Arnsberg. .
Die Arnsberger Klimawochen enden heute mit dem „Klimadialog Südwestfalen“ zum Thema Elektromobilität. Mit städtischen Klima-Manager Sebastian Marcel Witte sprach unsere Zeitung über den Status quo und die Perspektiven in Arnsberg.
Frage: Wie steht es um den Ausbau der E-Mobilität in der Arnsberger Verwaltung? Reicht das schon, um sich als Vorreiter zu bezeichnen?
Zumindest in einem Bereich sind wir definitiv Vorreiter: Die Mitarbeiter der Stadtverwaltung und Stadtwerke nutzen mittlerweile acht elektrische Dienstfahrräder für Dienstfahrten und ersetzen damit Fahrten mit den Dienst-PKW. Weit mehr als 7000 Kilometer wurden damit schon geleistet – anstelle von PKW-Fahrten. Auch sammeln wir bereits Erfahrungen mit reinen E-Fahrzeugen. Unsere technischen Dienste setzen beispielsweise auf den Friedhöfen bereits ein elektrisches Lastenfahrzeug ein, aktuell testen wir einen Nissan Leaf II im Verwaltungsverkehr. Das ist schon mehr als andere Kommunen leisten - und das unter erschwerten Rahmenbedingungen. Wir haben also die richtige Richtung eingeschlagen. Aber der Weg ist noch lang.
Welche Potenziale sehen sie - neben einer Vorbildrolle - für E-Mobilität in öffentlichen Einrichtungen?
Elektrofahrzeuge decken ein weites Spektrum von Nutzungsmöglichkeiten ab: Von der Straßenreinigung über Nutzfahrzeuge der Friedhofsverwaltung bis hin zu Dienstfahrten der Verwaltungsspitze. Leider haben reine Elektrofahrzeuge bislang eine begrenzte Reichweite – allerdings kommt das dem Anforderungsprofil der städtischen Nutzer doch recht nahe. Die meisten Fahrten im Arnsberger Stadtgebiet finden auf der Kurz-strecke von rund 5 -15 km statt. Dies sind gerade unter Klimaschutzaspekten auch die kritischen Strecken mit dem höchsten Kraftstoffverbrauch, es ergibt sich also ein klarer Vorteil für die Umwelt. Was darüber hinausgeht, versuchen wir mit Bus und Bahn abzudecken. Klar ist aber auch: Unter dem Strich muss nicht nur die CO2-Bilanz stimmen, sondern auch die Wirtschaftlichkeit.
Wie entwickelt sich nach ihrem Kenntnisstand die E-Mobilität bzw. Einführung von Elektrofahrzeugen in der Stadt Arnsberg im privaten Sektor?
Die Nachfrage nach dem Thema steigt. Bei Veranstaltungen werden wir mittlerweile häufig nach Lademöglichkeiten für Elektroautos gefragt. Auch Fragen nach städtischen Konzepten zur E-Mobilität kommen schon auf. Nichtsdestotrotz stehen wir gerade erst am Anfang: In Arnsberg sind gerade einmal zehn rein elektrische Fahrzeuge angemeldet, im gesamten Hochsauerlandkreis 47. Von bundesweit einer Million Fahrzeugen auf den Straßen im Jahre 2020 sind wir noch weit entfernt, einen richtigen Boom gibt es aber bei den Hybridfahrzeugen zu verzeichnen.
In welchen Bereichen sehen sie für eine spürbare Etablierung von E-Fahrzeugen eine Chance? Wo sind in einer Region wie dem Sauerland Grenzen gesetzt?
Gerade auf Kurz- und Mittelstrecken liegen die Vorteile der Elektromobilität. Für Vielfahrer und Eigenstromerzeuger kann sich das durchaus zum jetzigen Zeitpunkt schon lohnen. Elektromobilität erweitert aber auch Grenzen: Durch E-Bikes beispielsweise werden touristische Ziele in den höheren Bereichen erreichbar, die vorher für hartgesottene Biker erschließbar waren. Die E-Bike-Route zum Kloster Oelinghausen ist da ein gutes Beispiel. Grundsätzlich, um es mal aus der Perspektive der Planung zu betrachten, bieten Siedlungsstruktur und Topografie des Sauerlandes vielleicht sogar ähnlich gute Voraussetzungen für Elektromobilität wie die urbanen Räume.
Für wen macht aus Ihrer Sicht der Wechsel auf E-Mobilität Sinn?
Zum jetzigen Entwicklungszeitpunkt ist das noch schwer abzuschätzen, eine hohe Anfangsinvestition schreckt natürlich noch viele ab. Allerdings sind die Einspareffekte durch geringere Wartung, steuerliche Vorteile und natürlich die Kraftstoffeinsparung ebenfalls hoch. Daher macht ein Wechsel gerade für diejenigen Sinn, die häufig, aber auf kürzeren Strecken unterwegs sind. Eigenstromerzeuger sind hier klar im Vorteil. Ich denke da aber auch besonders an Unternehmen, Dienstleister und Behörden, die bereits eine Vorreiterrolle einnehmen. Es wird von der weiteren Preisentwicklung bei den E-Fahrzeugen abhängen, wann diese für eine breitere Masse attraktiv werden. Es hängt auch von den zukünftigen Rahmenbedingungen ab (bspw. das neue Elektromobilitätsgesetz), welche Zusatznutzen die Elektromobilität mit sich bringen wird.
Merkbare Klimaeffekte lassen sich sicher erst dann erreichen, wenn in größerem Maß E-Mobilität in einer Stadt etabliert ist: Sind sie in Gesprächen mit den Verkehrsbetrieben über den Einsatz von E-Bussen im Stadtgebiet?
Wir arbeiten an einigen Stellen an dem Thema, soviel ist sicher. Im kommenden Jahr werden wir voraussichtlich ein eigenständiges Teilkonzept für den Bereich der umweltfreundlichen Mobilität erstellen, darin werden Fußgänger und Radverkehr, die Elektromobilität und natürlich der öffentliche Personennahverkehr eine zentrale Rolle spielen. Der Entwicklung geht hin zu Wegeketten und der Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsträger. Was den Einsatz von E-Bussen betrifft, wird es im nächsten Jahr ebenfalls eine Neuerung im Stadtbild geben – soviel sei an dieser Stelle schon einmal verraten. Allerdings erzielen sie merkbare Klimaeffekte auch nur, wenn sie ökologischen Strom tanken. Wenn sie nämlich den deutschen Durchschnitts-Strommix tanken, liegen Sie bei rund 75g CO2 / km. Das ist nur wenig besser als aktuelle Verbrennungsmotoren leisten. Vergessen darf man aber auch nicht, dass die Elektromobilität weitere unumstrittene Vorteile mit sich bringt. Stellen Sie sich nur mal eine stark befahrene Straße ohne Motorengeräusche. Alles was dann zu hören ist, ist das Abrollgeräusch der Reifen.
Welche Rolle kann ein Klimamanager einer Stadt bei so einem Prozess einnehmen? Was können Städte tun, um E-Mobilität im Privatsektor und in der Wirtschaft zu fördern?
Erst einmal muss sich ein Klimaschutzmanager um die notwendigen Planungen und Konzepte kümmern, damit solch ein Prozess starten kann. In diesem Fall erstellen im Team der Zukunftsagentur das Klimaschutzteilkonzept „Mobilität“. Da geht es vor allem um die Information und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und das vielbeschworene „Netzwerken“: die richtigen Leute zur richtigen Zeit zum Thema zusammenzubringen. Wenn man das schafft, und sich Synergien und Ideen herauskristallisieren, sollte man einen Schritt zu-rücktreten. Eine moderierende Rolle einnehmen. In der Stadt Arnsberg gibt es genug innovative und motivierte Köpfe sowohl in der Bürgerschaft als auch in Unternehmen, die das Thema Elektromobilität nach vorne bringen werden
Was erhoffen Sie sich vom Klimadialog „E-Mobilität“ am Mittwoch im Kaiserhaus?
An erster Stelle steht natürlich ein Beitrag zum Schutz unseres Klimas. Wir wollen wir einen Dialogprozess zum Klimaschutz vor Ort initiieren und etablieren. Denn in Südwestfalen gibt es viele Bürgerinnen und Bürger und auch Institutionen, die sich mit dem Thema beschäftigen – man betrachte nur mal die Erfolgsgeschichte einiger südwestfälischer Weltmarktführer im Bereich Energie & Klima. Uns geht es vor allem darum, die Energiewende nicht nur als technischen Prozess darzustellen. Die technischen Konzepte liegen auf dem Tisch. Sondern auch als gesellschaftlichen Transformationsprozess: Die Energiewende beginnt in den Köpfen.