Balve. . Die heimische Europa-Abgeordnete Birgit Sippel (SPD) stößt im Wahlkampf auch auf Zustimmung. Wie sie zu Artikel 13 steht, was sie zu Leader sagt.
Der Wahlkampf für die Neubesetzung des Europaparlaments am 26. Mai hat Fahrt aufgenommen. Zeit für ein Gespräch mit der heimischen Europa-Abgeordneten Birgit Sippel (SPD).
Europa-Abgeordneten wird gern unterstellt, dass sie niemand kennt. Wie werden Sie wahrgenommen?
Birgit Sippel: Das stimmt zum Teil natürlich, weil wir gar nicht so oft vor Ort sein können, wie wir wollen. Aber: Wir sind nicht zwingend unbekannter als Landtagsabgeordnete, selbst Ratsmitglieder – was die Sache nicht besser macht. Wir müssen alle mal gucken, wie wir unsere Politik besser vermitteln.
Gerechterweise muss ich sagen, dass Europa-Politik kompliziert ist und oft Präsenz an anderen Orten erfordert. Dennoch: Was können Sie tun, um öfter in der Region zu sein?
Wir tun alle schon sehr viel. Aber wir haben pro Woche vier Sitzungen. Streng genommen haben wir Freitag, Samstag, Sonntag und, wenn wir Glück haben, noch den Montagmorgen für Termine vor Ort. Meine Wochenenden sind voll gepackt. Gerade für Schulbesuche montagmorgens nehme ich mir Zeit. Ich nutze – bei aller Kritik an den digitalen Kanälen – Twitter, Facebook, Instagram, um die Menschen zu informieren. Ich gebe aber immer noch, ganz altmodisch, auch gedrucktes Info-Material heraus.
Stichworte: Schule und Digitalisierung. Gibt’s momentan viel Haue für den Artikel 13, der einen Upload-Filter für Filme vorsieht?
Mich trifft’s nicht. Ich war und bin gegen Artikel 13. Ich ermutige die jungen Leute. Auch wenn Ihr Euch nicht durchgesetzt hat – Ihr habt etwas bewegt. Bei der zweiten Abstimmung war die Zustimmung zu dem Gesetz viel geringer. Das digitale Thema wird uns weiter beschäftigen. Wir bleiben dran.
Auf dem Land ist das schnelle Internet noch ziemlich lahm. Was kann Europa tun?
Das ist momentan eher ein nationales Thema. Ich sehe einige Länder, die deutlich weiter sind als wir – vor allem die osteuropäischen. Es gibt ja Leute, die sagen: Schnelles Internet muss es nicht an jeder Milchkanne geben...
...da würden Balver aber sofort widersprechen...
...auch kleine Orte in unserer Region brauchen schnelles Internet, allein deswegen, weil die mittelständische Industrie im Märkischen Kreis eine große Rolle spielt. Die Mitgliedsstaaten der EU müssen sich mit der Finanzierung beschäftigen, mit einer Digitalsteuer, mit einer Transaktionssteuer.
Digitalisierung wird am Ende auch ein Thema in der Landwirtschaft sein. Was hören Sie dort?
Ich habe in jüngster Zeit mehrfach landwirtschaftliche Betriebe besucht, im konventionellen Bereich wie im Öko-Bereich. Ich habe Unterstützung erfahren für unsere Bemühungen im Rat der EU (Fachminister-Runde; Red.), Geld nicht in erster Linie in Fläche zu stecken, sondern in Investitionen in den qualitativen Landbau, wo auf die Umwelt geachtet wird, und auf Artenvielfalt.
Ein anderes Thema, das die Leute, vor allem in der heimischen Wirtschaft umtreibt, ist der Brexit.
Unser Anliegen ist, einen harten Brexit – also ohne Abkommen – zu verhindern. Da könnte – zumindest übergangsweise – kein Handel stattfinden. Es gibt leichte Hoffnung, dass in Großbritannien diejenigen Parteien bei der Europawahl gut abschneiden, die den Brexit nicht wollen. Wir sind gespannt, wie die Wahl in Großbritannien ausgeht.
Es gibt Leute, die glauben, dass Rechtspopulisten gut abschneiden.
Das liegt in der Hand der demokratischen Wähler. Die Wählerschaft problematischer Parteien ist motiviert, zur Wahl zu gehen, und das müssen demokratisch orientierte Wähler auch tun – jenseits parteipolitischer Unterschiede.
Mit welchem Thema können Sie im Hönnetal punkten?
Es gibt eine breite Übereinkunft bei Menschen unterschiedlichster Herkunft: Das Bündnis war und ist in der Lage, den Frieden zu sichern, durch Zusammenarbeit. Auch die offenen Grenzen und die einheitlichen Währung werden gerade von Menschen geschätzt, die viel auf Reisen sind. Im Hönnetal gibt es übrigens zahlreiche Projekte, die ohne Europa gar nicht denkbar wären.
Was in Balve super funktioniert, ist das Leader-Projekt.
Ich glaube, die Leader-Projekte sind etwas ganz Besonders. Klar, es kommt Geld in die Region. Ziel ist tatsächlich, dass sich die Menschen vor Ort mit ihren Bedürfnissen und ihren Ideen einbringen können. Ich glaube, das macht den besonderen Reiz aus. Diese Ideen würden von Planungsbüros vermutlich nie so entwickelt.
Sie sagen: mehr Bürgerbeteiligung, weniger Bürokratie.
Bürokratie hat auch etwas Gutes.
Ich sage ja: weniger.
Ich würde Bürger einfach ermutigen, sich noch mehr einzubringen. Da ist Leader wirklich ein Vorbild.