Arnsberg/Neheim. Der laufende Brandstifter-Prozess rund um das Großfeuer im Autohaus Schulte öffnet den Blick auf eine zweifelhafte Szene mit krimineller Verwicklung. Einer ihrer Treffpunkte ist das Neheimer Parkhaus nahe McDonalds an der Möhne. „Da schaut man in Abgründe“, sagt Staatsanwalt Klaus Neulken. Anhängige Verfahren würden da noch mehr Licht ins Dunkel bringen.

Beim Brand-Prozess, der am 17. Oktober und 4. November fortgesetzt wird, sitzen zwar nur zwei junge Männer auf der Anklagebank, doch wurde im Verlauf der Verhandlungstage und der Ermittlungen klar, dass sie Teil einer sich in Neheim treffenden Szene sind, die Spaß an Autos hat und dabei ein sehr eigenwilliges Rechtsverständnis aufweist.

Zahlreiche Mitwisser

So gab es – während die Polizei noch fleißig ermittelte – im Umfeld des Parkhauses längst zahlreiche Mit­wisser. Von den vorherigen Einbrüchen im Autohaus Schulte, so Zeugen freimütig vor Gericht, sei bei den Treffs offen die Rede gewesen. Und da fielen dann in Richtung vermeintliche Täter auch Sätze wie „Dann bringt mir mal Werkzeug mit!“. Das gesagt zu haben, gab ein Zeuge vor Gericht unverhohlen zu. „Schließlich schrauben wir ja alle gerne an Autos.“

Und noch mehr: Handy-Bilder vom Brand seien gezeigt worden und Namen von Tätern kursierten. Zeugen dazu vor Gericht: „Wir wollten aber keinen verpfeifen!“ Fakt ist: Es wird ein weiteres Verfahren geben. Und da wird dann nicht allein über die Nutzung der beim letzten Einbruch im Autohaus Schulte in der Brandnacht geklauten Tankkarten gesprochen. Dabei wurden mehrere Leute und Freunde aus der Szene eingeladen, gratis zu tanken. Die Autos wurden voll getankt, meist ohne Fragen zu stellen. 10.000 Euro Schaden – das sind einige Tankfüllungen.

Allein schon die Wortwahl für die Gesetzesbrüche wirft ein bezeichnendes Licht auf das Rechtsbewusstsein der aktiven und wissenden Beteiligten in diesem Fall. Zeugen sprachen vor Gericht nur vom „abgefackelten Autohaus“. Und als der bis heute alle Vorwürfe bestreitende Angeklagte seinen vermeintlichen Komplizen erstmalig zum Einbruch mit Benzindiebstahl ins Autohaus Schulte mitnahm, soll er gefragt haben: „Kommst du mit Tanken?“

Und ganz offen wird in Ein­lassungen und Zeugenaussagen auch davon erzählt, dass man sich gegenseitig mal eben mit einem Nummernschild aushelfe. In dem große Kreise ziehenden Fall laufen die Fäden immer wieder rund um das Parkhaus an der Möhne in Neheim zusammen. „Uns ist bekannt, dass man sich da aufhält“, sagt Kreispolizeisprecher Ludger Rath, „wir kennen unsere Pappenheimer.“

Kein Generalverdacht

Die Polizei sei am Parkhaus daher oft auch eigeninitiativ unterwegs und kontrolliere Fahrzeuge. Das ist auch ohne konkreten Anlass möglich. Das Problem der Beamten: „Wir wissen viel. Beweisen ist aber etwas anderes!“ Schnittmengen im Personenkreis, so der Polizeisprecher, gäbe es auch mit der Tuning-Szene. Und ein Generalverdacht verbiete sich aber natürlich.

Und doch verspricht sich Staatsanwalt Klaus Neulken von laufenden polizeilichen Ermittlungen, die durch den Brand und den Tankkarten-Missbrauch in der Szene ausgelöst wurden, eine Menge und erwartet gespannt die Schlussakte der Polizei. „Da geht es dann nicht nur um die Tankkarten, sondern auch um Autodiebstahl und ähnliches“, sagt Neulken. Und das sei dann schon deutlich mehr als eine ja noch nicht automatisch strafbare Mitwisserschaft.