Grübeck/Mellen. Mancher hat den Tag mit Hochspannung erwartet. Für die alten Trafotürme der Innogy in der Grübeck und in Mellen beginnt ein neues Kapitel.
Die Spannung ist raus, aber hier erwacht neues Leben in einen alten Trafoturm. Zwei dieser Gebäude in Mellen und in der Grübeck wurden nun offiziell ihrer Bestimmung übergeben.
„Dieser Turm brachte Strom ins Dorf und Licht ins Dunkel“, sagt Michael Sonfeld. Vor seinem Ruhestand war er beim Energieversorger Innogy für die Vermarktung der nicht mehr benötigten Gebäude, etwa der Trafotürme zuständig. Er hat sich diesem Projekt auch weiter verschrieben und sucht nun unter dem Namen Trafotransformation in ganz Nordrhein-Westfalen Nachnutzungen für diese, wie er sie nennt „Denkmale der Industriegeschichte. Wo man auch mal den Enkeln zeigen kann, wo der Strom herkommt. Nämlich nicht einfach nur aus der Steckdose.“
Jahrelang ohne Funktion
Die Überlandleitung kommt hier an, dann geht es im Boden und in Niederspannung in die einzelnen Haushalte der Umgebung weiter.
Solch ein Turm steht auch in Mellen, an der Ecke Sorpestraße/Ringstraße. 1914 gebaut, 2013 und damit ein Jahr vor dem 100. Geburtstag außer Betrieb gegangen, stand dieser Turm seitdem ohne Funktion hier im Golddorf. Der Stromkasten direkt daneben, der diese Funktion nun erfüllt, hat nur einen Bruchteil der Größe, passt fast schon in einen größeren Kofferraum.
Den alten Trafoturm mit seiner Grundfläche von gut vier mal vier Metern hat Falk Gössel gekauft. Der selbstständige Elektrotechnikmeister ist auch in Mellen zuhause. In gut zwei Monaten Arbeit hat er zunächst den Turm mit Hilfe von Paraffin trocken gelegt, Treppen, Fenster und Böden eingebaut. Neben dem ebenerdigen Eingang gibt es jetzt zwei Stockwerke in dem insgesamt etwa 15 Meter hohen Bauwerk. Von oben kann man einen Teil des Dorfes überblicken, die St. Barbarakirche wird zum Teil von einem Baum verdeckt.
„Ich denke, der Turm sieht jetzt gar nicht schlecht aus“, sagt Falk Gössel am Samstagvormittag bei einer kleinen Feierstunde zur offiziellen Übergabe des Trafoturmes an seine neue Funktion. Sein Plan: die drei Etagen als Ausstellungsfläche für seine Firma zu nutzen. Noch sind aber nicht alle nötigen Genehmigungen dafür eingegangen. „Die zuständigen Ämter stellen sich dabei etwas schwierig an“, sagte Gössel am Samstag. Aber er ist zuversichtlich.
Um das Innere des Turms zur Einweihung fertig zu bekommen, hat er die Nacht vorher noch durchgearbeitet.
Apropos durcharbeiten: Tag und Nacht gewerkelt, in wechselnden Schichten, wurde Ende Mai auch in der Grübeck. Am Abzweig der Straße nach Eisborn steht auch so ein Turm. Die Jugend von THW und Malteser aus der Hönnestadt, die den Turm nach dessen Vom-Netz-Gehen von Innogy kauften, bauten ihn im Rahmen der deutschlandweiten 72-Stunden-Aktion zu einem Fledermausquartier um.
enso wie in Mellen gab es hier einen kleinen Festakt am Samstag. Und für das Gebäude eine Tafel welche nun die neue Funktion ebenso wie die Geschichte erzählt. Michael Sonfeld freute sich entsprechend über neue Mitglieder in der Runde der Turmfreunde. Andreas Steffen ist bei Innogy tätig und verwaltet die Liegenschaften des Unternehmens. In seinem Bezirk in Südwestfalen, so berichtet er, sind noch gut 70, 80 Trafotürme in Betrieb. Nach und nach werden sie vom Netz genommen. Ideen zur Nachnutzung sowie Interessenten für einen Kauf werden gerne gesehen.
Von Hochzeiten bis zu Insektenhotels
Michael Sonfeld erzählt einige Beispiel für Umwidmungen: als Ferienwohnung, für die Imkerei oder für das mutmaßlich kleinste Strommuseum der Welt in Schermbeck, im nördlichen Ruhrgebiet. Auch andere Museen im Miniaturformat wurden schon in Trafotürmen eingerichtet. Und es gibt auch einen Hochzeitsturm, ein anderer wurde zur Fläche für künstlerisches Ausleben von Graffitikünstlern. Mit Blühstreifen davor oder Insektenhotels sind sie auch zu einem Hort der Artenvielfalt geworden. Für beide Balver Türme wünschte Michael Sonfeld den Besitzern: „Mögen die Gewitter an daran vorbei ziehen!“