Langenholthausen. Charly Grote wird am Donnerstag 60. Dass der Goldbäcker seinem Vater folgen würde, war keineswegs zwangsläufig. Zufällig jedoch war’s auch nicht.

Goldbäcker Charly Grote feiert am Donnerstag einen runden Geburtstag. Der größte Arbeitgeber in Balve wird 60. Zeit für Rückblick und Ausblick.

Bäcker ist ein – wenn man so will – ein heißer Beruf. Wie kommen Sie mit der Hitze zurecht?

Charly GroteWir haben den Vorteil, dass wir unsere Bäckerei im Untergeschoss haben. Sie liegt zur Schattenseite hin. Außerdem arbeiten wir ja nachts. Wenn’s heiß wird, sind wir fertig mit der Arbeit. Alle anderen Räume sind klimatisiert.

Bäckerhandwerk bedeutet Nachtarbeit. Haben Sie Ihren früheren Lebensrhythmus beibehalten?

Bei mir ist der Rhythmus immer noch drin. Ich stehe relativ früh auf in der Woche, arbeite bis mittags um zwei Uhr und schlafe dann bis fünf. Das ist für mich sensationell schöner Schlaf: Nachmittags hat man schön seine Ruhe. Diesen Schlaf möchte ich auch nicht missen. Und dann arbeite ich von 18 Uhr bis in die Nacht, manchmal bis Mitternacht.

Stehen Sie selbst noch am Ofen?

Ausgezeichnet: die Homepage der Goldbäckerei. Entschieden hat eine Fachjury.
Ausgezeichnet: die Homepage der Goldbäckerei. Entschieden hat eine Fachjury. © WP | Screenshot: Jürgen Overkott

Nur an besonderen Tagen. St. Martin gehört dazu, der Bauermarkt Affeln. Beim Spekulaz- und Stollenbacken bin ich auch noch dabei. Ansonsten schafft man das nicht mehr. Wir haben mittlerweile 240 Leute beschäftigt. Das Unternehmen bedarf Führung. Es wäre komisch, wenn ich meinen würde, ich müsste meinen zehn Bäckermeistern erklären, wie ihre Arbeit gemacht werden müsste. Aber beim Start des neuen Betriebs mit den neuen Maschinen helfen unseren Führungsleuten, in Absprache natürlich. Dafür nehme ich mir ein Vierteljahr, Minimum.

Ihr Führungsstil beruht auf Vertrauen.

Es geht nicht anders. Wenn man glaubt, man müsste alles kontrollieren, weil man alles besser kann, und man müsste das Brot auch noch verkaufen, dann ist man fehl am Platz.

Sie stehen in einer langen Familientradition. Was hätte Ihr Vater gesagt, wenn wir keine Lust gehabt hätten, Bäcker zu werden?

Damals wäre das für ihn mit einer großen Enttäuschung verbunden gewesen – auch wenn er nie damit gerechnet hat, dass ich Bäcker werde. Andererseits: Ich war mit meinen Geschwistern ständig in der Backstube. Ich habe also meine Bäcker-Ausbildung in Attendorn gemacht, habe als Innungsbester abgeschnitten, als Bester in NRW und als Drittbester in Deutschland. Da war mein Papa sensationell stolz drauf. Aber er hat es mir nie persönlich gesagt – er hat es meiner Mutter erzählt.

Sie waren mit 18 schon Chef.

 Charly Grote mit einer alten Teigknetmaschine in seinem Betrieb
 Charly Grote mit einer alten Teigknetmaschine in seinem Betrieb © WP | Jürgen Overkott

Ich bin da rein gerutscht, weil Papa früh gestorben ist. Er war erst 53.

Das Wasser, in das sie gesprungen sind, war höchstens lauwarm. Wie haben Sie sich durchgekämpft?

Mit 18 macht man sich weniger Gedanken als mit 28. Ich habe es einfach gemacht, natürlich auch mit Hilfe meiner Geschwister, meiner Mutter, meinem Onkel. Die Erfahrung hat mich geformt. Am Anfang war auch Emotionalität im Spiel. Ich war nicht zufällig bester Lehrling.

Ein junger Chef, sehr ehrgeizig.

Ich habe später gemerkt, dass nicht jeder Mitarbeiter jeden Tag 100 Prozent geben kann. Das geht gar nicht. Mit 90 Prozent kriegt man aber auch ein schönes Produkt hin.

Grote steht für Familienbetrieb. Wie ist langjährige Bindung zu den Mitarbeitern entstanden?

Vertrauen. Wenn die Leute mit mir gesprochen haben, habe ich auch auf privater Ebene versucht Lösungen zu finden. Jeder weiß, dass er mich ansprechen kann.