Balve. . Bienen werden durch verschiedene Faktoren stark belastet. Ein Gespräch mit dem Imkervereins-Vorsitzenden Wilfried Gerken über die Entwicklung.
Das vielzitierte Bienensterben: Ein Fakt, der Imkern, Tier- und Naturschützern und nicht zuletzt auch Honig-Konsumenten Sorge bereitet. Klar ist: Den einen Grund für schrumpfende Populationen gibt es nicht. Und wie sieht es damit in Balve aus? Wir fragten Wilfried Gerken, den Vorsitzenden des örtlichen Imkervereins.
Herr Gerken, wie beurteilen Sie die Lage der Bienen in Balve und im Rest der Welt?
Gerken: Das Problem ist vielschichtig, aber sicher hier nicht so dramatisch wie woanders. Schon heute werden in China Obstbäume von Hand bestäubt. Und wenn man dann weiß, das China der größte Honigexporteur der Welt ist, dann weiß man nicht was da los ist.Viel schlimmer trift es hier die Wildbienen, Hornissen, Wespen, Hummeln und Solitärbienen. Diese haben nur einen begrenzten Flugkreis, wenig Nachwuchs und im Frühjahr bei der Volksbildung Unmengen Probleme und Fraßfeinde. Dazu finden sie in der aufgeräumten Landschaft wenig Nahrung und Nistplätze.
Wie viele aktive Mitglieder hat Ihr Verein und wie viele Bienen werden betreut?
Im Imkerverein Balve sind derzeit 21 aktive Imker organisiert und betreuen zirka 100 Bienenvölker.
Wie schwer waren die Verluste im jüngst zu Ende gegangenen Winter? Und was sind die Gründe dafür?
Derzeit versuchen wir, nach der Honigernte mit wässriger Ameisensäure durch Verdunstung im Bienenvolk die Milben abzutöten. Dieser Verdunstungsprozess wird aber von der Außentemperatur beeinflusst. Im letzten Jahr war das Wetter zu kalt, es verdunstete zu wenig Säure und die tödliche Konzentration in der Stockluft wurde nicht erreicht. Wäre es zu heiß gewesen, wäre die nötige Konzentration weit überschritten und das Volk geschädigt. Um Weihnachten herum werden die Völker mit einer sehr gut wirkenden Oxalsäurelösung beträufelt. Wenn aber die Ameisensäurebehandlung nicht genügende Wirkung hatte, so ist das Volk bei Wintereinbruch soweit geschwächt, dass es abstirbt.
Was können Sie dagegen tun?
Imker müssen sorgfältig den Varroabefall prüfen, um Maßnahmen einzuleiten. Die Völker sollten möglichst junge Königinnen besitzen und die Herbstbienen mit viel Blütenstaub aufgezogen worden sein. Das Mikroklima am Bienenstand ist sehr wichtig, sonnig und windarm mit vielen blühenden Herbststräuchern und Stauden ist optimal.
Was können Sie Landwirten mit auf den Weg geben?
Von den Landwirten wünschen wir uns, Randstreifen oder Ödecken nicht zu düngen und zu bewirtschaften, damit sich hier blühende Wildpflanzen ansiedeln können. Auch im Frühherbst blühende Blüh- oder Gründüngungsstreifen wären für die ganze Insektenwelt eine Hilfe.
Und was wünschen Sie sich von den Gemeinden?
Bei den Gemeinden wünschen wir uns, Wegeränder und Randstreifen weniger zu mulchen und das Abfahren der Reste um den Boden durch Abmagerung für Wildpflanzen zu verbessern. Die Gemeinden sollten mehr Mut zum Liegenlassen von Flächen zeigen. Unsere Gartenstrukturen haben sich in den letzten 50 Jahren grundlegend geändert, von Nutzgarten in Rasenflächen. Rabatten, Blühstauden und Sträucher sind völlig verschwunden. Auch hier gilt das Gesetz, kein Wildkraut auftreten zu lassen. Kleine Blühecken wären auch hier für alle Insekten sehr nützlich.
Also bereitet Ihnen auch der Gesetzgeber Probleme...
Der Gesetzgeber sollte bei der Zulassung von Spritzmitteln mehr berücksichtigen, dass die Insekten in der Regel nicht durch das Mittel selber tödlich getroffen werden, sondern dass die Umstände allen Insekten zusetzen. Unkrautvernichter führen plötzlich zum Verlust von Nahrungsquellen, Neonicotinoide stören das Gedächtnis, so dass die Bienen nicht mehr nach Hause finden. Beim Spritzen mit hohem Druck, auch mit völlig ungiftigen Substanzen, werden durch Unterkühlung getroffene Insekten sofort getötet.
>>>INFO: Was ist eigentlich ein Imker?
Der Imker beschäftigt sich mit der Haltung, Vermehrung und Züchtung von Honigbienen und der Produktion von Honig und weiterer Bienenprodukte.
Wirtschaftlich relevanter ist heute die Bestäubungsleistung der Honigbienen in der Landwirtschaft als Nebenprodukt.
Der Begriff Imker besteht aus dem niederdeutschen Begriff Imme für Biene und dem mittelniederdeutschen Kar für „Korb“.