Balve. . Hebamme Beate Krause ist seit bald 25 Jahren zuverlässig für die Schwangeren und die frisch gebackenen Mütter der Hönnestadt da.

„Wow, 200 Gramm in drei Tagen! Jetzt hast du den Dreh raus“, lobt Beate Krause den vier Wochen alten Säugling, der in einer Stofftrage mit buntem Dinosaurieraufdruck liegt. An den Seiten lugen die winzigen, nackten Füßchen des Babys aus den Beinöffnungen der Trage, während die 55-jährige Hebamme das ganze Bündel mit ihren Händen in die Höhe stemmt. Ihr Blick ist dabei konzentriert auf die Digitalanzeige einer kleinen, schwarzen Kunststoffwaage gerichtet. Fast jeden Tag kommt dieser praktische Helfer mehrfach zum Einsatz und verrät aufs Gramm genau, ob die Neugeborenen auch gut zunehmen. „Das ist am Anfang dieses jungen Lebens erstmal das Wichtigste“, weiß Beate Krause.

Sie ist zwar keine Balverin, aber trotzdem eine von Balves starken Frauen. Warum? Weil die Breckerfelderin nun schon so lange zuverlässig für die Schwangeren und die frisch gebackenen Mütter der Hönnestadt da ist. Bald 25 Jahre sind es. Eine Zeit, in der die Hebamme so manchen Trend hätte mitmachen können. Oder sich mit den neusten Produkten der Babyindustrie einfach gemein machen können. Es wäre sicher nicht schwer, verunsicherten Müttern etwas anzudrehen. Aber darauf könnte man bei der Frau mit den blauen, freundlichen Augen lange warten.

Zu jedem Zweifel einen Tipp

Überflüssiger Schnick-Schnack ist gar nicht ihr Ding. Stattdessen nimmt sie Ängste, beruhigt bei Sorgen und hat auf wirklich jede Frage eine Antwort und zu jedem Zweifel einen Tipp: Was tun, wenn das Baby nicht trinken will? Muss ein Kaiserschnitt her, nur weil das Kind falsch herum liegt? Wann helfen Quarkpackungen wirklich? Ist der Hautausschlag in Babys Gesicht normal?

Ihre Erfahrung schätzen die Mütter aus Balve und Umgebung. Die meisten Frauen haben irgendwann schon mal Kurse zur Schwangerschaftsvorbereitung und Rückbildung bei ihr besucht. Haben beim Gedanken an ihre Ansagen „Beckenboden spaaannen und locker lass’n“ oder „Eine Sekunde, zwei Sekunden, drei Sekunden und ausatmen“ sofort wieder ihre unverkennbare Stimme im Ohr. Männer übrigens auch, denn es ist längst nicht mehr nur Sache der werdenden Mütter, sich auf die Geburt vorzubereiten. Wenigstens ein- oder zweimal sind auch die Väter von morgen dabei, wenn Beate Krause in den Räumlichkeiten des Pfarrheims Garbeck Atem- und Entspannungsübungen anbietet.

„Super, wann sehen wir uns wieder? Kannst du übermorgen“, fragt sie die Mutter des Babys. So werden die Hausbesuche koordiniert. Sonn- und Feiertage gehören für die Hebamme genauso zu den Arbeitstagen wie jeder andere Werktag. Sie greift zu ihrem großen Aktenordner, den sie immer dabeihat, trägt den Termin in den Kalender und das heutige Gewicht des Säuglings in eine Tabelle ein. Die kleine schwarze Waage und die Trage, die ihr eine Mutter aus Dankbarkeit genäht hat, verstaut sie in ihrer Tasche.

„Mir gibt die Arbeit mit den Frauen meine Kraft“, sagt Beate Krause. „Denn eigentlich ist jede von ihnen ein Beispiel für Stärke. Jede Frau, die ein Kind zur Welt bringt, hat Unglaubliches geleistet. Da wirken Urgewalten. Jede Frau, die ihr Kind verliert, muss unfassbar stark sein. Und auch vor Frauen, die keine Kinder bekommen können, ziehe ich meinen Hut. Vor allem dann, wenn sie, zum Beispiel, noch mit Müttern oder Kindern arbeiten.“

Interpretationsarbeit

Damit alles glatt läuft während der Schwangerschaft, kommt Beate Krause immer mittwochs auch in die Balver Frauenarztpraxis. Dort schaut sie sich die stetig dicker werdenden Bäuche der Schwangeren an, verbindet sie mit dem Wehenschreiber und interpretiert die Signale des Babys im Bauch. „Teilweise begleite ich jetzt schon Töchter durch die Schwangerschaft, deren Mütter auch schon bei mir entbunden haben“, sagt Krause. „Daran merke ich, wie schnell die Zeit vergeht - und dass ich alt werde.“

Das fällt allerdings kaum auf, denn ihrem Stil ist sie treu: Gefühlt schon immer trägt sie gestrickte Wollpullis und ein Halstuch dazu. Außer im Kreißsaal, wo sie auch noch arbeitet. Tagsüber macht sie Hausbesuche in Balve und nicht selten nachts entbindet sie im Lüdenscheider Krankenhaus. Das ist stark. Nebenbei kümmert sie sich um ihre Familie, fiebert mit, wenn ihr Sohn in der Schule eine Abschlussprüfung schreibt. Dann geht der Blick auch öfter mal aufs Handy, während sie der jungen Mutter wie automatisch Beckenbodenübungen ansagt.

Auch nach über drei Jahrzehnten hat der Beruf für sie nicht an Reiz verloren, obwohl sich vieles verändert hat. „Das Arbeiten mit Müttern im Allgemeinen ist anstrengender geworden“, findet Krause. „Deshalb bin ich so gerne im Sauerland tätig, auch wenn ich von Zuhause eine Stunde Fahrzeit habe, aber hier sind die Frauen noch unkompliziert. Sie machen, was ich ihnen rate und vertrauen mir.“