Arnsberg. . Das große Auditorium des Hüstener Kulturzentrums, voll besetzt mit Schülerinnen und Schülern der Oberstufen des Franz-Stock- und des Sankt-Ursula-Gymnasiums. Es herrscht Stille. Keiner redet, jeder der rund 500 jungen Erwachsenen hört gebannt zu, wie die Polizisten, ein Feuerwehrmann, ein Notarzt, ein Notfallseelsorger auf der Bühne ihre Geschichten erzählen.

Es sind berührende Geschichten. Es geht um Tod, Trauer, Tragik. Reale Geschichten, die zwar nicht alltäglich sind, aber doch jedem dieser 500 Jugendlichen zustoßen ­können. Das wollen die Erzählenden klarmachen.

Keine Gardinenpredigt

„Realität erfahren. Echt Hart“ - das ist das Motto der Präventionskampagne „Crash Kurs NRW“, die vergangenen Dienstag auch im Kulturzentrum in Hüsten Halt machte, um die jungen Autofahrer unter den Oberstufenschülerinnen und -schülern anschaulich über Gefahren bei fahrlässigem Verhalten im Straßenverkehr hinzuweisen. „Was passiert ist, lässt sich nicht umkehren“, wabern die Worte von Rolf Schemme, Verkehrssicherheitsberater der Polizei, schwer über den Köpfen der Schüler. Doch die Veranstaltung sollte keine Gardinenpredigt, keine Floskeldrescherei sein: „Wir wollen euch Dinge zeigen, die zum Nachdenken anregen, wollen euch Hilfestellung geben, richtige Entscheidungen zu treffen“, so Schemme.

In den vergangenen fünf Jahren gab es im Hochsauerlandkreis 15 Verkehrstote im Alter zwischen 18 und 24 Jahren. 15 Jugendliche, deren Leben abrupt ein Ende fand, deren Schicksale auf der Bühne durch 15 Holzkreuze mit ihren Namen repräsentiert werden. Dafür, dass nicht noch mehr Kreuze hinzukommen, setzen sich die Moderatoren Rolf Schemme und sein Kollege Stefan Drinhaus von der Polizeiwache Meschede zusammen mit vielen anderen Mitwirkenden ein. In mehreren Städten des HSK waren sie schon zu Gast; immer, wie gestern auch in Hüsten, geht es darum, Jugendlichen zu zeigen, was passieren kann, wenn sie zu schnell fahren, unachtsam im Straßenverkehr sind.

Die Realität als hartes Beispiel

„Das, was wir hier heute hören, ist kein Fake“, machte Schemme klar. „Das ist harter Tobak“, schob Kollege Drinhaus hinterher. Und das war es dann wahrhaftig, wie die absolute Stille, die Blicke in den Gesichtern und auch die ein oder andere Träne nach der Veranstaltung klar machten. Bilder von tragischen Verkehrsunfällen, die „vor der Haustür“ geschehen sind. Dazu die Geschichten der Menschen, die direkt dabei waren, als Helfer, Zeuge oder gar direkt Betroffener. Und immer kamen Jugendliche ums Leben, immer ­waren es Sekunden, die die Zukunft der Opfer und die Welten hunderter Angehöriger und Freunde zerstörten.

Die Geschichten sollen klar machen, dass das Leben kostbar ist, und keineswegs mit zu schnellem Fahren oder Unachtsamkeit im Straßenverkehr gefährdet werden sollte. „Junge Menschen haben oft noch eine sehr ausgeprägte Unversehrtheitsillusion.

Sie haben das Gefühl, sie sind unverletzbar“, sagt Michelle, die bei einem Verkehrsunfall im März 2009 am eigenen Leib erfahren musste, dass diese Illusion eben nur eine ­Illusion ist, dass Augenblicke reichen, um Leben zu beenden. „Das Auto ist ein Fortbewegungsmittel, kein Spielplatz“, betont die junge Frau, deren Wagen damals von einem entgegenkommenden Raser erfasst wurde. Sie und ihre drei Mitfahrer wurden teils schwer verletzt, die drei Jugendlichen im anderen Fahrzeug ließen ihr Leben. Autos sind wahrlich kein Spielplatz.

Das sollten die Schülerinnen und Schüler nach zwei Stunden „Crash Kurs“ mitgenommen haben, wenn sie wieder in ihre Autos steigen und nach Hause fahren. Hoffentlich langsam und rücksichtsvoll.