Balve. Maria und Kosta Zacharis – für Balver ist ihr Imbiss unverzichtbar. Kürzlich starb ihr Mann. Trauer zum Trotz ist die Gastronomin durchgestartet.
„Sieben Jahre habe ich auf diese Sofagarnitur gewartet“, sagt Maria Zacharis und schaut glücklich auf das prunkvolle Sofa und die zwei Sessel. Lange wollte die Vorbesitzerin sie nicht verkaufen. Aber seit Kurzem stehen sie nun endlich in Marias Wohnzimmer. Neu bezogen, frisch aufgepolstert, mit geschnörkelten Holzfüßen und feinen Schnitzereien. Ein echter Hingucker. Den flauschigen Stoff hatte sie noch mit ihrem Mann zusammen ausgesucht. Wie gerne hätte die 56-Jährige hier auch mit ihm Platz genommen. „Aber es sollte nicht sein“, seufzt die Balverin.
„Kosta“ ist vor wenigen Monaten gestorben. Einmal mehr wird das Abschiednehmen für Maria Zacharis zur Herausforderung. Einmal mehr ist die starke Frau gefragt.
„Er fehlt mir sehr“, sagt Maria Zacharis. Auf dem Tisch liegen noch immer die vielen Trauerkarten und -briefe. „Ich gucke sie mir manchmal wieder an und staune, wie beliebt mein Mann war. Überhaupt, Nachbarn, Freunde, Mieter, Bekannte, alle waren für mich da. Das tut gut.“
Ein Leben zwischen Küche und Theke
Es ist Donnerstag. Marias freier Tag. Morgens war sie mit einer Freundin in Menden frühstücken, danach hat sie Erledigungen gemacht: Steuerberater, Bank, Einkaufen. „Nachmittags bin ich dann immer zuhause. Jeder weiß das. Manchmal bekomme ich Besuch, oder ich gehe in den Garten, oder ich lese“, sagt sie.
Den Rest der Woche verbringt Maria in ihrem Dreikönigsgrill in der Balver Hauptstraße. 13, 14, freitags auch mal 15 Stunden schuftet sie in der Küche und nun auch öfter hinter der Theke. Das war immer Kostas Platz. „Ich bin gerne in der Küche, das war nicht so seins. Er mochte den Kontakt mit den Kunden.“
Seit über 30 Jahren ist der Schnellimbiss ihr Leben. Sie liebt ihren Job und kann sich nichts anderes vorstellen. „Wir waren der erste Grieche in Balve“, erinnert sie sich. Mit nur 22 Jahren machte sich die gebürtige Griechin damals in der Hönnestadt selbstständig. Bereits an ihrer Seite: ihr Mann Konstantinos.
Eigentlich war sie gelernte Schneiderin, aber in Menden, wo sie zuvor gewohnt hatten, konnten sie beide bereits Erfahrungen in der Gastronomie sammeln.
„Es war viel Arbeit, aber die Balver haben uns von Anfang an sehr herzlich aufgenommen. Die Stadt ist zu unserer Heimat geworden, vor allem dieses Haus.“
Aus dem Wohnzimmerfenster hat man einen herrlichen Blick auf die Stadt. Gar nicht weit entfernt liegt das ehemalige Restaurant Klingelborn. „Da waren wir früher so oft, als die Kinder noch klein waren“, erinnert sich Maria, und ihre freundlichen Augen leuchten. Mit ihren beiden Töchtern und den Schwiegereltern ist sie immer zu Fuß dorthin gewandert und eingekehrt.
Mittlerweile leben ihre beiden Töchter Adriana und Georgia weit weg. Sie sind bereits vor über zehn Jahren nach Griechenland gezogen, haben dort geheiratet und jeweils zwei Kinder bekommen. „Ich vermisse meine Mädchen und die Enkelkinder“, sagt Maria. „Das Jüngste heißt so wie ihr Opa: Konstantina.“ Das konnte Maria ihrem Mann im Krankenhaus noch ins Ohr flüstern. „Da hat er die Augen aufgemacht und gelächelt.“
Ihre Töchter hätten gern, dass sie zu ihnen kommt, „aber mein Platz ist hier, bei unserem Laden. Den führe ich im Sinne meines Mannes weiter.“ Als ihre älteste Tochter aus Balve fortzog, hatte Maria noch ihre jüngste, aber als die auch noch zurück in Marias alte Heimat ging, „das war wirklich sehr schwer.“
Mindestens einmal im Jahr fliegt sie nach Griechenland, im Sommer zum Urlaubmachen und diesmal auch zum Weihnachtsfest. „Ich liebe Deko und Weihnachten. Dann sollten Sie mal hier sein, wie dann alles geschmückt ist, aber diesmal ist mir nicht danach“, sagt Maria und blickt zum Foto ihres Mannes, das auf einem Tischchen steht und vor dem eine Kerze brennt.
So auf Deutschland gefreut
Ihre Fröhlichkeit und das Lachen hat sie nicht verlernt, denn das Abschiednehmen gehörte für Maria Zacharis früh dazu. Als sie nur einen Monat alt war, ging ihr Vater als Gastarbeiter nach Deutschland. Zunächst blieb die Familie in Griechenland zurück, doch neun Jahre später folgte sie ihm nach Menden.
„Ich habe mich auf Deutschland gefreut, wir dachten ja, das muss was ganz Tolles sein. Schönes Wetter, den ganzen Tag spielen, so habe ich mir das als Kind vorgestellt.“ Doch natürlich war die Realität ganz anders. „Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich Schnee gesehen, und es war eine große Umstellung, vor allem die Sprache.“ Aber die kleine Maria hat sich durchgebissen, fand schnell Anschluss und wurde „sehr deutsch“, wie sie selbst sagt. Als besonders starke Frau empfindet sie sich deshalb nicht, auch wenn ihr seit dem Tod ihres Mannes täglich bewusst wird, dass sie stark sein muss. „Einen geliebten Menschen verlieren, das ist das Schlimmste, was es gibt“, findet Maria. „Und wenn mich manchmal Balver anrufen ,Ich bin gerade bei Kosta’ und sie meinen den Laden, dann sage ich: Wie schön, grüß’ ihn lieb von mir.“