Arnsberg/Winterberg. . Wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung muss sich eine 34-jährige Frau vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Arnsberg verantworten. Sie soll am frühen Morgen des 26. Mai ihre schlafende, schwangere Schwester (27) mehrfach mit einem Spaten attackiert haben.

Eine unbescholtene Bürgerin und alleinerziehende Mutter, die in einer Pflegeeinrichtung arbeitet, schlägt mehrfach mit einem Spaten auf ihre schlafende, schwangere Schwester ein. Warum? Auf diese Frage findet die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Arnsberg am ersten Prozesstag noch keine Antwort.

Tat ist unbegreiflich für die Angeklagte

Wie ein Häuflein Elend sitzt die 34 Jahre alte Frau aus Winterberg-Hildfeld auf der Anklagebank und schluchzt, als die Richter ihre Plätze einnehmen. „Es ist für mich unbegreiflich. Jeder weiß, was ich für ein Mensch bin und dass ich so etwas niemals tun würde“, sagt die Sauerländerin, nachdem Staatsanwalt Neulken die Anklage verlesen hat. Der Vorwurf wiegt schwer: versuchter Mord.

Sie habe keine Erinnerungen an das, was sich am Morgen des 26. Juni im Elternhaus abgespielt hat, sagt die Angeklagte: Es ist kurz vor 6 Uhr, als die 27 Jahre alte Schwester dumpfe Schläge an ihrem Kopf wahrnimmt. Im Zeugenstand erzählt die Hochschwangere ihre erste Empfindung: „Ich habe an einen Einbrecher gedacht.“ Zumal die Person, die vom Fußende des Bettes aus mit dem Spaten zuschlägt, dunkel gekleidet ist und das Gesicht mit einem Stück Stoff verdeckt.

Sie sei dann aufgestanden und habe eine Rangelei mit dem schweigenden Angreifer begonnen. „Als ich ihr Handgelenk umgriff, wusste ich, dass es meine Schwester ist.“ Auf konkrete Ansprache habe die älteste ihrer beiden Schwestern nicht reagiert. „Ich hatte das Gefühl, dass sie komplett abwesend ist.“ Nachdem die Angeklagte mit beiden Füßen auf den Brustkorb des Opfers steigt, kann dieses sich losreißen und fliehen.

27-jähriges Opfer bezweifelt Todesdrohung

Ihre in den ersten Vernehmungen getätigten Aussagen, die Angreiferin habe immer wieder gerufen: „Ich bringe Dich um“, mag die 27-Jährige vor Gericht nicht mehr so stehen lassen. „Seit der Tat läuft das Geschehen wie in einem Film immer wieder vor meinem geistigen Auge ab“, sagt sie. Die Todesdrohung fehle jedes Mal. Ebenso kann sie nicht mehr mit Sicherheit sagen, dass sie von dem Spaten „unbeschreiblich oft“ getroffen wurde. Das hatte sie den ermittelnden Beamten mitgeteilt.

Heimliche Affäre mit dem Schwager schon Monate vor der Tat 

„Alle grübeln, was am Morgen des 26. Juni passiert ist“, fasst der Vorsitzende Richter Willi Erdmann die Ratlosigkeit von Täterin und Opfer zusammen. Womöglich eine Eifersuchtsgeschichte, aus der Verzweiflung heraus, dass die 34-Jährige den Ehemann ihrer 27-jährigen Schwester nicht als Partner gewinnen kann?

Eifersucht angeblich kein Motiv

Die Angeklagte hatte Monate vor der Tat eine heimliche Affäre mit dem Schwager begonnen. Eifersucht als Motiv verneinen aber beide Schwestern, die unisono behaupten, bis zum 26. Juni ein gutes Verhältnis zueinander gehabt zu haben.

Schwestern schreiben sich jetzt Briefe

Die Platzwunden am Kopf des Opfers haben nicht nur äußerlich Narben hinterlassen. „Es tut weh“, sagt die 27-Jährige und wiederholt, dass eine solche Gewalttat nicht zu der Persönlichkeit der Frau passt, die derzeit in Untersuchungshaft sitzt. Die beiden Schwestern haben vor Wochen begonnen, sich Briefe zu schreiben. „Ich denke“, sagt die jüngere, „dass das Verhältnis im Laufe der Zeit wieder begradigt wird.“ - Es bleibt die Frage nach dem Warum. Der Prozess wird am Dienstag, 10. Dezember, fortgesetzt.