Arnsberg. .

Das millionenteure Geothermie-Projekt der Stadt Arnsberg stockt seit Monaten. Die Erdwärmeförderung ist mit größeren Problemen behaftet, als die Stadt sich das vorstellte. In wenigen Tagen wird entschieden, wie es weitergeht. Der Stadtwerke-Chef ist überzeugt, dass es diesmal ein gutes Ende nimmt. Die Frage ist, zu welchem Preis.

Im Juni 2005 begannen in Hüsten die Bohrungen zur Erschließung einer nachhaltigen Energiequelle: Wärme aus dem Erdinnern sollte das Freizeitbad NASS und angrenzende Gebäude beheizen helfen. Dadurch würden klimaschädliche Emissionen vermieden. Und die Wärme aus dem Untergrund soll auch Geld sparen helfen – insbesondere dann, wenn Öl und Gas teurer werden. Soweit der Plan.

Das erste Rohr zerbrach

Die ersten gravierenden Probleme tauchten auf, als hochwertige Sole gefunden wurde. Deren Förderung kostet zusätzlich, die Geothermie-Bohrung musste umziehen. Im Januar 2008 stoppte der Bohrmeißel der Firma Daldrup & Söhne AG (Ascheberg) bei 2835 Metern. Da begann das nächste Problem: Ein Kunststoff-Rohr, das in das Loch gesteckt wurde, um heißes Wasser empor zu fördern, brach und musste wieder entfernt werden. Seitdem ruht die Baustelle in Sichtweite des NASS, weil bislang niemand weiß, wie es weitergehen soll.

Ortswechsel: In Aachen wurde fast parallel zu der Arnsberger Bohrung ein ähnliches Geothermie-Projekt begonnen. Als in Arnsberg das Rohr zerbrach, stoppten die Aachener ihre Arbeiten und machten sich mit der dort ebenfalls bohrenden Firma Daldrup auf die Suche nach einem neuen, belastbareren Material.

Das glaubte man in Form eines Polypropylen-Rohres gefunden zu haben. Doch: Auch in Aachen gab es Probleme. Dort schaffte man es nur, das Rohr bis auf 2000 Meter Tiefe (statt 2500 Meter) hinabzudrücken – danach ging nichts mehr. „Wir haben zuletzt 2 to Gewicht auf das Rohr gebracht, um es weiter hinab zu drücken“, beschreibt ein Projektbeteiligter in Aachen. Das Ergebnis: Das Rohr sackte weitere 50 Zentimeter – um sofort wieder in die Höhe zu schießen, sobald das Gewicht abgenommen wurde.

Aus diesen 2000 Metern Tiefe wurde nach Informationen unserer Zeitung einmalig 55 Grad heißes Wasser nach oben gepumpt – das war deutlich kühler, als man sich für einen wirtschaftlichen Betrieb erhofft hatte. Seitdem ruht auch die Baustelle in Aachen. Wahrscheinlich blickt man dort jetzt wieder nach Arnsberg, wo der nächste Versuch beginnen soll.

Entgangener Gewinn

In den vergangenen Monaten hatten sich Experten mit verschiedenen Rohrherstellern beraten, Berechnungen angestellt und Werkstoffe getestet. Favorisiert wird jetzt offenbar ein Fiberglas-Werkstoff. Ob der genommen werden soll und, wenn ja, von welchem Anbieter, darüber werden Stadtwerke und Daldrup AG jetzt abstimmen müssen. „Wir sehen dem weiteren Verlauf sehr positiv entgegen“, sagt Andreas Tönies, Vorstand der Daldrup AG. Und auch Ulrich Midderhoff, Geschäftsführer der Stadtwerke, will Optimismus verbreiten: „Der zweite Versuch wird funktionieren“, sagt er. „Ich gehe nicht davon aus, dass es vergleichbare Probleme geben wird wie in Aachen. Wir hatten das erste Rohr schließlich schon mal bis auf 2800 Meter hinab gedrückt.“

Bis es dann zerbrach.

Was passiert, wenn der zweite Versuch wieder scheitert? „Die Frage stellt sich nicht“, sagt Midderhoff. So wie er die Antwort auf die hypothetische Frage nach einem „Plan B“ schuldig bleibt, so gibt der Stadtwerke-Chef auch keine Auskunft zu finanziellen Fragen: Vertragsangelegenheiten seien nicht öffentlich.

Nur soviel: Die Firma Daldrup werde nach Baufortschritt bezahlt, und man liege im Kostenrahmen. Der beträgt 3,35 Millionen Euro. „Wir gehen nicht von einer Überschreitung aus.“

Wie hoch der entgangene Gewinn ist, weil die Stadtwerke schon seit Jahren keine Wärme an das NASS verkaufen können, sagt Midderhoff nicht. Ebenso schweigt er auf die Frage, wer das Risiko trägt, wenn es doch wegen neuer Rohrmaterialien oder neuer Probleme beim zweiten Rohrversuch deutlich teurer wird.

Die Firma Daldrup allein will das Risiko nicht tragen. „Das Risiko“, sagt Daldrup-Vorstand Andreas Tönies, „das Risiko trägt das Projektteam.“ Und da sind die Stadtwerke mit dabei.