Balve. . Nach Rekordsommer und Winter-Monsun stellt sich die Frage: Wie geht es dem heimischen Wald? Warum sich Förster Nikodem Sorgen macht.
Der Rekordsommer ist vorbei. Zwischenzeitlich hat es wie aus Eimern geschüttet. Der Laubwald hat zwischenzeitlich fast alle Blätter verloren. In der traditionell fast windstillen Zeit vor Weihnachten herrscht über allen Wipfeln Ruh’. War der Rekordsommer nur ein böser Spuk? Ist im kommenden Jahr alles wieder gut, mit einem üblichen Mix aus Sonne und Regen? Fragen an Förster Richard Nikodem vom Landesbetrieb Wald und Holz.
Wir trafen uns jüngst zufällig im Hönnetal. Richard Nikodem war unterwegs mit zwei Mitarbeitern vom Landesbetrieb Straßen NRW. Restarbeiten. Er freute sich auf Innendienst und Resturlaub. Kurz darauf kommen wir in der Redaktion zusammen. Nikodem wirkt entspannt. Hat sich die Lage im Forst entspannt. Und, überhaupt, wie geht’s dem Weihnachtsbaum?
Nikodem schmunzelt. „Ja, der Rekordsommer“, entgegnet er, „war Stress, auch für die Weihnachtsbäume. Aber trotzdem sind nicht viele ausgefallen. Die Kulturen haben überlebt. Wir waren angenehm überrascht. Früher wuchsen die Fichten oft zu schnell. Deshalb hatten sie so lange Spitzen. Zu große Spitzen gibt es in diesem Jahr nicht.“
Hälfte des üblichen Niederschlags
Auf die große Trockenheit folgte Anfang Dezember ein Winter-Monsun. Bis Mitte des Monats plätscherten 87,7 Millimeter Regen pro Quadratzentimeter aus dem Gewölk über Balve. Das machte sich in der Jahresbilanz positiv bemerkbar. Inzwischen ging mit 504,4 Millimetern Niederschlag zumindest die Hälfte der üblichen Menge auf Wald und Flur hernieder. Alles gut?
Nikodem verzieht sein Gesicht. „Wenn es jetzt noch drei Monate so weiterregnet, ja“, sagt der Fachmann. „Momentan ist der Boden noch bretthart. Das Wasser fließt schnell ab. Wichtig ist, dass das Grundwasser wieder aufgefüllt wird. Für die Vegetation bringt es erst im Frühjahr ‘was.“ Noch haben wir Spätherbst. Der Winter kommt erst in einigen Tagen.
Was ist im Wald zu tun? „Jetzt ist die Haupteinschlag-Saison für Laubholz“, stellt Richard Nikodem fest. Sägen müssen sägen. Was günstig ist für die Waldwirtschaft: Wegen der Borkenkäfer-Invasion ist viel Schadholz aus dem Tann geschafft worden. „Die Wege sind frei.“ Blockierte Pisten haben Nikodem & Co. freigemacht.
Zu einem Rückblick gehört auch ein Ausblick. Beim Wetter gibt es zwei Szenarien. Variante eins ist vergleichsweise günstig: Nach dem rappeltrockenen 2018 folgt ein Durchschnittsjahr. Wären dann die Probleme im Forst gelöst? Nikodem schüttelt den Kopf. „Wir erwarten große Probleme mit dem Borkenkäfer. Ich habe letztens Fichtenrinde abgehobelt. Da habe ich Käfer in drei Lagen aus drei Generationen gesehen. Große Probleme erwarten wir auch beim Laubwald. Wir stellen uns die Frage: Welche Bäume werden nicht grün?“
Variante zwei sieht schwarz. Auf trockenes 2018 folgt ein dürres 2019. Was dann? Nikodem mag sich das gar nicht ausmalen. Allein Wetter-Variante eins beschert Forstamt und Forstwirtschaft genügend Probleme.
Nikodem weist allerdings darauf hin, dass der Klimawandel in Balve längst sichtbar ist. Er hat sogar einen Namen: Ilex. Die Stechpalme, die sich im Angelsächsischen zur Weihnachtszeit größter Beliebtheit erfreut, wuchs lange Zeit nur in den deutlich wärmeren Lagen des Ennepe-Ruhr-Kreises, etwa in Sprockhövel. Inzwischen macht sich der Busch mit den dornigen Blättern und den roten Beeren auch in Höhen des nördlichen Sauerlandes breit. Nikodem: „Es ist hier einfach wärmer geworden.“
Was tun? Nikodem sieht die Anpflanzung ausländischer Bäume als Chance, wenn sie Dürre trotzen: etwa die lindenblätterige Birke oder die Weißtanne. Bernward Lösse hat sie in Garbeck gepflanzt. Skeptikern sagt Richard Nikodem: „Nicht jeder ausländische Baum führt zu Verarmung an Tierarten. Es gibt durchaus Baumarten, bei denen sich auch heimische Tierarten wohl fühlen.“