Neuenrade. Kalle Pohl hat TV-Geschichte geschrieben. Er gehörte zu den jungen Wilden des Privatfernsehens. Jetzt geht er auf Abschiedstournee. Ein Gespräch.

Comedian Kalle Pohl geht auf Abschiedstournee. Balver und Neuenrader Freunde des rheinischen Humors können ihn am Freitag, 20. September, 19.30 Uhr, in der Aula der Hönnequellschule Neuenrade erleben.

„Manche mögen’s heiß“ heißt eine Hollywood-Komödie von Billy Wilder…

Kalle Pohl …ich muss es nicht haben, wenn es draußen mehr als 30 Grad warm ist…

…wie jetzt. Gehen wir mal zurück in eine heiße Fernsehepoche. Sie haben damals, Anfang der 90er, im aufkommenden Privatfernsehen Geschichte geschrieben mit „Sieben Tage, sieben Köpfe“. Wie war das Arbeiten bei RTL?

Das war überwiegend sehr angenehm, nicht nur während der Produktion, sondern auch danach. Wir haben uns freitags getroffen, mit mittags zur Besprechung, von 17 bis 18 Uhr war Aufzeichnung, und danach wurde ein Fässchen angeschlagen; Rudi Carrell war ja leidenschaftlicher Bier-Trinker, und nicht nur er. Einige dieser Begebenheiten hätte man auch aufzeichnen sollen.

Es gibt ja böse Zungen, die sagen: Rudi Carrell war vor der Kamera super – und hinter der Kamera etwas schwierig. Wie haben Sie ihn erlebt?

Wissen Sie, das sind Verallgemeinerungen. Jochen Busse hat im letzten Jahr ein Interview gegeben, in dem er gesagt hat, dass er Rudi Carrell nicht so doll fand, und die Sendung auch nicht. Das fand ich schade. Na ja, aber Jochen war ja auch nur der Ansager. der Witze. Wir haben den Spaß und den Blödsinn gemacht. Ja, Rudi. Wir haben alle unsere Licht- und Schattenseiten. Wir haben alle unsere Tage, wo wir mal nicht so gut drauf sind, und die hatte der olle Carrell auch.

Sie kamen gut mit ihm zurecht.

Ich kam gut mit ihm klar. Es gab zwei Mal Zoff. Unsere Beziehung dauerte neun Jahre, und da sind zwei Mal Zoff echt wenig (lacht). Danach war’s dann aber auch wieder gut. Er hat mir mal gesagt, wenn er mehr Zeit gehabt hätte, hätte er gern mal mit mir eine Bühnen-Tournee gemacht.

Wäre eine Sendung wie „Sieben Tage, sieben Köpfe“ auch bei den Öffentlich-Rechtlichen möglich gewesen?

Ich glaube nicht. Am Anfang saßen da RTL-Moderatoren wie Hans Meiser oder Bärbel Schäfer. Und nach einem Jahr hat Rudi gesagt: Da müssen Komiker sitzen. Und so kam es denn auch.

Wie war die erste Sendung?

Ich kam im zweiten Jahr der Sendung dazu. Und die erste Sendung mit mir lief super. Rudi sagte zu mir: Wir hatten zum ersten Mal fünf Millionen Zuschauer – das muss an Dir gelegen haben.

Wie viele Gags braucht ein Comedian pro Jahr?

Ich brauchte pro Jahr 450 Gags, und eine Menge mehr konnten aus Zeitgründen gar nicht gesendet werden.

Sie haben auch auf der anderen Seite gegessen. Was ist schwieriger: Gags schreiben oder Pointen setzen?

Beides braucht viel Übung, Talent und, ja, vielleicht auch Meisterschaft. Heute mache ich viel Theater, und ich nerve jeden Regisseur damit, dass ich die Stücke überarbeite. Es hat den Stücken bisher immer gut getan. Rudi sagte immer: Wenn man etwas aus dem Ärmel schütteln will, muss man vorher etwas reinstecken.

Was machen Sie in Neuenrade?

Ein Best-of-Programm, ein Solo-Programm, mein letztes. Es ist mein Abschied vom Solo-Kabarett.

Wie kommt’s?

Ich mache das jetzt seit fast 40 Jahren. Wenn man meine erste Ein-Mann-Show in der Garage meiner Eltern einbezieht, dann sind es fast 60 Jahre. 40 Jahre Bühne bedeutet: jeden Abend ein neues Hotel. Und ich habe sie wirklich alle durch, Top-Hotels und ganz schlichte Etablissements. Jeden Abend Koffer auf, Koffer zu, und dann noch die zahllosen Deppen auf der Autobahn! Das muss ich nicht mehr haben.

Fahren Sie nach Auftritten zurück?

Inzwischen ja. Von Neuenrade nach Köln ist es ja nicht so weit.

Wie fühlen sich Auftritte im Sauerland an?

Ausgesprochen gut. In Neuenrade habe ich nur gute Erfahrungen gemacht. Was man über Sauerländer sagt, sind Klischees. Ich selbst habe nie erlebt, dass sie stimmen. Ich beurteile eine Stadt immer nach den Menschen, wie ich sie erlebe.