Balve. . Dr. Achim Schwermann ist der Neue vom LWL in Balve. Ein Gespräch mit dem Urzeitforscher über Spielberg und Dinos.
Dinos in Balve – seit 15 Jahren suchen Experten des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe erfolgreich nach Spuren von Dinosauriern. Mit Dr. Achim Schwermann, Nachfolger von Dr. Klaus-Peter Lanser, sprach Jürgen Overkott über die gerade zu Ende gegangene Grabungssaison.
Urzeitforschung gilt an der Uni als Orchideenfach. Welche Wirkung hatte der Film „Jurassic Park“ für Ihr Fachgebiet?
Steven Spielbergs „Jurassic Park“ hat vor allem die Dinosaurier in den 90er Jahren sehr populär gemacht. Und viele der nun nachrückenden Jung-Paläontologen wurden sicherlich durch den „Dino-Boom“ geprägt. Sehr viele der paläontologisch interessierten Studenten kommen mit dem Wunsch an die Universitäten, später einmal Dinosaurier zu studieren. Nicht wenige lassen sich dann im Laufe des Studiums von anderen, ausgestorbenen Organismen faszinieren. „Jurassic Park“ und die Dinosaurier haben das Bewusstsein der Bevölkerung für ausgestorbene Organismen sicherlich deutlich erweitert. Und das dies nicht einmalig sein muss, zeigt zum Beispiel der mehrteilige Kassenschlager „Ice Age“.
Sind Sie durch die Bücher von Michael Crichton oder die Filme von Steven Spielberg für Ihr Fachgebiet entflammt worden?
Meine Prägung hat noch vor dem Erscheinen des Films stattgefunden. Für das Buch war ich damals noch zu jung. Mit der Premiere von „Jurassic Park“ war ich dann jedoch zeitweise nicht der einzige Grundschüler, der Paläontologe werden wollte.
Crichton und Spielberg spielen mit der wissenschaftlichen Fantasie, in Bernstein enthaltene Dino-DNA könne durch Gentechnik zum Leben erweckt werden. Was ist dran?
Die Idee ist äußerst faszinierend. Jedoch ist die Wissenschaft bislang nur in der Lage längere DNA-Stränge, die wenige 100.000 Jahre alt sind, zu isolieren. Ältere DNA ist so stark fragmentiert, dass man die Fragmente nicht mehr zuordnen kann. Vor allem wenn es sich um ein DNA-Gemisch handelt, dass man zwangsläufig aus einer Mücke isolieren würde. Außerdem enthalten die meisten Bernsteineinschlüsse kaum geeignetes Gewebe. Und zu guter Letzt decken die Bernsteinfunde auch nicht die gesamte Dino-Zeit ab. Nach jetzigem Stand ist es unmöglich, einen Dinosaurier aus Bernstein-DNA zu klonen.
Ihr Vorgänger, Dr. Klaus-Peter Lanser, hat 14 Jahre im „Jurassic Park Balve“ geforscht. Mein Gefühl ist: Er hat alles erforscht. Welche Fragen sind offen geblieben?
ine Fundstelle wie in Balve beschäftigt die Wissenschaft naturgemäß für sehr lange Zeit. Die Grabungstätigkeit liefert Funde – davon sind schon eine beachtliche Menge vorhanden. Jedoch ist das erst der Beginn der eigentlichen Forschung. Zunächst muss nun das „Inventar“ erschlossen werden. Wir müssen also genau untersuchen, welche Tierarten dort vertreten waren. Das eröffnet weitere Fragestellungen, zum Beispiel zum Ökosystem, in dem die Pflanzen und Tiere gelebt haben. Und dies wiederum muss im globalen Rahmen betrachtet werden. Zur Zeit der frühen Kreide trennten sich die Kontinente auf der Nordhalbkugel immer weiter voneinander. Dies hatte zur Folge, dass sich in Asien anderen Organismenformen entwickelten, als in Nordamerika.
Warum sind derart viele Dinos vor Balve gestorben?
Die Fossilien der Dinosaurier, wie auch der anderen Tiere – Krokodile, Schildkröten, Fische, Haie, Flugsaurier und Säugetiere – sind nicht zu einem Zeitpunkt abgelagert worden. Vielmehr steckt in den Ablagerungen in Balve auch eine zeitliche Komponente, die es noch zu erfassen gilt. Das Gesteinsmaterial, wie auch die Fossilien sind sicherlich nicht bei einem einmaligen Ereignis in die Spaltenöffnung gelangt, sondern über einen längeren Zeitraum. Dies können Jahrzehnte oder Jahrtausende sein. Man kann eigentlich davon ausgehen, dass die Dinos eines natürlichen Todes gestorben sind. Und dies nicht massenhaft, sondern immer mal wieder einzelne Reste von Individuen abgelagert wurden.
Sie stehen vor dem Ende Ihrer ersten Grabungssaison. Welche wissenschaftlichen Sensationen dürfen wir von Ihnen erwarten?
Von besonderem Interesse sind die Funde von kreidezeitlichen Säugetieren. Balve hat schon einige dieser Funde geliefert, und es werden mehr folgen. Wir analysieren dafür die Sedimentproben, die wir während der Grabungssaison aufgearbeitet haben und werden dabei sicherlich noch mehr Zähne und Kieferbruchstücke finden. Die frühe Kreidezeit ist gerade für die Evolution der heutigen Säugetiergroßgruppen – der Plazentatiere, zu denen wir gehören, und den Beuteltiere – eine sehr spannende Zeit. Hier kann die Fundstelle in Balve sehr spannende und aufschlussreiche Funde liefern, die unser Verständnis über den Beginn dieser beiden Gruppen klarer machen.
An welcher Stelle werden Ihre Ergebnisse öffentlich gemacht?
Zunächst werden die verschiedenen Tiergruppen in Fachpublikationen erläutert und diskutiert werden. Hierfür werden sich verschiedene Forscher mit „Lieblingsgruppen“ beschäftigen und wir werden so hoffentlich die Lebewelt rekonstruieren können. Wenn die wissenschaftliche Diskussion soweit abgeschlossen ist, werden die Funde natürlich im LWL-Museum für Naturkunde präsentiert. Jetzt schon gibt es dort eine Vitrine mit einigen Stücken aus der Ausgrabung in Balve.
In Balve gibt es ein Museum für Vor- und Frühgeschichte. Wenn werden wir Sie dort sehen?
Zurzeit versuche ich mit (Museumsleiterin) Frau (Ulrike) Knips einen Termin zu finden. Möglichst im September plane ich einen Besuch in Balve.