ambiente wäre schon gut.“