Arnsberg. Im Sommer 1977 erschüttert ein brutaler Mord die Arnsberger Bevölkerung. Das Opfer: der bekannte Gastwirt Heino Brüggemann (37). Er wird in der Nacht vom 16. auf den 17. Juli in seiner Wohnung in der Grafenstraße 32 erstochen.

In jener verhängnisvollen Nacht vor 32 Jahren dreht der Besitzer der „Capri-Bar” am Alten Markt (heute Polizeiwache) den Zapfhahn schon früher herum als üblich. Die letzten drei Zecher müssen ihr Bier woanders trinken. Denn der 37-Jährige hat es eilig, will sich zuhause in seiner Dachgeschosswohnung im ZDF-Spätprogramm den Edgar Wallace-Thriller „Der Hund von Blackwood-Castle” anschauen. Doch dort, in der Grafenstraße, wartet kein gruselig-wohliges Filmvergnügen, sondern blutige Realität: Heino Brüggemann trifft seinen Mörder.

Aber was geschieht in diesen Stunden zwischen Samstag und Sonntag?

Später wird die ermittelnde Mordkommission aus Dortmund rekonstruieren, dass Brüggemann durch 25 Stiche in Rücken und Brustkorb mit „einem stilettartigem Gegenstand” tödlich verletzt wird und schließlich an inneren Blutungen stirbt. Ein Stoß trifft die Herzkammer, einer die Leber. Weil die Stiche aber teilweise nicht mit sehr großer Wucht geführt werden, schließen die Beamten nicht aus, dass es sich bei dem Täter auch um eine Frau handeln könnte.

Spuren eines Kampfes werden nicht gefunden. Die übrigen Hausbewohner hören weder Geschrei noch Gepolter. Was viele, nie beantwortete Fragen aufwirft: Stammt der Mörder oder die Mörderin aus dem großen Bekanntenkreis des Gastwirts? Hat Brüggemann seinem Mörder/seiner Mörderin selbst die Tür geöffnet? Hat ihm der Täter oder die Täterin bereits in der Wohnung aufgelauert? Oder hat der 37-Jährige gar seinen späteren Mörder/seine spätere Mörderin auf dem kurzen Weg vom Alten Markt zur Grafenstraße getroffen und zu sich eingeladen? Eine Zufallstat?

Wo ist der Revolver?

Fakt ist: Heino Brüggemann wird auf seinem letzten Heimweg auf dem Brückenplatz bzw. an der ehemaligen Fußgängerunterführung Bömerstraße von Zeugen gesehen. Zumindest hier ist er allein.

Fakt ist auch: Am Sonntagmorgen, 17. Juli 1977, um 9.15 Uhr - noch vor dem Entdecken der Bluttat - spricht bereits ein betrunkener Mann in Tillmanns Gäßchen von dem schrecklichen Verbrechen, wie ein Zeuge der Polizei später mitteilen wird: „Der Betrunkene kam aus Richtung Steinweg, rannte den Zeugen fast um und sagte: ,Haste noch nichts davon gehört, dass heute Nacht ein Wirt erstochen worden ist?'”, schreibt Berichterstatter Siegfried Richter in der WP. Auch dieser mysteriöse Betrunkene wird niemals ausfindig gemacht.

Entdeckt wird der Mord an Heino Brüggemann um 9.40 Uhr. Mitbewohner stoßen vor dem Haus Grafenstraße 32 auf umgekippte Blumenkübel und wollen deshalb Hausbesitzer Brüggemann informieren. Doch der reagiert weder auf Schellen noch auf Klopfen. Nun werden dessen Mutter und Stiefvater informiert, letzterer öffnet mit einem Zweitschlüssel die Wohnungstür und findet den blutüberströmten Gastwirt tot auf dem Fußboden des Badezimmers.

Die Ermittlungsmaschinerie läuft an: Indizien deuten auf eine(n) Täter(in) aus dem Bekanntenkreis des Opfers hin. Ein Raubmord wird schnell ausgeschlossen: In der Wohnung befinden sich an verschiedenen Stellen noch zum Teil hohe Bargeldbeträge, Schmuck und andere Wertgegenstände. Doch fehlen Brüggemanns Revolver und seine häufig genutzte Umhängetasche.

Die Umhängetasche wird Tage später auf einem kleinen Feldweg an der B 7 zwischen Oeventrop und Freienohl gefunden. Aber ohne die Ermittlungen voranzubringen. Deshalb konzentriert sich die Polizei besonders auf den verchromten Revolver vom Typ „Torjas Taurus SA Cal. 38” mit elfenbeinfarbigen Griffschalen. Doch die in Deutschland sehr seltene 9-Millimeter-Waffe aus brasilianischer Fabrikation bleibt bis heute verschwunden. Ebenso die Mordwaffe. Trotz bundesweiter Fahndung in Eduard Zimmermanns Sendung „XY”.

Fahndung in „XY”

Im Verlauf der Ermittlungen überprüft die Polizei über 500 Personen. Darunter Schüler, die häufig in der „Capri-Bar” verkehren. Später wird die Suche nach dem Mörder auf die in Arnsberg stationierten belgischen Soldaten ausgeweitet, die sich nach Dienst in der Bar gerne das belgische Bier „Stella Artois” genehmigen. Auch hier kein Ergebnis. Alle Spuren verlaufen im Sand. Und der Mord an Heino Brüggemann ist noch immer ungesühnt.

Nächste Folge: Mord am Ruhrrandweg